Terrorismus legitimiert Überwachsungsstaat ?

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  • #6986113  | PERMALINK

    attoparsec
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    Registriert seit: 08.12.2003

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    DubbyThema siehe Thread Titel. Der (islamische) Terror, wie er in den Medien dargestellt wird. Werden hier Bilder und Nachrichten gezielt wiedergegeben um unter der Bevölkerung eine gewisse Hysterie / angst behaftete Grundstimmung zu verbreiten um die Überwachung der Bürger auszuweiten oder ist die terroristische Bedrohung wirklich derart präsent und gegenwärtig, dass das Ausbauen der Überwachung notwendig wird?

    Verbreitet von wem? Medien? Politiker? „Betroffene“ Behörden? Ich seh das schon so, dass alles, was der politischen Agenda (nämlich einem Ausbau der Überwachung) dient, auch dafür instrumentalisiert wird. Egal, welche Form des Terrorismus das nun betrifft. Das Problem ist die indirekte Bedrohung: „oh, da sind diese Salafisten, die vielleicht sogar Teil des IS sind, die kommen wieder zurück und könnten…“ Das erzeugt erstmal Angst, ob die Warnungen nun gerechtfertigt sind oder nicht. Und angesichts dieser Angst sind viele Menschen durchaus gewillt, Teile ihrer persönlichen Freiheiten oder ihre Privatsphäre aufzugeben, nur um ein vages Gefühl von Sicherheit zu bekommen.

    Was uns gerne suggeriert wird: hier ein bisschen Überwachung, da ein bisschen Datenspeicherung, Grundrechte gelten nicht mehr für alle, das ist nicht so schlimm, das merkst du doch gar nicht, aber dadurch werden wir den Terror in den Griff bekommen – was imo aber nicht funktionieren wird. 100%ige Sicherheit gibt es nicht, grade nicht in einer freiheitlichen Demokratie. Die wir ja gerne so hochhalten. Ironie der Geschichte: die Terroristen haben u.a. zum Ziel, (neben Terror, d.h. Angst etc.) uns unsere Freiheit wegzunehmen – und wir helfen ihnen auch noch dabei.

    DubbyIch gehöre zu den Leuten mit dem simplen Standpunkt „Überwachung: Ich habe nichts zu verbergen und wenn es dabei hilft terroristischen Handlungen vorzubeugen, dann sollen sie eben machen, ich sehe die Notwendigkeit“. Das ist mein derzeitiger durchaus wackeliger Standpunkt, denn ich habe erstens keine großen Kenntnisse über die tatsächliche Bedrohung des islamistischen Terrorismus, noch weiß ich nicht, wie weit es mit der Überwachung gehen kann, bis wir das Phänomen „gläserner Bürger“ haben und Stasi Verhältnisse vorherrschen.

    Eine simple und gefährliche Sichtweise. Du glaubst, dass du nicht betroffen bist – warum will der Staat dann deine Daten sammeln? Oder meine? Warum wollen die wissen, wem ich eine Mail schreibe? Und das ohne begründeten Verdacht? Vielleicht werden deine Daten aber mal interessant, weil die Ermittler in irgendeinem Forum, Portal o.ä. auf Äußerungen stoßen (oder darauf hingewiesen werden), die (für sie) von Interesse scheinen – und schon bist du „drin“. Das Problem dabei ist auch: du passt indirekt dein Verhalten an oder verzichtest auf das eine oder andere Medium bzw. passt dein Verhalten derart an, dass du nicht in ein bestimmtes Raster fällst. Hier eine Anpassung, hier eine Modifikation des Verhaltens, „ich hab ja nix zu verbergen“… der gläserne Bürger wird mehr und mehr Realität, dabei wäre ein gläserner Staat interessanter.

    Warum die Überwachung? Es ist die Hoffnung, in diesen riesigen Datenbergen vielleicht fündig zu werden, um etwas aufklären oder gar verhindern zu können. Nur: dafür gibt es keine Garantie, nur ein vages Versprechen: „wenn wir nur genug Überwachung und Befugnissee haben, ja dann…“ Wenn ich mich recht erinnere, wurde in den USA durch die Überwachung bisher kein Terroranschlag verhindert. Übrigens durch Folter auch nicht, auch wenn Dick Cheney das Gegenteil behauptet hat. Hättest du denn was gegen Folter einzuwenden? Ich mein, wenn man dadurch vielleicht einen Terroranschlag verhindern kann, das sollte es doch wert sein.

    just my 2 €cents…

    --

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    #6986115  | PERMALINK

    Bahl

    Registriert seit: 13.09.2005

    Beiträge: 1,745

    DubbyMan könnte sie vorher verhaften und so für die Gesellschaft unschädlich machen, wenn !! man sie vor der Ausführung der Tat aufgreifen kann.

    Atto hat es ja schon geschrieben, aber wie willst Du im Voraus wissen, ob Überwachungsmaßnahme XYZ bewirken könnte, dass man einen Übeltäter aufhält? Davon abgesehen muss man sich fragen, welcher Schaden dadurch auch entstehen kann. Gemessen an dem riesigen Aufwand ist der Nutzen doch einfach zu gering. Und der Schaden zu groß. Justizirrtümer gibt es – in diesem Jahr habe ich das in meinem Umfeld selbst erlebt, und ganz ehrlich, das kann niemand wollen.

