Der allgemeine Politikthread

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  • #5545947  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    attoparsec
    Ich bin ich :8) Ich bin kein Mitglied einer Partei und würde nie einer beitreten – wenn doch, wäre ich das einzige Mitglied. Ich fühle mich auch zu keiner der im noch amtierenden Bundestag vertretenen Parteien so richtig hingezogen, meine politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen sind auch keineswegs fest, sondern haben sich in den letzten, sagen wir mal, 20 Jahren immer wieder verändert. Ich halte bestimmte Themen für wichtig, und dann passiert es halt, dass ich bei Thema X mit Partei A übereinstimme, bei Thema Y aber nicht, und es bei Partei B genau andersrum aussieht (ich hoffe, das war irgendwie verständlich). Der ganze Text hilft dir jetzt vielleicht nur bedingt, aber ich will damit nur sagen, dass ich mich nicht so wirklich in eine Schublade einsortieren lasse. 🙂

    Mir geht es bei den Parteien auch nicht wesentlich anders. Die Parteienherrschaft scheint mir überhaupt ein Grundübel unserer Zeit zu sein. Aber abgesehen davon hat jeder politisch denkende Mensch eben Themen, die ihm wirklich wichtig sind (freilich können die sich im Laufe der Zeit ändern). Und anhand dieser Themen wird er entscheiden, wer Freund und wer Feind ist. Ich akzeptiere es natürlich, wenn du dich lieber bedeckt hältst, aber du kannst mir nicht erzählen, dass das bei dir anders ist.

    Zum Thema Freiheit/Staatsaufgaben/Bevormundung: vielleicht spielt da auch meine eigene Prägung/Vorstellung ein wenig rein, und/oder eine Verkennung des freiheitlichen Gedankens in den USA. Und dass man nicht alle über einen Kamm scheren darf, ist auch klar, nur (vielleicht war ich da etwas zu polemisch oder überpointiert): manchmal hab ich schon das Gefühl, dass viele glauben, ohne einen vermeintlich „fürsorgenden“/sich einmischenden Staat besser dran zu sein, nur weil sie nicht davon profitieren, momentan nicht auf ihn angewiesen sind oder glauben alles besser zu wissen, aber wenn dann bestimmte Situationen eintreten (deswegen das Beispiel Naturkatastrophe), doch ganz froh sind, wenn es einen helfenden Staat gibt.

    Da ist schon was dran. Ein anderes Beispiel wären Bedrohungen von “Außen“, also ernsthafte militärische Angriffe. Ich bin kein Kenner des Libertarismus, aber was ich bislang zur Bewältigung dieser und ähnlicher Extremsituationen gelesen habe, hat mich nicht überzeugt.

    Beispiel Steuern: natürlich darf man der Meinung sein, dass die Steuern gesenkt werden oder noch niedriger sein müssen. Damit beschneidet man aber den Staat, der dann halt entscheiden muss, welches Aufgabengebiet er vernachlässigt oder überhaupt nicht mehr beackert. Oder Beispiel Krankenversicherung: natürlich kann man gegen eine staatliche Pflicht zur Krankenversicherung argumentieren, nur darf man sich halt hinterher nicht beschweren, wenn die Behandlung einer schweren Krankheit plötzliche zehntausende Euro kostet.

    Dass eine Krankenversicherung vernünftig ist, bestreitet sicherlich niemand. Das wusste man in den USA auch schon vor Obama. Die Diskussion um Obamas Gesundheitsreform dreht sich eher um andere Punkte. Es ist zum Beispiel höchst zweifelhaft, ob die Bundesregierung überhaupt die erforderlich Gesetzgebungskompetenz hatte. Da geht es wirklich um die Grundfesten der U.S.-amerikanischen Verfassung, um die grundlegenden Prinzipien, nach denen sich das Verhältnis des Staates zur Freiheit seiner Bürger richtet. Und dann gibt es noch das Finanzierungsproblem. Dass “Obamacare“ deshalb erstens zahlreiche kleinere Unternehmen an den Rand des Ruins und darüber hinaus getrieben hat, dürfte sich vielleicht schon herumgesprochen haben. Seltener hört man, dass man – zweitens – zur Finanzierung der Gesundheitsreform ironischerweise den Etat des Medicare-Systems (staatliche Gesundheitsversorgung für bedürftige Alte und Behinderte) massiv gekürzt hat. Was der Staat für tatsächliche und vermeintliche Wohlfahrt ausgibt, muss er sich ja erst einmal von seinen Bürgern holen. Kein Wunder dass das nicht gut ankommt, wo doch die allermeisten Bürger eigentlich sehr zufrieden mit ihrer Gesundheitsversorgung waren – sogar über 80% derjenigen, die auf öffentliche Gesundheitsfürsorge angewiesen waren/sind (Medicaid und Medicare). Schließlich gibt es noch massive Friktionen mit der Religionsfreiheit: Die Gesundheitsreform zwingt kirchliche Kliniken, Verhütungsmittel und Sterilisation anzubieten.

