Tapetenwechsel – Roboter essen keinen Death Metal (tonitasten vs. Clemente)

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  • #78619  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    Der Übersichtlichkeit halber hier ein neuer Thread für tonitasten und mich.

    tonis Zusammenstellung:
    01. Talk Talk- The Rainbow (Spirit Of Eden, 1988)
    02. Terje Rypdal/Miroslav Vitous/Jack DeJohnette- Den Forste Sne (dto, 1978)
    03. Eivind Aarset & The Sonic Codex Orchestra- Dörbak Saray (Live Extracts, 2010)
    04. Omega Massif- Unter Null (Geisterstadt, 2010)
    05. John Zorn- Interzone 3 (Interzone, 2011)
    06. EMA- Endless Nameless (Newermind (Tribute To Nirvana), 2011)
    07. Tom Waits- Earth Died Screaming (Bone Machine, 1992)
    08. Sigur Rós- Ny Batteri (Aegaetis Byrjun, 1999)
    09. Malaria- Kaltes klares Wasser (Single, 1981)
    10. Joy Division- She´s Lost Control (Substance, 1979)
    11. I Love You But I´ve Chosen Darkness- According To Plan (Fear Is On Our Side, 2006)
    12. The National- Sorrow (High Violet, 2010)
    13. Slowdive- When The Sun Hits (Souvlaki, 1993)

    Und hier mein Beitrag:
    01. Eloy – Astral Entrance (Silent Cries and Mighty Echoes)
    02. Neu! – Hallogallo (Neu! 1)
    03. Negative Plane – Angels Veiled of Bone (Stained Glass Revelations)
    04. Embryo – You Don’t Know What’s Happening (Opal)
    05. Amon Düül – Der Garten Sandosa im Morgentau (Psychedelic Underground)
    06. Faust – Meadow Meal (Faust)
    07. Ascension – Rebellion Flesh (Consolamentum)
    08. Can – Mushroom (Tago Mago)
    09. Kraan – Kraan Arabia (Kraan)
    10. Weapon – Cacophony! Black Sun Dragon’s Tongue! (Drakonian Paradigm)
    11. Guru Guru – Next Time See You At The Dalai Lhama (UFO)
    12. Grave Miasma – Gnosis of the Summon (Exalted Emanation)

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    #6543491  | PERMALINK

    tonitasten

    Registriert seit: 13.08.2011

    Beiträge: 1,998

    Die Review hatte ich schon in der Playlist Of The Week. Hier nun in ergänzter Form.

    Roboter essen keinen Death Metal

    Clementes Krautrock- und Black- Metal Tape

    Hat doch ziemlichen Eindruck hinterlassen.

    Von astralen Prog und einer quietschenden Gitarre

    Der Einstieg ist ein recht gemächlicher mit Eloys „Astral Entrance“ (1979). Recht sphärischer typischer Prog. Markant ist der Gesang, sehr sympathisch, wunderbar schlechtes Englisch, deshalb sehr liebenswert. Der heutige Retroprog- Sound orientiert sich durchaus daran. Manchmal verspüre ich Lust, sowas aufzulegen. (8,0/10) Weiter gehts mit einen Klassiker, „Hallogallo“ (1972) von Neu! Hab die Nummer seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Diese quietschenden Gitarren, dieser repetetive tiefe Groove. Ach herrlich. Kann aber bei zu viel Konsum auch vorbeirauschen. Deshalb kann ich mir die Neu!- Sachen nicht immer geben. (8,0/10) Mit Negative Plane (2011) folgt der erste Ausflug in düstere Black- Metal- Gefilde. Der Gesang wirkt manchmal etwas ausdruckslos, doch atmosphärisch erinnert das ganze an beste Emperor- Zeiten und ist durch seinen undergroundigen Charme und den Wechselspiel aus atmosphärischen und rumpelnden Passagen durchaus gelungen. (7,0/10)