    --

    Wurstberge sind auch juristisch schwer einzuordnen.
    #6986117  | PERMALINK

    Camel.Filter

    Registriert seit: 19.05.2006

    Beiträge: 4,223

    Es ist ja auch gar nicht ansatzweise möglich etwa das ganze Internet auszuspionieren und die Daten alle auszuwerten.
    Nur mal angenommen die NSA wäre jetzt in der Lage , auch nur den gesamten Maliverkehr eines Tages in Deutschland, abzuhören und aufzuzeichnenn ( ich bezweifele das selbst Dies technisch so einfach möglich ist ).
    Das wären wie viele Mails? Par Millionen mehr bestimmt.

    Wer sollte Das alles auswerten bzw. lesen?
    Wie viele Mitarbeiter müssten da beschäftigt werden?

    Hier werden par bestimmte Sachen und Portale bevorzugt überwacht und über die lässt man noch ne automatische Auswertung laufen ( die etwa auf Begriffe wie „Bombe“, „Explosion“, „Gewalt“, „Gewehr“ usw., bzw. wahrscheinlich auch noch verzwicktere Suchalgorithmen reagieren ) und erst dann – bei positivem Befund – guckt da mal Einer genauer hin.

    Sonst is das logistisch doch gar nicht zu bewerkstelligen.

    Behauptungen wie >> „Die lesen hier überall ständig immer mit“ halte ich für völlig überzogen.

    --

    #6986119  | PERMALINK

    attoparsec
    Moderator

    Registriert seit: 08.12.2003

    Beiträge: 4,613

    Camel.FilterEs ist ja auch gar nicht ansatzweise möglich etwa das ganze Internet auszuspionieren und die Daten alle auszuwerten.

    Sei dir da mal nicht so sicher…. bei Verschlüsselung etc. tun die Dienste sich schon schwer, aber da wird halt an anderer Stelle angesetzt: schwäche die dahinterliegenden Verfahren, d.h. baue Schwachstellen ein, und schon hat man ein paar Zehnerpotenzen weniger.

    Camel.FilterNur mal angenommen die NSA wäre jetzt in der Lage , auch nur den gesamten Maliverkehr eines Tages in Deutschland, abzuhören und aufzuzeichnenn ( ich bezweifele das selbst Dies technisch so einfach möglich ist ).
    Das wären wie viele Mails? Par Millionen mehr bestimmt.

    Bei 10 Millionen Mails und durchschnittlich 100 KB per Mail ist das nicht mal ein Terabyte pro Tag. Komprimiert dann nochmal Faktor 8-10 weniger. Und dass der BND 20% der Emails (Spam natürlich abgezogen, eh klar, vielen Dank an den MI5 an die Interpretationshilfe), die ins Ausland gehen, mitliest, ist doch bekannt. Ein großer Provider (vermutlich die Telekom) musste ja schon Abhörschnittstellen für den BND einrichten. Und die deutschen Mails liest dann halt ein anderer Dienst mit. Technisch kein Problem.

    Camel.FilterWer sollte Das alles auswerten bzw. lesen?
    Wie viele Mitarbeiter müssten da beschäftigt werden?

    Hier werden par bestimmte Sachen und Portale bevorzugt überwacht und über die lässt man noch ne automatische Auswertung laufen ( die etwa auf Begriffe wie „Bombe“, „Explosion“, „Gewalt“, „Gewehr“ usw., bzw. wahrscheinlich auch noch verzwicktere Suchalgorithmen reagieren ) und erst dann – bei positivem Befund – guckt da mal Einer genauer hin.

    Sonst is das logistisch doch gar nicht zu bewerkstelligen.

    Behauptungen wie >> „Die lesen hier überall ständig immer mit“ halte ich für völlig überzogen.

    Schon klar, dass da nicht Leute rumhocken und Mails lesen. Die Portale wie z.B. Facebook werden durchleuchtet (oder gleich zur Kooperation „ermuntert“), der MAD will das z.B. auch machen. Aber die Mails werden gespeichert und analysiert. Man stelle sich nur vor, irgendein Dienst würde alle Briefe öffnen (jaja, E-Mails sind ja eher wie Postkarten zu sehen), eine Kopie speichern und den Inhalt analysieren… halt, ist ja schon passiert… der Zoll hat damals jegliche Post aus der DDR geöffnet (war ja eh nur Propaganda drin) und einen guten Teil davon vernichtet.

    Und dass die Daten z.B. aus der sog. Vorratsdatensoeicherung dann nur für schwerste Straftaten hergenommen werden, glaubt doch eh keiner. Die Musik- und Filmindustrie war doch damals schon scharf auf diese Daten, da hätte man ganz ruhig jeden Urheberrechtsverletzer verfolgen können…

    --

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    #6986121  | PERMALINK

    Daray

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 31,943

    Tatsache ist, dass bereits Anschläge mit Hilfe der Geheimdienste verhindert werden konnten. Ich erinnere da nur an die IS Attentäter, die in Brisbane und Sydney im September dieses Jahres gefasst werden konnten, das verhinderte Sprengstoffattentat von Frankreich im März oder der gestern in Tel Aviv.

    Ist damit die Legitimation gewährleistet? Die Frage habe ich mir gestellt und kam zu keinem Schluss, denn ich habe mir überlegt, wieso man sie so oder so beantworten würde. Ich fand die Gedanken interessant und erlaube mir deshalb sie hier zu posten. Wer will darf sie lesen, aber ich weise darauf hin, dass sie eher als Exkurs zu betrachten sind und faktisch nichts zur Diskussion beitragen. Also los geht’s:

    Wie wir die Frage beantworten hängt von verschiedenen Faktoren ab, die nicht in der Sache selber, sondern an uns als Urteilende geknüpft sind. Der erste Faktor ist das Verständnis der Aufgabe des Staates. Der zweite Faktor ist die Wertung von Leben vs. Lebensbedingungen.