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    #5545949  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Um vielleicht mal eine neue Diskussion anzustoßen: Wer bislang noch an die Fähigkeit unseres Parlamentarismus geglaubt hat, rationale Problemlösungen zu formulieren und fähige Menschen an die richtigen Positionen zu bringen, der sollte durch den sich jetzt anbahnenden “Mindestlohn“ endgültig eines Besseren belehrt worden sein. Unglaublich.

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    #5545951  | PERMALINK

    Nein

    Registriert seit: 12.09.2013

    Beiträge: 179

    ITT: Menschen mit Luxusproblemen.

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    #5545953  | PERMALINK

    Curry King

    Registriert seit: 18.04.2011

    Beiträge: 1,519

    versteh ich jetzt beides nicht.
    was ist unglaublich und was ist ITT?

    --

    "Like fuck it, this isn’t about being brave this is only about surviving. I’m either gonna kill myself, or I’m gonna do this." - Laura Jane Grace | And Still I Chase The Sun |
    #5545955  | PERMALINK

    Nein

    Registriert seit: 12.09.2013

    Beiträge: 179

    In this thread. Das Rumgeheule hier ist ja abartig. Vollkommen fern von jedem Bewusstsein, in welch privilegierter Lage man eigentlich sein muss, um über solche Dinge überhaupt diskutieren zu können.

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    #5545957  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Curry Kingversteh ich jetzt beides nicht.
    was ist unglaublich und was ist ITT?

    Unglaublich ist es, wenn die politische Kaste sich in sog. “Sondierungsrunden“ mal eben darauf einigt, dass sie die Warnungen sämtlicher deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute eigentlich gar nicht zu kümmern brauchen.

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    #5545959  | PERMALINK

    Hallways of Always

    Registriert seit: 19.03.2011

    Beiträge: 1,120

    LeukonMir geht es bei den Parteien auch nicht wesentlich anders. Die Parteienherrschaft scheint mir überhaupt ein Grundübel unserer Zeit zu sein. Aber abgesehen davon hat jeder politisch denkende Mensch eben Themen, die ihm wirklich wichtig sind (freilich können die sich im Laufe der Zeit ändern). Und anhand dieser Themen wird er entscheiden, wer Freund und wer Feind ist. Ich akzeptiere es natürlich, wenn du dich lieber bedeckt hältst, aber du kannst mir nicht erzählen, dass das bei dir anders ist.

    Ich bin mir nicht sicher, ob das immer zutrifft. Ich habe mich z.B. früher immer für einen Linken gehalten, aber je mehr Zeit ich mit Vertretern dieses widerwärtigen, Realitäten ignorierenden, selbstgerechten und nicht zuletzt meist schwer antisemitischen Volkes und seinen Theorien und Thesen verbracht habe, desto sicherer war ich, dass ich da nicht dazugehöre und das auch nicht will. Zumindest musst du zugestehen, dass die Links-Rechts-Dichotomie nicht bei jedem Individuum greift. Unnötig zu sagen, dass mich auch sämtliche Bundestagsparteien annerven.
    Dazu kommt noch, dass die realpolitischen Maßnahmen, die ich in unserem Deutschland des Jahres 2013 unterstützen würde, stark von meiner eigentlichen politischen Utopie abweichen. Und ich außerdem glaube, dass Glück und Zufriedenheit grundsätzlich auch in ganz verschiedenen Systemen mehr oder weniger gut geschaffen werden könnte.

    --

    Never le nkemise... Le ka zama mara never leloke
    #5545961  | PERMALINK

    Curry King

    Registriert seit: 18.04.2011

    Beiträge: 1,519

    NeinIn this thread. Das Rumgeheule hier ist ja abartig. Vollkommen fern von jedem Bewusstsein, in welch privilegierter Lage man eigentlich sein muss, um über solche Dinge überhaupt diskutieren zu können.

    was genau meinst du mit rumgeheule?

    LeukonUnglaublich ist es, wenn die politische Kaste sich in sog. “Sondierungsrunden“ mal eben darauf einigt, dass sie die Warnungen sämtlicher deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute eigentlich gar nicht zu kümmern brauchen.

    hum aber diese Wifo Institute sind ja auch nicht neutral. und haben auch nicht immer recht. fernab meiner persönlichen meinung finde ich es jetzt nicht verwerflich, dass die SPD auf einer ihrer Grundforderungen besteht.

