Re: Schatzjagd in düsteren Wäldern und den Irrgärten des Großstadtdchungels – Die sagenhaften Odysseen der Glücksritter Dr. Jones und Big Exit

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Dr. Jones

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Yeah, 6 weitere Songs sind geschafft. Viel Spaß beim Lesen ^^

The Number Twelve Looks Like You – Sleeping With the Fishes, See?

Bescheuerte Songtitel, Runde drölfzig. Wenn ich die Fischrasse raten müsste, mit der die Band zu schlafen bevorzugt, würde mein erster Tipp nicht auf zahme Guppys fallen, sondern eher Richtung Barrakudas, die man in Tante Trudis Wohnzimmeraquarium ausgesetzt hat, tendieren. Wie man jetzt vielleicht vorausahnen kann, haben wir es hier mit keinem schluffigem Emocore zu tun, sondern mit durchgeknalltem Mathcore. Hier passiert eine ganze Menge, jedoch schafft es die Band einen roten Faden erkennen zu lassen und verhindert, dass die Riff- und Rhythmus-Kulminationen nicht vollends aus dem Ruder laufen. Durch das groovende Fundament und das Einbringen von Hooks (wenn man das rhythmische Rumgeschreie so nennen will) bleibt man ganz gut am Ball und kann die schrapnellartigen Riffgeschosse verschiedenster Kaliber auf sich zudonnern lassen. Im letztem Drittel ertönt ein harmonischer Chill-Part mit locker-flockigem Bass-Spiel und Kreisklasse-Klargesang, wodurch nochmal etwas Variation ins Spiel gebracht wird.
Insgesamt ein kurzweiliger Track, der sich trotz all des Chaos recht gut einbrennen konnte. An der Hit-Fabrik von The Dillinger Escape Plan kann die Truppe damit zwar nicht mal ansatzweise rütteln, aber das sollte auch nicht der Maßstab sein, sonst könnte ich ja gleich mit der Musiksuche aufhören.
7/10

Since By Man – Push the Panic

Yeah, push the panic! Wenn eine Band bereits im Songtitel Chaos und Anarchie propagiert, muss die Musik ja gut sein. Ich packe also Schlagknüppel und Schutzausrüstung ein und stelle mich der musikalischen Revolte. Kaum steige ich aus meinem panzerplattenbewehrten Einsatzfahrzeug, schon schlägt mir die Menge ein paar wutschäumende Zeilen um die Ohren, damit ich mich gleich wieder dorthin verpiesel, wo ich hergekommen bin. Vielen Dank auch für den netten Empfang. Ich glaube jedoch an meine Mission und stelle mich tapfer der tobenden Meute. Falsche Entscheidung, denn augenblicklich klatschen mir die ersten dissonanten und massiven Riffs ins Gesicht. Mein Hartplastikschutzschild schützt mich zwar vor den böswillig geschleuderten Geschossen, jedoch nicht vor den schmerzenden Worten des Pöbels. Versucht der Typ da gerade zu rappen? Mehr Oldschool-Street-Style geht ja wohl nicht. Für einen kurzen Moment legen sich die Wellen und statt Hass und Verachtung regnet was anderes auf mich ein. Ist das ein Plüsch-Hase? Irgendwie wirkt dieses Aggressionsleck deplatziert und ich fühle mich wie im falschem Film. Das kann doch nur eine Falle sein! Und tatsächlich, mein untrüglicher Sinn für subtile Manipulation hat mich nicht getäuscht. Noch wütender als zuvor peitscht das Rudel wildgewordener Gestalten auf mich ein, lässt eine weitere Dosis scharfkantiger Riffs auf mich herabprasseln und schleudert mir unbarmherzig die gewichtigen Parolen ins Gesicht. Ich stemme mich den Menschenmassen entgegen, werde jedoch von der Flut kollektiver Wut und Abscheu ergriffen und niedergetreten, wie der gescholtene Hund des Nachbarn. Autsch.
8,5/10

Every Time I Die – Ebolarama

Die nächste Band kannte ich bereits vorher, jedoch hatte ich die immer als mediokren Hardcore in Erinnerung, weshalb mich das Auffinden dieser Formation im Chaoscore/Mathcore-Segment doch überrascht hat. Ja, gut, auch nach dem Hören bin ich immer noch verwundert aufgrund der Kategorisierung von Big Exit. Nur weil man ein paar Töne dissonant verzerrt, ist die Musik nicht automatisch vertrackt. Trotzdem war meine vorherige Einordnung auch falsch, denn Mittelmaß ist das bei weitem nicht. Tatsache ist, dass wir hier unglaublich fetten, modernen Hardcore haben, der einen den Schmalz aus den Gehörgängen pustet. Gezielt werden die dicken Grooves auf die Synapsen geschickt und automatisch wird der Zappel- und Abgeh-Modus aktiviert. Satt und unwiderstehlich wildern die Riffs in Harmonie mit den angepissten Vocals durch die Hirnbotanik. Das ist eigentlich die Art von Musik, wo man gar nichts schreiben sollte, sondern nur auf Play drückt und abgeht. Was mich aber wieder gewaltig stört, sind die genölten, klar gesungenen Zeilen, die scheinbar auf jedem Song dieses Samplers zu finden sind und hier schon wieder einen Punktabzug verursachen. Denn ansonsten kann ich hier echt nicht meckern, ist echt schicker Hardcore, den ich für Sommer-Soundtracks mal intensiver auschecken werde.
8/10