    Ich setze hier für uns Europäer voraus, dass unsere Idee der Aufgaben des Staates immer den Schutz der Bevölkerung und das Sicherstellen der bestmöglichen Lebensbedingungen der Bevölkerung zu jedem möglichen Zeitpunkt (i.e. jetzt und in Zukunft) beinhalten. Ich hoffe so weit seid ihr einverstanden. Nun haben wir im Falle staatlicher Überwachung das Problem, dass der Schutz der Bevölkerung dadurch potentiell positiv beeinflusst wird, die Lebensbedingungen aber potentiell negativ beeinflusst werden. Daher die Folgefrage: was ist uns wichtiger?

    Hier hat sich gezeigt (z.B. in GB nach den Londoner Anschlägen 2007), dass die Zustimmung zu staatlichen Massnahmen, welche die Sicherheit zulasten der Lebensbedingungen verstärken sollen, in der Bevölkerung drastisch zunimmt, sobald die Bedrohung sich manifestiert hat.
    Die Beantwortung der Frage scheint also davon abzuhängen, wie wir die Bedrohungslage sehen. Sie ist aber nicht in jedem Fall relativistisch, sondern kann auch von persönlichen Prinzipien, moralischen Positionen und religiösem Glauben abhängen. „Gebt mir Freiheit oder gebt mir den Tod!“ vs „Jeder hat das unabänderliche Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ in den Extrempositionen.

    Die Position „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ ist eine Position, die wohl die meisten Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt innehaben, aber auch eine mit der sich die wenigsten Menschen wohl fühlen und entsprechend werden alternative Wege gesucht, die eigenen Lebensbedingungen so gut wie möglich zu halten, ohne diesen Position gegen aussen vertreten zu müssen. Am populärsten ist der Versuch, die Massnahmen zur Sicherung des Lebens als unwirksam darzustellen. Denn gelingt dies, dann hat man seine Freiheit gesichert ohne anderen das Recht auf Leben absprechen zu müssen.
    Wenn wir nun aber (wie in diesem Fall) aufzeigen können, dass die Massnahmen zumindest in einigen Fällen Wirkung gezeigt haben, dann kommt ein weiterer äusserst unangenehmer Aspekt hinzu: Das Aufrechnen von Leben gegen Lebensbedingungen. Wie viele Leben ist es mir wert meine Lebensbedingungen beizubehalten? Diese Frage könnten wir eventuell sogar beantworten. Ich könnte durchaus sagen, wenn pro 1’000’000 Menschen einer pro Jahr durch ein Attentat stirbt, dann ist es das ein Opfer, welches wir gewillt sind anzunehmen, damit die anderen 999’999 ein besseres Leben führen können. Es ist für mich absolut unklar, wie wir ohne Willkür zu einer entsprechenden Zahl kommen sollen, aber es wäre zumindest eine Aussage die sich machen und dann prüfen liesse. Aber das nützt uns nichts denn die Frage ist so formuliert falsch. Denn wenn die Massnahmen umgesetzt werden, dann werden damit nicht so und so viele Leben gerettet, sondern es werden Taten verhindert, welche erst stattfinden müssten, damit wir die Toten und Verletzten quantifizieren könnten. Dadurch wird der Nutzen der Massnahmen zu etwas Abstraktem, während die Einschnitte in den Lebensbedingungen zu etwas sehr Konkretem werden können. Wenn wir also das Aufgeben bestimmter Rechte oder Privilegien gegen etwas aufwägen wollen, dann müssten wir auf Festnahmen, beschlagnahmte Waffen, Sprengstoff oder ähnliches aufwiegen, damit wir etwas Quantifizierbares haben. Und dies würde wiederum unsere Bereitschaft auf Einschränkungen unserer Lebensbedinungen stark mindern. Für ein Leben lässt es sich leichter auf etwas verzichten als für 200 Gramm Sprengstoff.

    Die andere Möglichkeit ist das Anzweifeln der Notwendigkeit der Massnahmen, in unserem Fall durch das Anzweifeln von Berichterstattung und der Absichten der Regierenden etc. Auch auf dieser Weise, kann ich vermeiden zu sagen „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer.“ Die Frage ist hier jedoch die nach dem Ei und dem Huhn. Habe ich der Regierung schon dieselben Absichten unterstellt bevor die Massnahmen in meine Sphären eingedrungen sind? Oder unterstelle ich die Absichten, eben weil sie in meine Sphäre eingedrungen sind? Habe ich den Medien schon vorher nicht geglaubt? Oder erst als ihre Berichterstattung Auswirkungen auf mich hatte?
    Aber auch die Beantwortung auf diese Fragen klärt nicht mit Sicherheit, ob ich mich vor meinem Egoismus zu schützen versuche oder aufrichtig glaube, was ich sage. Denn häufig denken wir über Dinge nicht sonderlich stark nach wenn sie uns nicht selber betreffen.

