Re: Anddies Mottenkiste: Die 70er Jahre

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andysocial

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Black Sabbath – s/t (1970)

Tony Iommi (g)
Geezer Butler (b)
Bill Ward (d)
Ozzy Osbourne (v)

Der Anfang. Dieses Album markiert den Anfang warum wir uns alle hier versammelt haben. Ziemlich egozentrisch, machen wir es eine Spur groesser. Dieses Album ist eines der wichtigsten in der Musikgeschichte. Denn wir stehen hier vor einer Revolution. Ein Wegpunkt nachdem die Welt der Musik eine andere war als zuvor.
Die Geschichte von Black Sabbath zu erzaehlen ginge ein wenig zu weit, die Anekdoten zu Tony Iommis Fingerverletzung, dem anschliessenden Tapen der Finger und Downtuning der Gitarre hat sicherlich schon jeder in der Gala oder Bunten gelesen. Wer nur der YPS Heft kennt, sollte das schnell nachholen. Ach. Ok. Tony Iommis Hand kam in eine Metallpresse, er verlor seine Fingerkuppen und seine Karriere als Gitarrist bei Jethro Tull war im Arsch. Nach einiger Zeit der Lethargie bastelte er sich kuenstliche Fingerkuppen aus Wachs oder Plastik, verringerte durch Runterstimmen der Gitarre die Spannung der Saiten und konnte sich somit wieder halbwegs an der Klampfe zu schaffen machen. Dieses Handicap definierte den schweren, maechtigen, niederwalzenden Klang von Black Sabbath. Soviel mal in Kurzform. Aber kommen wir nun zum Album.
Mit einem Budget von 800 Pfund mieten die vier Jungs Ende 69 ein Tonstudio und spielten die Platte innerhalb von einem Tag ein. Einige Monate spaeter, am Freitag den 13. Februar 1970 erschien die Platte. Das Cover war mysterioes und ein wenig unbeholfen, ohne Zustimmung der Band prangte auf der Innenseite des Albums ein umgedrehtes Kreuz. Der Ruf war gemacht gegen den die Band noch bis zum Vol. 4 Album kaempfte. Aber wie soll man gegen solch einen Ruf ankommen wenn man ein Album wie Black Sabbath schreibt…

