Re: Schatzjagd in düsteren Wäldern und den Irrgärten des Großstadtdchungels – Die sagenhaften Odysseen der Glücksritter Dr. Jones und Big Exit

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Dr. Jones

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The End – Never Ever Aftermath

Nach The Rise und The Bled kommen jetzt also auch noch The End. In dieser Chronologie könnte es den Aufstieg und Niedergang eines antiken Imperiums beschreiben, wie etwa den Fall Trojas (alias „The Fall of Troy“, die auch auf diesem Sampler vertreten sind). Ich weiß zwar nicht, wieso das hier von Belang sein sollte, aber irgendwie habe ich gerade großen Mitteilungsdrang und solche Zufälle finde ich witzig. Nunja, dann weiter mit Musik. The End läuten ironischerweise den Djent/Progressive Hardcore-Part des Samplers ein, ich stelle mich also auf komplexere Kost ein und spitze konzentriert meine Ohren. Atmosphärische und klare Gitarren-Flächen zu Beginn, das ist schön und das trifft meinen Nerv. Während in den Strophen die wiegenden Gitarren-Wogen sanft die klar vorgetragenen Zeilen umgarnen, dröhnen die Gitarren im Mitsing-Refrain mit Nachdruck und Impulsivität und verleihen dem Chorus eine dramatischere Note. Im Mittelteil lassen sie dann auch die Muskeln spielen und zeigen mit progressiven Riffing und wüstem Gebrüll, dass sie auch Eier in der Büchse haben. Zwar keine haarigen und erst recht keine aus Stahl, aber Eier. Nachdem sie mit gebündelter Wut auch bei mir Eindruck schinden konnten, pfeffert nochmal der Refrain aus den Boxen und lässt das Lied tosend und leidenschaftlich ausklingen.
Vielleicht war der Song nicht unbedingt das, was ich erwartet habe, denn statt chuggigem Hardcore habe ich hier eher einen atmosphärischen Progressive Metalcore-Track zu hören bekommen, nichtsdestotrotz habe ich mich gut unterhalten gefühlt und die tollen Atmo-Gitarren habe ich sehr genossen.
7,5/10

Vildhjarta – Traces

Es geht weiter mit einer der ganz großen Nummern im Djent-Bereich, welche die letzten zwei oder drei Jahre einen unglaublichen Hype erfahren durften. Zu Recht, wie dieser Song beweisen kann. Unfassbar abwechslungsreiche und hakenschlagende Gitarrenarbeit agiert mit den dynamischen Drums und dem flirrendem Bass, dazu bietet der Sänger eine breite Palette an Gesangsstilen, von tiefen und mächtigen Growls über kontrollierte Shout/Scream-Hybriden bis zum (leider nicht immer souveränen und leicht quäkigen) Klargesang. Instrumental kann die Truppe hingegen auf Songlänge überzeugen, die Riffs djenten und wühlen sich mal vertrackt durch die Hirnmasse, dann gibt es wie aus dem Nichts träumerisch schöne Ambient-Flächen zu bestaunen und in anderen Momenten umkreisen sich beide Parteien gegenseitig und geben mir das Gefühl im Auge des Tornados zu stehen, wo ich Zeuge unvorstellbarer Gewalt und der unbändigen und unheimlich schönen Kraft der Natur zugleich bin. Ich muss der Band eingestehen, die perfekte Balance aus fordernder Härte und entrückt-sphärischen Wohlfühl-Melodien gefunden zu haben, womit sie einen eigenständigen und herrlich eingängigen, trotz aller Komplexität, Sound kreiert haben. Respekt!
10/10

Underoath – Casting Such a Thin Shadow

Die kenne ich auch, das müsste die Band gewesen sein, die vor etlichen Jahren mal symphonischen Black Metal gespielt und dann eine 180 Grad-Wende zum Screamo/Post-Hardcore getätigt hat. Sowas macht mich ja immer etwas skeptisch, aber ich bin eigentlich keiner, der bei stilistischen Wandlungen gleich „Sakrileg“ schreit, ich respektiere die kreativen Entscheidungen des Künstlers. In diesem Fall tangiert mich die Vergangenheit der Band aber sowieso nicht, ich bewerte die Jungs anhand des Sounds, den sie mit diesem Song spielen. Am Anfang scheint die Nummer auf kitschüberladenen Emo/Alternative Rock hinauszulaufen, der Sänger schmachtet mir wie durch eine Wolke verbale Zuckerwatte entgegen und lässt mir erste Gruselschauer über den Rücken laufen. Ich bin akustischem Schmalz per se nicht abgeneigt, aber ich habe auch eine Schmerzgrenze und diese wurde mit den ersten Minuten rabiat übertreten. Leider kann auch die Instrumentalfraktion hier nicht viel rausreißen, die atmosphärischen Gitarren schmiegen sich ähnlich sülzig und belanglos an die Gesangslinien. Nach knapp drei Minuten darf ich mich dann endlich vom Zuckerschock rehabilitieren, denn es wird endlich ein wenig Hardcore in den Kessel gerührt. Wirklich überzeugen kann die Band damit zwar nicht, es wirkt alles wie ein Alibi-Wutausbruch, die Riffs sind uninspiriert und der Sound ist zu lasch. Im Vergleich zum restlichem Song ist das zwar eine Oase der Erholung, aber mehr kann ich das auch nicht beschönigen. Die letzte Minute wird nochmal auf die Tränendrüse gedrückt und ich ertrinke meines Lebens allmählich müde im klebrigem Gemisch aus geheuchelten Tränen, Kirschsaft und vergeudeter Zeit.
2/10