    Ich habe oben gesagt, dass die meisten Menschen die Position „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ innehaben. Wenn ich das glaube, wieso gibt es dann meiner Meinung nach dennoch viele Menschen welche Massnahmen wie staatliche Überwachung gutheissen? Die Antwort ist ziemlich analog zur Gegenposition, nur dass hier nicht der Nutzen der Massnahmen, sondern die negative Beeinflussung der Massnahmen auf die Lebensbedingungen angezweifelt werden. der häufigste Satz den man hierzu hört ist „Wer nichts tut, hat nichts zu befürchten“. Nun gibt es auch hier verschiedene Fälle, die aufzeigen, dass solche Massnahmen auch die Leben einiger unschuldiger Menschen stark beeinflusst haben. In dem Fall können wir auch hier die Frage stellen, auf wie viele Menschen darf die Massnahme sich in welchem Ausmass negativ auswirken? Und dann wieder das Problem: Gegen was wiegen wir auf?

    Wir haben bei solchen Fragen immer ein Problem: Wir haben keine Kontrollgruppe und damit keine Möglicheit zu sagen, was passiert wäre wenn wir Ja, anstatt nein gesagt hätten. Wir haben keine Möglichkeit solche Massnahmen empirisch zu prüfen. Uns fehlen also Fakten und somit bleiben uns nur historische, und kulturelle Bezüge (wie oft wird Orwell herbeigezogen, wenn es um einen Überwachungsstaat geht? Ein Buch – eine fiktive Geschichte – wird herangezogen als Argument…). Unsere Entscheidung wird beeinflusst durch das Ausmass unseres Egoismus und der Ehrlichkeit mit welcher wir diesen Vertreten, den bisherigen Urteilen und Entscheidungen, welche wir gefällt haben („Gesinnung“), sowie von unserem Wissen. Jemand, welcher die Stasi aber nie einen Anschlag erlebt hat, dürfte meiner Einschätzung nach anders urteilen als jemand der in Tel Aviv einen Anschlag erlebt hat, auch wenn alle anderen Komponenten übereinstimmen.

    Kurz gesagt: Wie wir uns entscheiden sagt mehr aus über uns als über die Faktenlage. Möglicherweise fühlen wir uns deswegen bei solchen Diskussionen auch so schnell ans Bein gepinkelt und sind häufig nicht empfänglich für die Argumente anderer.

    --

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    #6986123  | PERMALINK

    Dubby

    Registriert seit: 11.07.2009

    Beiträge: 8,301

    Tatsache ist, dass bereits Anschläge mit Hilfe der Geheimdienste verhindert werden konnten.

    Genau diese Tatsache habe ich ständig vor Augen. Es ist Tatsache, dass Überwachung Leben gerettet hat und Leben retten wird. Ist es denn dann moralisch vertretbar in der Hinsicht auf dieses Maß an Privatsphäre zu beharren, welches uns derzeit zur Verfügung steht?

    der häufigste Satz den man hierzu hört ist „Wer nichts tut, hat nichts zu befürchten“. Nun gibt es auch hier verschiedene Fälle, die aufzeigen, dass solche Massnahmen auch die Leben einiger unschuldiger Menschen stark beeinflusst haben. In dem Fall können wir auch hier die Frage stellen, auf wie viele Menschen darf die Massnahme sich in welchem Ausmass negativ auswirken? Und dann wieder das Problem: Gegen was wiegen wir auf?

    Möchtest du vielleicht noch konkrete Beispiele nennen in Bezug auf unschuldige Menschen, deren Leben durch Überwachungsmaßnahmen negativ beeinflusst wurde?
    Ich würde mir eigentlich ganz gerne die Extremwerte auf die Fragestellung anschauen:

    Extremwert (keine Überwachung): Bürger genießen eine maximale Privatsphäre. jedoch erfolgen gelegentlich Anschläge, die Menschenleben kosten.
    Extremwert (maximale Überwachung): Der transparente Bürger: die Privatsphäre tendiert gegenüber einem überwachenden Organ gegen Null, jedoch werden viele potentielle Anschläge vereitelt, ergo sterben weniger Menschen an den Folgen von Anschlägen.

    Wägt man beide Extremwerte gegeneinander ab sieht man, dass eine extreme Überwachung Menschenleben rettet, auf Kosten der Privatsphäre der Bürger. Menschenleben gegen Privatsphäre. Ich finde nicht, dass wir uns in der Position befinden fahrlässig Menschenleben zu opfern (was eine Vernachlässigung der Überwachung zur Folge hat) um unsere Privatsphäre in diesem Maße aufrecht zu halten. Ja, wir haben keine quantitative Aussage, aber gehen wir schon von einem Menschenleben aus, dann fehlt nach meinem moralischen Verständnis die Legitimation die Überwachung zu Gunsten der Privatsphäre in ihrem Ausmaß zu reduzieren. edit: man stelle sich vor, man selbst käme in der Folge eines Anschlages ums Leben, ich persönlich hätte eine pauschal erhöhte Überwachung durchaus in Kauf genommen um zu diesem Zeitpunkt noch am Leben zu sein. Ja, unwahrscheinlich, aber ein Ereignis, welches genau so theoretisch in Erscheinung treten kann.

    Es tut mir leid, aber mir fällt nach wie vor keine logische Argumentation ein, die eindeutig gegen den Ausbau des Überwachungsapparates spricht und ich finde auch nicht, dass bisher welche genannt wurden.

    --

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    #6986125  | PERMALINK

    ill.nino

    Registriert seit: 10.10.2009

    Beiträge: 82

    DubbyGenau diese Tatsache habe ich ständig vor Augen. Es ist Tatsache, dass Überwachung Leben gerettet hat und Leben retten wird. Ist es denn dann moralisch vertretbar in der Hinsicht auf dieses Maß an Privatsphäre zu beharren, welches uns derzeit zur Verfügung steht?