Der erste Song des Albums ist Black Sabbath. Und wer den Song kennt und die Jahreszahl, andere Bands die es zu der Zeit gab, sich mit Flowerpower ein wenig auskennt der weiss, dass mit diesem opening riff nach dem Donner, dem Regen und dem leisen Glockenschlag eine Revolution ausbricht. 3 Toene, 1 Akkord werden gespielt, nichts weiter. Mit einer Brutalitaet, einer Macht und Heaviness die in dem ganzen Jahrzehnt von keiner anderen Band mehr erreicht wird. Wie deplaziert muss es wirken in einer Zeit als Woodstock gerade am Ausklingen war solch ein Weltuntergangsszenario zu schreiben bei dem Satan auf die Erde kommt und einem flehenden Ozzy Osbourne nur ein oh no, no, please god help me abnimmt bevor dieser fundamentale Riff Ozzys Licht ausloescht. Gegen Ende des Songs kommt ein wenig Fahrt auf, Satan laesst die Verdammten ein wenig herumjagen, in einem fantastischen Gitarrenlauf der in ein Solo fuehrt das nach Verdammnis klingt und in ein kleines, dramatisch gehetztes Ende fuehrt. Is it the end my friend? Satan’s coming around the bend! Ein Meilenstein der Musik. Gaensehaut garantiert.
Im Grunde ist das Album nicht sonderlich stark, nach Black Sabbath ist man so fertig mit der Welt, so dass man auch nicht mehr braucht. Noch gepraegt von alten Bluestagen als Earth sind alle anderen Stuecke weit weniger radikal.
So auch das zweite Stueck der Platte, The Wizard. Mit diesem Stueck hab ich schon immer Probleme gehabt. Es nervt mich, wird aber von vielen Sabbathfans geliebt. Eine Mundharmonika eroeffnet das Stueck, ein klassischer Bluesrockriff folgt. Man kann nicht sagen es ist unspektakulaer, es hat einen catchy sound der mich aber bis heute eher nervt.
Song #3 ist Behind The Wall Of Sleep, bei dem die Band wieder die volle Soundwand auffaehrt. Diesmal jedoch in einem weit offeneren und gelasseneren Riff. Fast schon in einem Anflug von Happypills klingt Tony Iommi hier. Ozzy singt uns dagegen etwas tonnenschweres was uns aber nicht weiter aus dem Konzept bringt. take your body to a corpse. lalala. Nahtlos kommt ein weiteres Highlight:
N.I.B. Nativity In Black, wie man sich nun geeinigt hat. Ich glaube der Titel kam erst 20 Jahre spaeter auf nachdem sie jeder gefragt hat was NIB denn bedeutet. Ich glaube sie haben einfach wahllos irgendwelche Buchstaben genommen. Das Bassintro ist einer der beruehmtesten Basslaeufe ueberhaupt, ich kann nicht sagen wie oft ich ihn schon von Bassisten beim Einspielen gehoert hab. Aber wenn ich Bass spielen wuerde, es waere auch mein liebstes Stueck. Der Gitarrenriff ist ebenfalls so grundlegend, dass er seither wohl in unzaehligen Songs verbaut wurde. Wie eigentlich alle Sabbath Riffs. Die Lyrics drehen sich mal wieder um unseren Freund Luzifer der uns seine Liebe gibt und uns umgarnt. Fuehlt sich eigentlich ganz geschmeidig an. Der Kopf schwingt bei diesem Brett, das Headbangen muss zu diesem Song eingefuehrt worden sein. Follow me now and you will not regret, leaving the life you led before we met. Fuck yeah.
Song #5, Evil Woman, ist einer der beschissensten der je von Sabbath auf eine Platte geschmissen wurde. Die einzige Entschuldigung ist, dass sie ihn nicht geschrieben haben, es ist eine Coverversion geschrieben von der Band Crow. Darueber muss man keine Worte finden.
Song #6 nimmt ein Stilelement vorweg, das sich auf jeder Sabbathplatte findet laesst. Iommi packt seine Akustikgitarre aus, spielt einen Riff bei dem man sich vor Einsamkeit in einem Teppich wickeln will, um danach von einem Riff geweckt zu werden der einem den Kopf platzen laesst. Bei Sleeping Village ist das noch nicht so ausgepraegt wie spaeter, hier kommt es noch weit bluesiger daher, der Fuss wippt, es hat groove, Ozzy hat nach 2 Zeilen Verschnaufpause, der Kopf wackelt und nahtlos geht es in den naechsten Groover ueber:
The Warning. Wieder ziemlich bluesgeschwaengert, wieder nicht aus der Feder von Black Sabbath. Ich bin sehr froh, dass sie das spaeter sein liessen, denn diese Coversongs gehoeren mit Abstand zum Schwaechsten was die Band rausgehauen hat. The Warning pluegt mit fast 11min ohne grosse Highlights durch die Rille. In der Mitte des Songs kommt eine Bluessolo von Gitarre und Bass, das seinen Geburtsstunde sicherlich irgendwo in einer Maennerhose hatte, aber es passt nicht zum walzenden Rest der Platte.
Der Abschluss der Platte markiert Wicked World. Das ist wieder unverkennbar ein Sabbath Riff. Heavy Blues. The world today is such a wicked thing. Na klar. Erinnert mich immer ein wenig an Summertime Blues in der Version von Blue Cheer, ebenso ein Klassiker. Der Mittelteil ist grossartig, verlorener geht es kaum, der Song kommt zum Stillstand, bevor sich Iommi wieder besinnt doch nochmals auf die Kacke zu hauen. Man kann sich vorstellen wie er bedeutsam 1min dortsteht, das Solo runterspielt und nachdem es nicht wirklich geglueckt ist mit den Achseln zuckt und es dabei belaesstt es nochmals einzuspielen. Das war die Zeit.

http://www.youtube.com/watch?v=akt3awj_Ah8