    Die Suche im Orient und das Geheimnis um Amon Düül

    Das gelungenste Stück dieser Zusammenstellung ist ohne Zweifel Embryo´s „You Don´t Know Whats Happening“ (1970). Es hat ein spirituell- orientalisches Flair mit einen betörenden Trommelrhythmus und exotischen Streichern, dazu groovender Bass und verhallter Gesang. Erotik pur. Leider wird das Album sehr teuer gehandelt (ab 30 Euro gehts los). Eine Neuauflage des Albums wäre sinnvoll. Ich werd im WWW mal Ausschau halten, ob ich die Platte irgendwo noch günstig ergattern kann. (10,0/10) Als nächstes folgt sowieso ein Kapitel für sich. Amon Düül, hier die erstere Variante mit „Der Garten Sandosa im Morgentau“ (1969). Über die Düüls gibt es eine Menge zu erzählen. Gegründet als freie Studentenkommune, dessen größtes Mysterium ist, dass Uschi Obermaier dort mitgewirkt hat, splittete sich wegen unterschiedlicher musikalischer Visionen schnell in Düül I und Düül II. In den 80ern gab es einen schäbigen Streit um die Namensrechte und beide Bands sind mitunter bis heute sehr verstritten. Egal, während Düül II weltmusikalische Momente mit teutonischen Heavy- Rock verknüpfte, gelang ihnen mit den ersten drei Alben (Phallus Dei (1969), Yeti (1970), Tanz der Lemminge (1971)) einige der homogensten, aufregendsten und faszinierendsten Platten der Krautrockera. Die Alben waren stets in zwei Teile gegliedert. Die eine Hälfte groovende, rhythmische und betörend erotische Songs, die andere Hälfte ein Konglomerat dessen in freier Improvisation. Düül I ist dagegen minimalistischer, psychedelischer und hat einen wahrlichen Underground- Charme. Einen besseren Albumtitel als „Psychedelic Underground“ kann es nicht geben. Jauliger Gesang, tiefe Akustikgitarren, im positiven Sinne strukturlos und völlig frei, unter Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen. Einfach wunderbar für mich. Dürfte aber nicht jedermanns Sache sein. Das Kontrastprogramm zu den konzeptuellen, durchdachten Werken von Amon Düül II. (9,5/10)

    Industrielles Geschepper und repetetiver Groove

    Gut, weiter mit Fausts „Meadow Meal“ (1971), eingeleitet durch lauter Krach- und Klirr- Geräusche schon fast eine Frühform des Industrials. Äußerst akademisch, schwer zu hören, bis am Ende ein düsteres Orgeloutro für Versöhnung sorgt. Weiß immer noch nicht, ob ich und Faust jemals Freunde werden. Auf Albumlänge sind mir Faust meistens zu anstrengend. (7,5/10) Ascensions „Rebellion Flesh“ (2010) ist ja dagegen noch leichte Kost. Ein bisschen Midtempo, ein bisschen Geballer, ganz ordentlicher atmosphärischer Black Metal. (6,5/10) Den Groove gibts dann mit Can´s „Mushroom“ von einen der bekanntesten Krautrockalben, „Tago Mago“ (1971). Hat dieses repetetive Schlagzeug, diesen gelangweilten Gesang, kann man nach dem zweiten Hören sofort mitsingen. Klassiker. Can setzten klanglich damals neue Akzente. (8,0/10)

    Die Reise nach Arabien und die Ankunft beim Dalai Lama

    Kraan ist da eine etwas schwerere Hürde. Der hier vertretene Track „Kraan Arabia“ (1972) vereinigt orientalische Weltmusik, Jazz und Kraut miteinander, wirkt mitunter spröde und schwer. Kann man sich nicht immer geben, wirkt aber durchaus interessant und faszinierend. Muss man sich drauf einlassen. (8,5/10) Dann mit Weapon (2009) was zum Mitgröhlen, typsiche Hail- BM- Chöre. Nicht so mein Fall. (3,0/10) Guru Guru´s „Next Time See You At The Dalai Lama“ (1970), irrer Songname, ist sowas wie vertonte Coolness. Tief gestimmte Gitarren, Fuzz und Gegniedel ohne Ende. Waren damals für den LSD- Marsch verantwortlich. Klasse! (8,5/10) Grave Miasma (2009) beenden den Reigen mit technisch durchaus anspruchsvollen Black Metal, verstörender Atmosphäre, aber auch Ideen, die bei Deathspell Omega vielleicht mal für ein gutes Intro gereicht hätten. Kann man sich aber ab und an geben. (6,5/10)