    Welches Preis mussten wir für diese Überwachungsaktionen bezahlen? Mir ist keiner bekannt und auch wenn so manche das behaupten, haben wir auch keine Stasi hier, die hatten brutalere Methoden.

    Aber mal eine Frage: Wo ist hier der Mittelweg? Brauchen wir den gläsernen Bürger, um Terroranschläge zu verhindern? Ich glaube nicht, weil ein „normaler“ Bürger sowas nicht macht, mir ist zumindestens kein Fall bekannt. Wohingegen von vielen Terroristen bekannt war, dass sie schon vorher keine Unschuldslämmer waren.
    Es würde reichen, wenn wir gewisse Personen/Gruppierungen näher unter die Lupe nehmen und strengere Flugzeugkontrollen, etc machen.
    Da bräuchte man jetzt nicht durch die FB-Profile zu blättern und auch keine Überwachungskameras aufzustellen. Im übrigen habe ich mal gelesen, dass es in England seit der Sache keine nenneswerte Verbesserungen gab, aber das ist ja auch nicht auf den Terrorismus bezogen.

    Wenn man meine Mails durchliest, um herauszuffinden, ob ich ein Selbstmordattentäter bin, ist mir schnuppe, solange die wieder gelöscht werden. Erstens würde ich das in Kauf nehmen, solange keine Menschen sterben/leiden müssen und zweitens macht mich nichts heiß, was ich nicht weiß.

    Hätte es nicht schon gereicht, ein Auge mehr auf den NSU zu werfen, um schlimmeres zu verhindern? Hat man nicht durch geschickte Geheimdienstarbeit die Anschläge der Sauerlandgruppe verhindern können?

    Wenn man liest, dass internationale Anschläge überwiegend von Islamisten verübt worden sind (letztens wieder in Sydney, auch wenns kein Anschlag war) und man den Aufstieg der IS betrachtet, dann sollte einem klar sein, dass es auch weiterhin Anschläge u.ä. von ihnen geben wird (der IS traue ich Anschläge zu, ganz zu schweigen von der Rückkehrern). Die Bilder und die Taten sind zu echt, um perfekt inszenierte Propaganda zu sein. Und nein, dafür muss man nicht alle Muslime überwachen oder auch am Flughafen kontrollieren.

    DubbyEs tut mir leid, aber mir fällt nach wie vor keine logische Argumentation ein, die eindeutig gegen den Ausbau des Überwachungsapparates spricht und ich finde auch nicht, dass bisher welche genannt wurden.

    Die Pro-Argumente sprechen einfach stärker dafür. Aber hat sich hier denn jemand für die totale Überwachung ausgesprochen?

    --

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    #6986127  | PERMALINK

    Daray

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 31,943

    DubbyGenau diese Tatsache habe ich ständig vor Augen. Es ist Tatsache, dass Überwachung Leben gerettet hat und Leben retten wird. Ist es denn dann moralisch vertretbar in der Hinsicht auf dieses Maß an Privatsphäre zu beharren, welches uns derzeit zur Verfügung steht?

    Möchtest du vielleicht noch konkrete Beispiele nennen in Bezug auf unschuldige Menschen, deren Leben durch Überwachungsmaßnahmen negativ beeinflusst wurde?
    Ich würde mir eigentlich ganz gerne die Extremwerte auf die Fragestellung anschauen:

    Extremwert (keine Überwachung): Bürger genießen eine maximale Privatsphäre. jedoch erfolgen gelegentlich Anschläge, die Menschenleben kosten.
    Extremwert (maximale Überwachung): Der transparente Bürger: die Privatsphäre tendiert gegenüber einem überwachenden Organ gegen Null, jedoch werden viele potentielle Anschläge vereitelt, ergo sterben weniger Menschen an den Folgen von Anschlägen.

    Wägt man beide Extremwerte gegeneinander ab sieht man, dass eine extreme Überwachung Menschenleben rettet, auf Kosten der Privatsphäre der Bürger. Menschenleben gegen Privatsphäre. Ich finde nicht, dass wir uns in der Position befinden fahrlässig Menschenleben zu opfern (was eine Vernachlässigung der Überwachung zur Folge hat) um unsere Privatsphäre in diesem Maße aufrecht zu halten. Ja, wir haben keine quantitative Aussage, aber gehen wir schon von einem Menschenleben aus, dann fehlt nach meinem moralischen Verständnis die Legitimation die Überwachung zu Gunsten der Privatsphäre in ihrem Ausmaß zu reduzieren. edit: man stelle sich vor, man selbst käme in der Folge eines Anschlages ums Leben, ich persönlich hätte eine pauschal erhöhte Überwachung durchaus in Kauf genommen um zu diesem Zeitpunkt noch am Leben zu sein. Ja, unwahrscheinlich, aber ein Ereignis, welches genau so theoretisch in Erscheinung treten kann.

    Es tut mir leid, aber mir fällt nach wie vor keine logische Argumentation ein, die eindeutig gegen den Ausbau des Überwachungsapparates spricht und ich finde auch nicht, dass bisher welche genannt wurden.