    --

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    #5545963  | PERMALINK

    Nein

    Registriert seit: 12.09.2013

    Beiträge: 179

    Curry Kingwas genau meinst du mit rumgeheule?

    Die Leute leben in einem der reichsten und sichersten Länder der Welt. Sie müssen keine Angst haben, morgen zu verhungern oder in einen Krieg zu geraten, kaum Angst, in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt zu werden. Sie können im Grunde völlig frei ihre Meinung äussern, können sogar arbeitslos besser leben als der Grossteil der Menschheit. Es gibt kaum Repressionen, und die grösste Sorge ist oft, ob man sich was Neues für die Xbox leisten kann.

    Trotzdem wird über jeden Kleinscheiss gejammert. „Die Mehrwertsteuer hat sich um 0,001 % erhöht. Ich weiss nicht, was ich wählen soll. Der Krümmungsgrad von Bananen wird genormt.“.

    Es ist ein Luxus, über Politik überhaupt diskutieren zu können.

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    #5545965  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Hallways of AlwaysIch bin mir nicht sicher, ob das immer zutrifft. Ich habe mich z.B. früher immer für einen Linken gehalten, aber je mehr Zeit ich mit Vertretern dieses widerwärtigen, Realitäten ignorierenden, selbstgerechten und nicht zuletzt meist schwer antisemitischen Volkes und seinen Theorien und Thesen verbracht habe, desto sicherer war ich, dass ich da nicht dazugehöre und das auch nicht will. Zumindest musst du zugestehen, dass die Links-Rechts-Dichotomie nicht bei jedem Individuum greift. Unnötig zu sagen, dass mich auch sämtliche Bundestagsparteien annerven.

    Links und rechts reichen auf keinen Fall aus, klar. Wenn man noch den (traditionellen) Liberalismus hinzunimmt, hat man aber schon eine übersichtliche und aufschlussreiche politische Topographie der politischen Landschaft. Damit will ich gar nicht infrage stellen, dass auch Anhänger derselben politischen Leitwerte sich in mancherlei Hinsicht sehr uneins sein können. Aber im Zweifel werden sie zusammenstehen, um den gemeinsamen Hauptfeind zu bekämpfen. Wald und Bäume, ich denke du verstehst mich.

    Dazu kommt noch, dass die realpolitischen Maßnahmen, die ich in unserem Deutschland des Jahres 2013 unterstützen würde, stark von meiner eigentlichen politischen Utopie abweichen. Und ich außerdem glaube, dass Glück und Zufriedenheit grundsätzlich auch in ganz verschiedenen Systemen mehr oder weniger gut geschaffen werden könnte.

    Nun gut, dann werden wir doch mal konkret: Wie sieht deine “Utopie“ (das ist übrigens eine linke Standardvokabel) denn aus? Die zentralen Gedanken genügen – ich werde versuchen, dir plausibel zu machen, welchem der drei großen politischen Spektren ich sie zuordne.

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    #5545967  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Curry King
    hum aber diese Wifo Institute sind ja auch nicht neutral. und haben auch nicht immer recht. fernab meiner persönlichen meinung finde ich es jetzt nicht verwerflich, dass die SPD auf einer ihrer Grundforderungen besteht.

    Es gibt Wirtschaftsforschungsinstitute, die eine gewisse ideologische Prägung haben; das ist richtig. Etwa ist das ifo-Institut eher marktwirtschaftlich orientiert, während das DIW traditionell den Gewerkschaften und der SPD nahe steht. Interessanterweise sind dennoch beide sehr skeptisch gegenüber der Einführung eines Mindestlohns nach den Vorstellungen der linken Parteien. Was das zweite Argument angeht, habe ich folgende reductio ad absurdum anzubieten: War es etwa nicht verwerflich, dass die NSDAP so konsequent auf ihren Grundforderungen bestanden hat? (Die Vorlage war zu gut, sorry).