    Erkenntnis:

    Im Großen und Ganzen bin ich mit den Tape sehr zufrieden. Da wird einiges, was den Krautteil angeht, mich noch länger begleiten. Der Black- Metal- Teil ist bis auf einen Totalausfall auch gut gelungen. Von mir ein großes Lob für diese gelungene Zusammenstellung.

    Gesamtwertung: 7,6

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    #6543493  | PERMALINK

    Dancing Mad God

    Registriert seit: 22.03.2011

    Beiträge: 804

    toni, ich mag deinen Schreibstil durchaus, aber er würde sehr von ein paar Absätzen profitieren. So’ne „wall of text“ ist…naja, halt ’ne Wand. Nicht besonders komfortabel zu lesen.

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    [indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]
    #6543495  | PERMALINK

    tonitasten

    Registriert seit: 13.08.2011

    Beiträge: 1,998

    Ich glieder das ganze mal.

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    #6543497  | PERMALINK

    Dancing Mad God

    Registriert seit: 22.03.2011

    Beiträge: 804

    Viel besser 🙂

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    [indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]
    #6543499  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    Freut mich, dass es dir gefallen hat, auch wenn ich etwas mehr Hoffnungen in Negative Plane und Ascension gesetzt habe, aber vll. müssen die auf Albumlänge her (empfehle ich jedenfalls sehr!). Wollte gestern noch die ersten Reviews posten, aber dann hats mir dank Abspeichernvergessen den kompletten Text weggefegt und ich war zu sauer, um das nochmal neu zu schreiben. Gibt es heute abend.

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    #6543501  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    So, los gehts:

    Talk Talk – The Rainbow wird eingeleitet durch eine Trompete, die mich sofort auf eine falsche Fährte schickt. Ich assoziiere erstmal verrauchte Jazzkeller oder Film Noir-Szenerien, tatsächlich könnte der Song aufgrund seiner im Wortsinn coolen und distanzierten Atmosphäre eher wahlweise im Miami Vice-Soundtrack oder in meiner Version des „Durch die Nacht mit DeoUlf und palez“-Samplers erscheinen. Nach dem Intro, in welchem die bereits erwähnte Trompete durch eine zerrige Gitarre wiederaufgegriffen wird und das ganz dezent und leise von Keaboardstreichern getragen wird, setzt eine Gitarre ein, die für mich ziemlich nach David Gilmour Mitte der Siebziger klingt. Dazu gesellen sich wieder die Trompete, die jetzt weniger verhal(l)t(en) klingt und ein Klavier und Schlagzeug, die gemeinsam einen monotonen, aber sehr groovigen Rhytmus schaffen, bis schlussendlich sehr zurückhaltender und unaufdringlicher, aber cooler Gesang einsetzt. Nach einiger Zeit schlummert der Song über sehr verhallten und (bewusst?) diffusen Klängen ein, nur um direkt noch eine Runde zu drehen und wieder langsam wegzudösen. Im letzten Viertel kehrt der Song laaangsam wieder zu dem bereits erwähnten Beat zurück, um einem reichlich bluesig anmutenden und recht schrillen Solo Platz zu machen, welches einen recht harten Kontrast zum Rest des Songs darstellt, bis der Song schlussendlich von der Stimme getragen quasi ausfadet.
    Der Song hat so eine sehr entspannte, zu hundert Prozent nächtliche und urbane Atmosphäre – während des Songs habe ich durchgehend irgendwelche Bilder von menschenleeren Großstadtszenerien in Natriumdampflicht vor meinem inneren Auge, sehr schön. Übrigens war ich sehr überrascht, dass das Stück doch recht lang ist, kam mir wesentlich kürzer vor als 8 Minuten. Wenn der Rest des Albums ähnlich gut ist, wandert das direkt mal auf meine Liste.
    9/10 Crocketts.