    Das Problem ist nicht der Überwachungsapparat zur Verhinderung von Gewalttaten, sondern die damit verbundene Möglichkeit des Missbrauchs. Und damit meine ich zum einen vom Missbrauch durch Personen (Ich erinnere an den grossen Skandal damals in Italien, als durch vom Geheimdienst gesammelte Daten dazu gebraucht wurden tausende Bürger zu erpressen) als auch vom Staat selber (indem die Daten für andere Zwecke als ursprünglich deklariert verwendet werden). Wenn wir davon ausgehen, dass alle Involvierten Personen und Institutionen ehrlich und linientreu sind und bleiben, dann werden keine ernsthaften Probleme durch den Überwachungsstaat entstehen meiner Meinung nach. Aber wie wahrscheinlich ist das? Wer überwacht die Überwacher? Wir sehen in den USA dass der CIA keinesfalls davor zurückschreckt sich auch Daten über den Senat zu verschaffen (im März 14 haben sie sich beim Anzapfen der Computer des Kongress erwischen lassen).

    Oder anders gesagt: sag mir einen „Überwachungsstaat“ bei dem dies nicht missbraucht wurde.

    --

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    #6986129  | PERMALINK

    Dubby

    Registriert seit: 11.07.2009

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    Das ist ein Problem, welches ich so anerkenne. Wie sich so ein Missbrauchssicheres System realisieren lässt, das weiß ich auch nicht.

    --

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    #6986131  | PERMALINK

    Daray

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 31,943

    Aber auch hier stellt sich wieder das Problem: Wie stelle ich den Missbrauch in Relation zum Nutzen. Und darauf finde ich so gar keine vernünftige oder sonst wie befriedigende Antwort.

    --

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    #6986133  | PERMALINK

    Dubby

    Registriert seit: 11.07.2009

    Beiträge: 8,301

    Jetzt mal ganz plump / schwarz weiß. Solange durch den Missbrauch keine Menschen sterben, was aber bei verringerter Überwachung der Fall sein wird, sollte der Standpunkt dann nicht recht eindeutig sein wenn man davon ausgeht, dass das Ableben eines Menschen gewichtiger ist als die Folgen von Datenmissbrauch.

    --

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    #6986135  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

    Beiträge: 4,809

    DarayTatsache ist, dass bereits Anschläge mit Hilfe der Geheimdienste verhindert werden konnten. Ich erinnere da nur an die IS Attentäter, die in Brisbane und Sydney im September dieses Jahres gefasst werden konnten, das verhinderte Sprengstoffattentat von Frankreich im März oder der gestern in Tel Aviv.

    Ist damit die Legitimation gewährleistet? Die Frage habe ich mir gestellt und kam zu keinem Schluss, denn ich habe mir überlegt, wieso man sie so oder so beantworten würde. Ich fand die Gedanken interessant und erlaube mir deshalb sie hier zu posten. Wer will darf sie lesen, aber ich weise darauf hin, dass sie eher als Exkurs zu betrachten sind und faktisch nichts zur Diskussion beitragen. Also los geht’s:

    Wie wir die Frage beantworten hängt von verschiedenen Faktoren ab, die nicht in der Sache selber, sondern an uns als Urteilende geknüpft sind. Der erste Faktor ist das Verständnis der Aufgabe des Staates. Der zweite Faktor ist die Wertung von Leben vs. Lebensbedingungen.

    Ich setze hier für uns Europäer voraus, dass unsere Idee der Aufgaben des Staates immer den Schutz der Bevölkerung und das Sicherstellen der bestmöglichen Lebensbedingungen der Bevölkerung zu jedem möglichen Zeitpunkt (i.e. jetzt und in Zukunft) beinhalten. Ich hoffe so weit seid ihr einverstanden. Nun haben wir im Falle staatlicher Überwachung das Problem, dass der Schutz der Bevölkerung dadurch potentiell positiv beeinflusst wird, die Lebensbedingungen aber potentiell negativ beeinflusst werden. Daher die Folgefrage: was ist uns wichtiger?

    Hier hat sich gezeigt (z.B. in GB nach den Londoner Anschlägen 2007), dass die Zustimmung zu staatlichen Massnahmen, welche die Sicherheit zulasten der Lebensbedingungen verstärken sollen, in der Bevölkerung drastisch zunimmt, sobald die Bedrohung sich manifestiert hat.
    Die Beantwortung der Frage scheint also davon abzuhängen, wie wir die Bedrohungslage sehen. Sie ist aber nicht in jedem Fall relativistisch, sondern kann auch von persönlichen Prinzipien, moralischen Positionen und religiösem Glauben abhängen. „Gebt mir Freiheit oder gebt mir den Tod!“ vs „Jeder hat das unabänderliche Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ in den Extrempositionen.