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    #5545969  | PERMALINK

    Curry King

    Registriert seit: 18.04.2011

    Beiträge: 1,519

    in Ordnung, alle sind skeptisch.
    aber es bleibt eine Einschätzung. auch die institute wissen es nicht, können nur aufgrund ihrer statistiken etc. vermuten.

    außerdem ist das DIW nicht grundsätzlich gegen den Mindestlohn. die höhe von 8,50 ist für die nur ne zu hohe einstiegsquote, die wollen 7. naja, kann ich jetzt nicht einschätzen ob 1,50 da so viel ausmacht. auf jeden fall sagt das DIW auch, dass es keine Beweise gibt, dass ein flächendeckener gesetzlicher Mindestlohn automatisch arbeitsplätze kostet (diese überdramatisierten formulierungen des „vernichtens“ und „zerstörens“ empfinde ich als unprofessionell).

    ich will gar nicht verneinen, dass ein mindestlohn risiken birgt und dass die effekte womöglich kaum spürbar sind. aber es ist definitiv eine Sache, die es auszuprobieren gilt.

    das betreuungsgeld hat man ja auch eingeführt, obwohl es vorher starke kritik am effekt gab.

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    #5545971  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Curry Kingin Ordnung, alle sind skeptisch.
    aber es bleibt eine Einschätzung. auch die institute wissen es nicht, können nur aufgrund ihrer statistiken etc. vermuten.

    außerdem ist das DIW nicht grundsätzlich gegen den Mindestlohn. die höhe von 8,50 ist für die nur ne zu hohe einstiegsquote, die wollen 7. naja, kann ich jetzt nicht einschätzen ob 1,50 da so viel ausmacht. auf jeden fall sagt das DIW auch, dass es keine Beweise gibt, dass ein flächendeckener gesetzlicher Mindestlohn automatisch arbeitsplätze kostet (diese überdramatisierten formulierungen des „vernichtens“ und „zerstörens“ empfinde ich als unprofessionell).

    Die Institute können die Effekte eines zu hohen Mindestlohns (das ist ja der entscheidende Punkt – wenn der Mindestlohn nicht oberhalb des Markträumungspreises liegt, ist er natürlich unproblematisch) selbstverständlich gut einschätzen. Dass durch einen solchen Mindestlohn Arbeitsplätze wegfallen, ist logisch zwingend. Ein Mindestlohn, der unter dem Gleichgewichtspreis liegt, ist ohnehin sinnlos. Worüber man streiten kann, darauf weist du ja hin, ist also nur, wie hoch der Mindestlohn sein darf, damit er keinen Schaden anrichtet. Auch das kann man ganz gut einschätzen, wenn man einen Blick auf Länder mit vergleichbarem Arbeitsmarkt und vergleichbarem Abgabenniveau wirft. Beispiel Frankreich: Dort sind deutliche negative Effekte des dortigen Mindestlohns beobachtet worden (siehe hier: http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/gutachten/ga06_ges.pdf ) Und außerdem hat das DIW auch darauf hingewiesen, dass sich durch einen Mindestlohn ggf. erzielbare nominale Einkommenssteigerungen jedenfalls nicht in reale Kaufkraft umsetzen, also keineswegs die Probleme von Niedriglohnbeziehern lösen können.

    ich will gar nicht verneinen, dass ein mindestlohn risiken birgt und dass die effekte womöglich kaum spürbar sind. aber es ist definitiv eine Sache, die es auszuprobieren gilt.

    Nein, es “gilt“ keineswegs, eine ökonomisch sinnlose, wenn nicht gar gefährliche Maßnahme wie die Einführung eines Mindestlohnes zu ergreifen.

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    #5545973  | PERMALINK

    Curry King

    Registriert seit: 18.04.2011

    Beiträge: 1,519

    LeukonDie Institute können die Effekte eines zu hohen Mindestlohns (das ist ja der entscheidende Punkt – wenn der Mindestlohn nicht oberhalb des Markträumungspreises liegt, ist er natürlich unproblematisch) selbstverständlich gut einschätzen. Dass durch einen solchen Mindestlohn Arbeitsplätze wegfallen, ist logisch zwingend. Ein Mindestlohn, der unter dem Gleichgewichtspreis liegt, ist ohnehin sinnlos. Worüber man streiten kann, darauf weist du ja hin, ist also nur, wie hoch der Mindestlohn sein darf, damit er keinen Schaden anrichtet. Auch das kann man ganz gut einschätzen, wenn man einen Blick auf Länder mit vergleichbarem Arbeitsmarkt und vergleichbarem Abgabenniveau wirft. Beispiel Frankreich: Dort sind deutliche negative Effekte des dortigen Mindestlohns beobachtet worden (siehe hier: http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/download/gutachten/ga06_ges.pdf ) Und außerdem hat das DIW auch darauf hingewiesen, dass sich durch einen Mindestlohn ggf. erzielbare nominale Einkommenssteigerungen jedenfalls nicht in reale Kaufkraft umsetzen, also keineswegs die Probleme von Niedriglohnbeziehern lösen können.