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    #6543503  | PERMALINK

    tonitasten

    Registriert seit: 13.08.2011

    Beiträge: 1,998

    Der Einstieg ist auf Talk Talks „Spirit Of Eden“ geradezu entspannt, auf den späteren Tracks dominieren teils eruptive Gitarrenausbrüche, es gibt aber auch sehr ruhige und fragile Songs auf dem Album. Die jazzige Instrumentierung durchzieht sich durch die ganze CD, auch die Orgel ist dominant und verleiht den Ganzen einen sehr spirituellen Touch. Lohnt sich auf jeden Fall, nach mehreren Durchläufen entfaltet sich wirklich eine eigene, faszinierende, süchtig machende Welt. Der Nachfolger „Laughing Stock“ ist noch ruhiger und minimalistischer und der Vorgänger „The Colour Of Spring“ eher hymnischer, aber ohne weiteres sehr intelligenter und reichhaltig instrumentierter Pop. Kann man alle drei Platten bedenkenlos kaufen.

    Beide Spirit Of Eden (1988):

    http://www.youtube.com/watch?v=ZWThDKGVZJI

    http://www.youtube.com/watch?v=cU3xmt8WVpg

    Laughing Stock (1991), Videoquali leider etwas mies:

    http://www.youtube.com/watch?v=u8SRsWbv0tA

    The Colour Of Spring (1986):

    http://www.youtube.com/watch?v=nwkrNNeVTWk&feature=related

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    #6543505  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    Mit „Den Forste Sne“ von Jack De Johnette, Miroslav Vitous und Terje Ripdaal geht es weiter. Nach einem leisen Intro hören wir einen (Kontra-)Basspart, welches sich für mich typisch jazzig (was für ein Wunder, bei den Interpreten), dabei aber nicht wild anfühlt und über leisen und meist sehr im Hintergrund gehaltenen Synth-Klängen stattfindet. Im Laufe dieses Parts stößt unmerklich ein leise akzentuierendes Schlagzeug dazu und auch die Untermalung tritt ein wenig in den Vordergrund, bis der bisher gezupfte Bass plötzlich gestrichen wird und in eine verträumte Melodie übergeht. In diese stimmt im letzten Drittel eine sehr verhallte, geradezu singende E-Gitarre ein, der Bass tritt langsam in den Hintergrund, verschwindet aber nicht wirklich, bis das Ganze langsam ausblendet.
    Das Stück ist sehr, sehr ruhig und bietet eine wirklich gelungene Vertonung des Titels (Den forste Sno müsste, wenn mich mein Sprachgefühl nicht völlig verlassen hat, „Der erste Schnee“ heißen), beim Zuhören sieht man förmlich in der abendlichen Stille die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen, während man selbst schön drinnen sitzt. Für sich betrachtet gut gemacht, ist es für meinen Geschmack aber etwas zu süßlich-verträumt, um alltagstauglich zu sein. In der rechten Stimmung aber auf keinen Fall verkehrt.
    6,5/10