    Die Position „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ ist eine Position, die wohl die meisten Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt innehaben, aber auch eine mit der sich die wenigsten Menschen wohl fühlen und entsprechend werden alternative Wege gesucht, die eigenen Lebensbedingungen so gut wie möglich zu halten, ohne diesen Position gegen aussen vertreten zu müssen. Am populärsten ist der Versuch, die Massnahmen zur Sicherung des Lebens als unwirksam darzustellen. Denn gelingt dies, dann hat man seine Freiheit gesichert ohne anderen das Recht auf Leben absprechen zu müssen.
    Wenn wir nun aber (wie in diesem Fall) aufzeigen können, dass die Massnahmen zumindest in einigen Fällen Wirkung gezeigt haben, dann kommt ein weiterer äusserst unangenehmer Aspekt hinzu: Das Aufrechnen von Leben gegen Lebensbedingungen. Wie viele Leben ist es mir wert meine Lebensbedingungen beizubehalten? Diese Frage könnten wir eventuell sogar beantworten. Ich könnte durchaus sagen, wenn pro 1’000’000 Menschen einer pro Jahr durch ein Attentat stirbt, dann ist es das ein Opfer, welches wir gewillt sind anzunehmen, damit die anderen 999’999 ein besseres Leben führen können. Es ist für mich absolut unklar, wie wir ohne Willkür zu einer entsprechenden Zahl kommen sollen, aber es wäre zumindest eine Aussage die sich machen und dann prüfen liesse. Aber das nützt uns nichts denn die Frage ist so formuliert falsch. Denn wenn die Massnahmen umgesetzt werden, dann werden damit nicht so und so viele Leben gerettet, sondern es werden Taten verhindert, welche erst stattfinden müssten, damit wir die Toten und Verletzten quantifizieren könnten. Dadurch wird der Nutzen der Massnahmen zu etwas Abstraktem, während die Einschnitte in den Lebensbedingungen zu etwas sehr Konkretem werden können. Wenn wir also das Aufgeben bestimmter Rechte oder Privilegien gegen etwas aufwägen wollen, dann müssten wir auf Festnahmen, beschlagnahmte Waffen, Sprengstoff oder ähnliches aufwiegen, damit wir etwas Quantifizierbares haben. Und dies würde wiederum unsere Bereitschaft auf Einschränkungen unserer Lebensbedinungen stark mindern. Für ein Leben lässt es sich leichter auf etwas verzichten als für 200 Gramm Sprengstoff.

    Die andere Möglichkeit ist das Anzweifeln der Notwendigkeit der Massnahmen, in unserem Fall durch das Anzweifeln von Berichterstattung und der Absichten der Regierenden etc. Auch auf dieser Weise, kann ich vermeiden zu sagen „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer.“ Die Frage ist hier jedoch die nach dem Ei und dem Huhn. Habe ich der Regierung schon dieselben Absichten unterstellt bevor die Massnahmen in meine Sphären eingedrungen sind? Oder unterstelle ich die Absichten, eben weil sie in meine Sphäre eingedrungen sind? Habe ich den Medien schon vorher nicht geglaubt? Oder erst als ihre Berichterstattung Auswirkungen auf mich hatte?
    Aber auch die Beantwortung auf diese Fragen klärt nicht mit Sicherheit, ob ich mich vor meinem Egoismus zu schützen versuche oder aufrichtig glaube, was ich sage. Denn häufig denken wir über Dinge nicht sonderlich stark nach wenn sie uns nicht selber betreffen.

    Ich habe oben gesagt, dass die meisten Menschen die Position „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ innehaben. Wenn ich das glaube, wieso gibt es dann meiner Meinung nach dennoch viele Menschen welche Massnahmen wie staatliche Überwachung gutheissen? Die Antwort ist ziemlich analog zur Gegenposition, nur dass hier nicht der Nutzen der Massnahmen, sondern die negative Beeinflussung der Massnahmen auf die Lebensbedingungen angezweifelt werden. der häufigste Satz den man hierzu hört ist „Wer nichts tut, hat nichts zu befürchten“. Nun gibt es auch hier verschiedene Fälle, die aufzeigen, dass solche Massnahmen auch die Leben einiger unschuldiger Menschen stark beeinflusst haben. In dem Fall können wir auch hier die Frage stellen, auf wie viele Menschen darf die Massnahme sich in welchem Ausmass negativ auswirken? Und dann wieder das Problem: Gegen was wiegen wir auf?

    Wir haben bei solchen Fragen immer ein Problem: Wir haben keine Kontrollgruppe und damit keine Möglicheit zu sagen, was passiert wäre wenn wir Ja, anstatt nein gesagt hätten. Wir haben keine Möglichkeit solche Massnahmen empirisch zu prüfen. Uns fehlen also Fakten und somit bleiben uns nur historische, und kulturelle Bezüge (wie oft wird Orwell herbeigezogen, wenn es um einen Überwachungsstaat geht? Ein Buch – eine fiktive Geschichte – wird herangezogen als Argument…). Unsere Entscheidung wird beeinflusst durch das Ausmass unseres Egoismus und der Ehrlichkeit mit welcher wir diesen Vertreten, den bisherigen Urteilen und Entscheidungen, welche wir gefällt haben („Gesinnung“), sowie von unserem Wissen. Jemand, welcher die Stasi aber nie einen Anschlag erlebt hat, dürfte meiner Einschätzung nach anders urteilen als jemand der in Tel Aviv einen Anschlag erlebt hat, auch wenn alle anderen Komponenten übereinstimmen.

    Kurz gesagt: Wie wir uns entscheiden sagt mehr aus über uns als über die Faktenlage. Möglicherweise fühlen wir uns deswegen bei solchen Diskussionen auch so schnell ans Bein gepinkelt und sind häufig nicht empfänglich für die Argumente anderer.

    Interessanter Gedankengank, zu dem ich aber ein paar Sachen anmerken möchte:

    1, Warum muss man „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ denken, um gegen Überwachung zu sein? Warum kann es nicht „Die Lebensbedingungen der Leute sind mir wichtiger als das Leben von Wenigen“ heißen? Warum muss es diese egoistische Position sein? Es sind ja nicht nur meine Lebensbedingungen davon betroffen, sondern die der Anderen auch.