    Nein, es “gilt“ keineswegs, eine ökonomisch sinnlose, wenn nicht gar gefährliche Maßnahme wie die Einführung eines Mindestlohnes zu ergreifen.

    dass DIW hat aber genauso darauf hingewiesen dass es eben nicht logisch zwingend ist, dass arbeitsplätze wegfallen. weil es eben von der höhe abhängt. den vergleich mit anderen ländern halte ich für schwierig. und nicht nur ich auch marcel fratzscher vom DIW:

    Es kann Ihnen eigentlich keiner wirklich eine seriöse Zahl nennen, wie viele Beschäftigte gefährdet sind. Wir haben eine solche Erfahrung noch nie gemacht mit einem flächendeckenden Mindestlohn. Auch der Vergleich mit anderen Ländern ist extrem schwierig. Wir reden also hier von einem Feldexperiment, von etwas komplett Neuen.

    Wollen wir also (in der konservativen deutschen Tradition) aus Angst vor etwas komplett Neuen die Sache lieber sein lassen?

    Fratzscher stellt auch ganz konkret die entscheidende Frage:

    Wie viel zusätzliche Arbeitslose, wie viele Menschen, die in Arbeitslosigkeit kommen, ist es uns wert, anderen Menschen damit auf die 8,50 Euro zu hieven, das ist die große Frage.

    Wollen wir also, dass Menschen weiterhin einen Job haben, der sie nicht ausreichend finanzieren kann oder wollen wir, dass eine nicht abzuschätzende Zahl ihren zu niedrig bezahlten Job verlieren und damit mehr Arbeitslose im Sozialsystem landen?

    Da die SPD ja auch das Problem der Minijobs und Leih/Zeitarbeiter angehen will, könnte eine Verschiebung von Arbeitsplätzen in diesen Bereich verhindert werden. Das fordert auch das DIW.

    Außerdem ist ja auch möglich, dass eine stufenweise Einführung beschlossen wird, an deren Ende erstmal 8,50 stehen. Auch dem steht das DIW nicht ablehnend gegenüber.

    Ökonimisch sinnvoll/gefährlich ist also Überzeugungsfrage. Wenn selbst der Präsident des DIW sagt, niemand weiß es wirklich, dann gibt es keine echten Fakten. Nur Einschätzungen, Tendenzen etc.

    Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/2294248/

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    #5545975  | PERMALINK

    Leukon

    Registriert seit: 14.07.2010

    Beiträge: 1,385

    Curry Kingdass DIW hat aber genauso darauf hingewiesen dass es eben nicht logisch zwingend ist, dass arbeitsplätze wegfallen. weil es eben von der höhe abhängt.

    Hab ich was anderes gesagt? Nur wenn der Mindestlohn zu hoch ist, hat er negative Auswirkungen – selbstverständlich.

    den vergleich mit anderen ländern halte ich für schwierig.

    Weil?

    Wollen wir also, dass Menschen weiterhin einen Job haben, der sie nicht ausreichend finanzieren kann oder wollen wir, dass eine nicht abzuschätzende Zahl ihren zu niedrig bezahlten Job verlieren und damit mehr Arbeitslose im Sozialsystem landen?

    Wie man diese Frage ernsthaft stellen kann, ist mir ein Rätsel. Natürlich ist es besser, die Menschen arbeiten und produzieren, als zuhause vor dem Fernseher zu sitzen. Natürlich ist es besser, ihren Lohn durch Zuschüsse aufzustocken, als sie vollumfänglich durch Sozialhilfe zu unterhalten.

    Da die SPD ja auch das Problem der Minijobs und Leih/Zeitarbeiter angehen will, könnte eine Verschiebung von Arbeitsplätzen in diesen Bereich verhindert werden. Das fordert auch das DIW.

    Dann geht die Verschiebung halt in den Schwarzmarkt oder in das Ausland. An ihren Ursachen ändert man so nämlich nichts.

    Ökonimisch sinnvoll/gefährlich ist also Überzeugungsfrage. Wenn selbst der Präsident des DIW sagt, niemand weiß es wirklich, dann gibt es keine echten Fakten. Nur Einschätzungen, Tendenzen etc.

    Es gibt keine exakt ermittelbare Grenze, oberhalb derer ein Mindestlohn Schaden anrichtet. Stimmt. Aber da ein Mindestlohn, wenn er einen Effekt haben soll, über dem Markträumungspreis für die Arbeitsleistung liegen muss, kann er nur (a) zum Abbau von Arbeitsplätzen oder (b) zu Teuerungen führen, die in der Tendenz das nominal erhöhte Einkommen wieder aufzehren.

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