    Weiter geht es mit Dörbak Saray von Eivind Aarset & The Sonic Codex Orchestra. Auch dieses Stück steigt wieder ziemlich leise ein mit einem ziemlich coolen und zurückgelehnten Groove, zu dem sich schnell ein tiefer Streicher und dann nach und nach ein orientalisches Saiteninstrument und eine Gitarre gesellen, wodurch eine Art leicht entrückter Bauchtanzmusik entsteht. Dieser Effekt wird noch verstärkt wird durch ein Klimpergeräusch, was kurz zu hören ist, als das erste Drittel des Songs endet und erstmal ein Vorhang vor den Bauchtänzerinnen fällt. Die Musik wird sehr reduziert, um in den nächsten Teil überzuleiten. Das Orientalische verschwindet kaum bemerkbar, stattdessen klingt alles plötzlich sehr drogig-neblig. Eine Gitarre singt sich langsam in den Vordergrund und steigert sich in einem wiegenden Solo immer weiter, klingt plötzlich sehr komkret und driftet dann wieder in psychedelische Träume ab. Am Ende klingt der Song relativ zügig aus, man fühlt sich jedoch nicht aus seinen Träumen herausgerissen.
    Dieses Stück ist ebenfalls ziemlich verträumt, dabei aber statt romantisch verschneit eher psychedelisch-neblig (will nicht sagen vernebelt) und am Höhepunkt sogar recht heavy, besonders das erste Drittel hat es mir angetan. Insgesamt bei Weitem mehr meine Kragenweite als der Vorgänger auf dem Sampler.
    8,5/10

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    #6543507  | PERMALINK

    tonitasten

    Registriert seit: 13.08.2011

    Beiträge: 1,998

    Diese ätherische Atmosphäre haben die beiden Rypdal/Vitous/DeJohnette- Platten durchweg. In der Dreierbesetzung eigentlich ungeschlagen. Gerade das verträumt- verspielte Kontrabassspiel von dem Tschechen und Weather Report- Mitbegründer Miroslav Vitous kann man sich auch heute immer noch geben. Er spielt die restliche Besetzung schon fast gegen die Wand. Mit „Emergence“ aus dem Jahre 1985 schuf er einer der ätherischsten und schönsten Jazzaufnahmen in der Kontrabassbesetzung.

    http://www.youtube.com/watch?v=0y1Mmok5O_M

    Wenn du von Aarset auf diesen psychedelisch- nebligen Gitarrensound stehst, empfehle ich dir die „Live Extracts“, die restlichen Alben sind weitaus elektronischer. Trotzdem poste ich mal was elektronisches von ihn. Vielleicht magst du es ja.

    http://www.youtube.com/watch?v=1REtFAl6zXc

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    #6543509  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    Omega Massif – Unter Null
    Eine Band, von der ich schon einiges gehört, von der ich aber noch nichts gehört habe, soll heißen, der Name ist durchaus bekannt, die Musik nicht, was sich nach dem Höreindruck dieses Songs definitiv ändern muss.
    Der Song beginnt mit einem kurzen Intro,welches nach verfemdetem Windheulen, Wolfsgeheul und schließlich Meeresrauschen klingt und geht sofort über in den beherrschenden Klang: eine sehr stark verzerrte Gitarre, über der eine cleanere Gitarre erklingt, letztere manchmal singend, manchmal schreiend. Mal die eine ein bisschen im Vordergrund, mal eher die andere, erzeugen sie einen sehr dichten, durchdringenden Sound. Es herrscht eine ziemliche Monotonie in der Grundstimmung, die durch das Miteinander der Gitarren aber immer wieder durchbrochen wird. Zirka zur Hälfte des Songs schaltet man langsam einen Gang zurück und der Song kommt beinahe zum Stillstand, nimmt dann langsam wieder Fahrt auf und geht über in einen schleppenden Groove, in dem die singende Gitarre ziemlich die Führung übernimmt und einen recht monotonen Singsang anstimmt, der dann zum Ende leicht variiert wird und langsam zurücktritt, gleichzeitig aber den Eindruck erweckt, dass er sich zu einem Höhepunkt hin steigert, um jedoch schließlich nach den anderen Instrumenten langsam zu verklingen.
    Der an sich ziemlich monotone (oder jedenfalls so wirkende) Song weist eine verblüffende Dramatik auf, die besonders im zweiten Teil herauskommt, was zum Teil daran liegen mag, dass die bleierne und schwere Gitarre einerseits mit der melancholischen, aber dynamischeren anderen Gitarre kombiniert wird. Ich assoziiere einen sturmgepeitschten Nordatlantik mit schwerem Seegang, durch den einsam ein Schiff stampft, allerdings ist der Song auch eine sehr gelungene Illustration des Albumtitels „Geisterstadt“, auf jeden Fall ist alles dämmerig und grau, bleiern und düster.
    Gefällt mir, 8/10