    2, Wir leben in einer Welt mit begrenzen Ressourcen, und der Preis der Überwachung ist daher nicht nur unsere Privatsphäre sondern auch verdammt viel Ressourcen, die man anderweitig verewnden hätte können. Weißt du wieviel wir für „Sicherheitsmaßnahmen“ an Flughäfen ausgeben? Was so die Budgets der Geheimdiesnte sind? Selbst wenn es stimmen würde, dass sie uns sicherer machen, müssen wir uns die Frage stellen, ob man mit dem gleichen Geld nicht noch viel mehr Menschen retten hätte können – und ich würde darauf wetten, dass das so ist.

    3, zu deinen Beispielen aus Australien und Frankreich: Welche Überwachungsmaßnahmen haben denn da zum Ziel geführt (ich weiß es nicht)? Klassisches Geheimdienstliches Vorgehen, oder NSA-style Massenüberwachung von Kommunikation? Ich kann mich nur erinnern, dass das Pentagon nach den Snowden-Enthüllungen mal wissen wollte, wieviele Anschläge denn durch die von Snowden enthüllten Maßnahmen verhindert werden konnten. Die Antwort viel verdammt mager aus (nichts Nennenswertes), und kam sogar von den Geheimdiensten selbst. Dass wir keine Fakten über die Wirksamkeit von wenigstens einem Teil der Überwachungsmethoden haben, würde ich angesichts dessen nicht sagen.

    #6986137  | PERMALINK

    Necrofiend

    Registriert seit: 17.12.2004

    Beiträge: 27,709

    Also ich find meine (und/oder auch die vieler) Privatsphäre ist schon ein paar Menschenleben wert…

    --

    Support the dying cult of underground metal! Stay black and brutal forever! If it was not for my parents I would have tried to kill myself before Instead i listend to Slayer and dreamt on A world without war is like a city without whores
    #6986139  | PERMALINK

    Daray

    Registriert seit: 18.04.2004

    Beiträge: 31,943

    abrakadabraInteressanter Gedankengank, zu dem ich aber ein paar Sachen anmerken möchte:

    1, Warum muss man „Ich und meine Lebensbedingungen sind mir wichtiger als das Leben anderer“ denken, um gegen Überwachung zu sein? Warum kann es nicht „Die Lebensbedingungen der Leute sind mir wichtiger als das Leben von Wenigen“ heißen? Warum muss es diese egoistische Position sein? Es sind ja nicht nur meine Lebensbedingungen davon betroffen, sondern die der Anderen auch.
    Das muss man nicht. Das ist mir wichtig zu betonen. Ich selber bin der Auffassung, dass der Mensch primär aus Egoismus handelt. Es ist kein Fakt, aber es beeinflusst natürlich mein Denken enorm.
    Eine Frage die mir jedoch direkt kommt zur Einstellung „Die Lebensbedingungen der Leute sind mir wichtiger als das Leben von Wenigen“ ist, welche Leute das denn sind?

    [Quote]
    2, Wir leben in einer Welt mit begrenzen Ressourcen, und der Preis der Überwachung ist daher nicht nur unsere Privatsphäre sondern auch verdammt viel Ressourcen, die man anderweitig verewnden hätte können. Weißt du wieviel wir für „Sicherheitsmaßnahmen“ an Flughäfen ausgeben? Was so die Budgets der Geheimdiesnte sind? Selbst wenn es stimmen würde, dass sie uns sicherer machen, müssen wir uns die Frage stellen, ob man mit dem gleichen Geld nicht noch viel mehr Menschen retten hätte können – und ich würde darauf wetten, dass das so ist.
    Würde ich mit keinem Wort bestreiten wollen. Meine Gedankengänge waren sicher nicht umfassend und sie beinhalten sehr wenig Fakten. Sie sollten auch nicht wertend sein und schon gar nicht sollten sie einer bestimmten Position in die Hände spielen. Es waren nur gerade die Gedanken, welche ich hatte, als ich mir überlegt hatte, wie ich als Mensch hier zu einer Position gelange. Es war ein netter Ausflug und keineswegs wollte ich behaupten diese Gedanken seien Fakt.

    [Quote]
    3, zu deinen Beispielen aus Australien und Frankreich: Welche Überwachungsmaßnahmen haben denn da zum Ziel geführt (ich weiß es nicht)? Klassisches Geheimdienstliches Vorgehen, oder NSA-style Massenüberwachung von Kommunikation? Ich kann mich nur erinnern, dass das Pentagon nach den Snowden-Enthüllungen mal wissen wollte, wieviele Anschläge denn durch die von Snowden enthüllten Maßnahmen verhindert werden konnten. Die Antwort viel verdammt mager aus (nichts Nennenswertes), und kam sogar von den Geheimdiensten selbst. Dass wir keine Fakten über die Wirksamkeit von wenigstens einem Teil der Überwachungsmethoden haben, würde ich angesichts dessen nicht sagen.

    Ich habe gelesen, dass E-Mail verkehr eine Rolle gespielt hat, aber wie dieser abgefangen wurde, dazu vermag ich nichts zu sagen. Müsste ich erst wieder googeln.

    --

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    #6986141  | PERMALINK

    abrakadabra

    Registriert seit: 31.03.2008

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    DubbyJetzt mal ganz plump / schwarz weiß. Solange durch den Missbrauch keine Menschen sterben, was aber bei verringerter Überwachung der Fall sein wird, sollte der Standpunkt dann nicht recht eindeutig sein wenn man davon ausgeht, dass das Ableben eines Menschen gewichtiger ist als die Folgen von Datenmissbrauch.

    Warum sollte dann der „Standpunkt eindeutig sein“? Was sind denn ein paar Wenige gegen die Privatsphäre von fast allen? Ein geringer Preis, wenn du mich fragst.

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