From A Second Story Window – A Piece of History Written in English

Nach dem Hardcore-Brett gibt es jetzt verspielten Deathcore auf die Ohren. Auch nicht unbedingt das, was ich mir unter Chaoscore vorgestellt habe, aber man nimmt, was man kriegt. Zugute halten muss ich der Band, dass sie versucht einen möglichst dynamischen und abwechslungsreichen Sound zu präsentieren, was in dem Genre keine Selbstverständlichkeit darstellt. Frickelige, spacige Riffs, satte Groove-Walzen, atmosphärische Gitarrenstreicheleinheiten, melodische Metalcore-Klampfen – alles sauber und druckvoll gespielt und mit genug Widerhaken versehen, um nicht belanglos zu wirken. Gesanglich kriegt man die Death Metal-Breitseite geboten; voluminöse Growls und deftige Pig Squeals wechseln sich ab. Und was habe ich mich gefreut: endlich ein Song ohne Klargesang! Zumindest bis 15 Sekunden vor Schluss, wo tatsächlich nerviges Geschmalze, wie man es von den Larifari-Refrains schlechter Metalcore-Bands kennt, das Ende doch noch gewaltig in die Binsen gehen lässt. Warum nur, Big Exit? Warum?
5/10

Circle Takes the Square – Same Shade as Concrete

Endlich haben wir es hier mit wirklich fordernder Musik zu tun, denn Circle Takes the Square wollen sich nicht in eine Schublade stecken lassen, sondern präsentieren hier ihre eigene Definition experimentellen (Post-)Hardcores. Ein chaotischer Beginn mit gniedelnden Gitarren, stumpf nach vorne preschenden Drums und wild durcheinandergewürfelten Gesangs- und Shout-Einlagen erschlägt einen vorerst, bevor dann ein melodischer und rhythmisch verlockender Post-Hardcore-Part eingreift. Die Harmonie währt jedoch nicht lange, garstiger Keifgesang und Trommelwirbel kündigen weitere Wutausbrüche an. Wirr verschlingen die undefinierbaren Riffs und die spastischen, rastlosen Schreie zu einer Spirale des Wahnsinns, bis eine belegte Melodie den Geist aus der Umnachtung befreit und gemeinsam mit brüchigen Gesangslinien den Hörer an die Hand nimmt. Allmählich überschlägt sich jedoch die Stimme und erreicht den früheren Irrsinn, während die ehemals zaghafte Melodie an Breite und Masse aufnimmt und sich zu einer bedrohlichen Wand auftürmt. Stille kehrt wieder ein, ein elektronisches Wummern dröhnt stoisch vor sich hin und aufwühlender mantraartiger Klargesang versetzt den Körper in Angsstarre. Klirrende Gitarren und gequältes Gekeife greifen wieder ein und setzen dem geschundenem Geist noch weiter zu, bis sich der Verstand zum Ertönen des ausklingenden elektronischen Effekts vorsichtig wieder erholen darf.
Großartige Band, die hier aufzeigen konnte, dass Hardcore so viel mehr zu bieten hat, als das, worauf er oftmals runtergebrochen wird. Bis hierhin das wohl emotionalste Stück des Samplers.
9,5/10

I Hate Sally – Hannah Hannah

Nach der emotionalen Talfahrt von Circle Takes the Square gibt es jetzt eine weniger feinsinnige Tracht Prügel in Form des Abholzkommandos „I Hate Sally“. Neben Sally scheint aber noch so einiges anderes auf der Liste des Hasses zu stehen, denn angepisst und mit Schaum vor dem Mund kotzt die Truppe mir hier ihre rabiate Knüppelorgie vor die Füße. Von Chaoscore ist das zwar so weit entfernt wie die Frontfrau von den Spice Girls, aber den Spaß muss man sich trotzdem nicht nehmen lassen. Ähnlich wie Every Time I Die zocken I Hate Sally einen modernen und fetten Hardcore-Sound, erhalten aber durch das hardcore-punkige Gitarren-Spiel und den dominanten Bass einen fließenderen Groove. Auf Dauer ist die Angelegenheit aber doch zu monoton und stilistisch zu eintönig, trotz des netten Groove- und Mosh-Parts im letztem Drittel. Wenig Action im Song, wenig Schreib-Action für mich. Auch wenn die Formation zu mittelmäßig und gewöhnlich ist, um mich zu begeistern, immerhin hat sie es geschafft, nicht auf meiner Liste des Hasses zwischen Käsekuchen und Menschen, die „dasselbe“ und „das Gleiche“ verwechseln, zu landen.
4/10