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    #6543511  | PERMALINK

    Clemente

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 3,950

    Ohje, ewig nichts geschrieben, weil ich mir für die Reviews Zeit nehmen wollte, demletzt aber keine gehabt habe…
    Weiter geht es mit Interzone 3 von John Zorn. Zunächst einmal bin ich echt überrascht, dass das Stück doch sehr aktuell ist, hätte ich doch intuitiv auf auf eine absolut abgehobene, mir bis dato unbekannte Band von Anfang der Siebziger getippt, quasi das Beste aus Pink Floyd meets Kraan meets Can meets Guru Guru meets Brainticket. Soll heißen: Total abgefahren, aber gut. Hier treffen sich nacheinander diverse Instrumentalisten, um mal so richtig die Sau rauszulassen, was das Zeug hält; dabei hat man stellenweise den leichten Eindruck, dass das Ganze ein klitzekleines bisschen aus den Fugen läuft, was aber auch und gerade sehr zur Atmosphäre des Songs beiträgt.
    Eingeleitet wird durch einen sehr ruhigen Keyboard-Part, der mich sehr an Set the Controls for the Heart of the Sun von P.Floyd erinnert, direkt darauf haben wir einen ekstatisch-jazzigen Ausbruch von Wahnsinn, den sich das Keyboard mit einer Gitarre teilt, welche langsam die Vorherrschaft übernimmt und sich in ein bluesiges Solo hineinsteigert. Dieses ist ebenso abrupt wieder vorbei und macht einem Intermezzo Platz, das so klingt, als liefe ein Gameboy mit Psychose an einem vorbei, um dann am Horizont in weiter Ferne zu verschwinden. Der elektronische Sound fasert auf und lässt den letzten Teil unseres Stückes zum Vorschein kommen: Ein orientalisch anmutender Part, der mühelos von Kraan hätte stammen können, geht wieder über in ein Keyboard/Gitarrensolo und ganz plötzlich ist das Stück zuende. Bei alledem bleiben Bass ud Drums immer sehr dezent im Hintergrund und schaffen eine solide Unterlage, auf der sich die anderen austoben können, ohne sich beim Umfallen weh zu tun.
    Anfangs kam mir das alles sehr wahllos aneinander platziert und sehr anstrengend zu hören vor, allerdings fügt sich das Stück auf wunderbare Weise zusammen und ist im Endeffekt ein echter Hörgenuss.
    9/10

    Morgen geht es hoffentlich weiter.

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    #6543513  | PERMALINK

    Nezyrael

    Registriert seit: 05.11.2009

    Beiträge: 21,410

    John Zorn ist einer der tollsten Musiker die es gibt.

    --

    Bad Ass Me ~ Totgehört ~ Verkaufe CDs Prüchtepunch mit Schuss "also ich würd mich echter als dumm den als einen Troll ansehe" - Ivan Dirus
    #6543515  | PERMALINK

    tonitasten

    Registriert seit: 13.08.2011

    Beiträge: 1,998

    Wobei ich immer die sehr schrägen Naked City- Sachen empfehle. Ein Bastard aus extremen Metal und verspielten Free- Jazz, in einer Konsequenz umgesetzt, dass die Platten auch nach rund 20 Jahren völlig für sich alleine stehen.

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    #6543517  | PERMALINK

    andysocial

    Registriert seit: 18.03.2006

    Beiträge: 7,603

    hmmm die Free/Avant Sachen lassen mich 98% der Zeit kalt, habe selbst die Interzone zu Hause (die geht eigentlich am besten beim Lesen von Naked Lunch, woher der Begriff Interzone auch kommt). Bin aber mehr Fan der ruhigen John Zorn Sachen wie das:
    http://www.youtube.com/watch?v=UftxiVLlMWA

    oder seine Book Of Angels Serie
    http://www.youtube.com/watch?v=_mmC1vkg49U&feature=related

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