Das Leben und Sterben der Festivals

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  • #101263  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

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    Die Festivalszene Deutschlands wächst und wächst – und das schon seit Jahren. Während das einerseits zu einer Ausdifferenzierung der Festivallandschaft führt, geht das Wegsterben liebgewonnener Veranstaltungen genauso natürlich damit einher. Wir schauen auf Gründe, warum Festivals ins Gras beißen müssen – und auf Hände, an denen Festivalblut klebt.

    Hat man einmal ein schönes Festival gefunden, dessen Größe, Booking, Fressstände und Anreiseweg einem pläsieren, fühlt man sich wie ein heimkehrender Odysseus nach turbulenten Reisestrapazen. Wie arg ist dann der Schmerz, wenn das liebgewonnene Musikfest den Dienst quittiert und in die ewigen Festivalgründe einkehrt. Mir brach einst das Herz, als das Area4 bei Lüdinghausen zu Grabe kroch – damals waren rote Zahlen der Grund. In einer offiziellen Erklärung verriet Jasper Barendregt, Festivalleiter des Veranstalterriesens FKP Scorpio, dass anspruchsvolles Line-Up, Infrastruktur und humane Ticketpreise mit den Besucherzahlen schon seit Jahren in einer Schieflage hingen. Schon damals erläuterte Andreas Möller vom mitverantwortlichen Konzertbüro Schoneberg, dass es nicht leicht sei, sich im dichtbevölkertsten Bundesland mit einer ähnlich dichten Festivalszene durchzusetzen – und das selbst mit großer Konzertagentur im Rücken. Das ist auch heute noch wahr.

    [h=3]Festivals im Bann der Großkonzerne
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    Weh getan hat 2015 vor allem der Abschied vom Serengeti Festival. Die Besucherzahlen waren konstant gut, der Rummel lief, aber das Aus war unabwendbar. Grund: Im brutalen Wettrüsten der Giga-Festivals könne ein unabhängiges Festival nicht mehr mithalten. Ohne Anziehen der Ticketpreise, Stauchung der Dauer und/oder Senken der Qualität sei eine Durchführung nicht mehr möglich, so die Veranstalter. In einer offiziellen Erklärung heißt es: „Die Entwicklungen im deutschen und internationalen Festivalmarkt haben sich in den vergangenen Jahren zugespitzt: Steigende Gagen, immer mehr Festivals bieten um die gleichen Bands, höhere Produktionskosten und eine weitgehende Kontrolle der Festivallandschaft durch wenige Großkonzerne haben letztlich zu einer Situation geführt, in der ein unabhängiges Open Air im Format des Serengeti Festivals nicht mehr nachhaltig und budgetär seriös arbeiten kann.“
    Ein ähnliches Schicksal ereilte das Blackfield Festival im Gelsenkirchener Amphitheater. Im Gespräch erklärte uns Veranstalter Dirk Zimmer: „Die Kosten haben sich in Relation zu den Preisen immens erhöht und wir sind an der Kapazitätsgrenze.“ Gemeint sind dabei Gagen, Security, Bühnentechnik usw. Seit der Loveparade-Katastrophe 2010 in Duisburg sind zudem Sicherheitskonzepte komplexer, umfassender und dadurch auch teurer geworden.

    Andere, noch kleinere und unabhängig geführte Festivals, wie das Freefall in Moers oder das Phono Pop Festival bei Rüsselsheim, liefen 2015 aus, weil die in Eigenregie handelnden Betreiber vom Zeitaufwand überwältigt wurden. In Moers erschwerten schon erwähnte Sicherheitsbestimmungen die Umsetzung und kurbelten die Vorbereitungszeit exponentiell nach oben – untragbar für Hobby-Festivalmacher. Außerdem zog sich die Stadt aus der Förderung zurück – ähnlich wie Mönchengladbach beim Horst Festival, das dafür 2014 den Dienst quittierte. Gleiches berichten die Phono Pop Macher, die non-profit, low-budget und ehrenamtlich arbeiteten, dies aber nicht 365 Tage im Jahr leisten können. Ein zarter Versuch, Ähnliches in Krefeld mit dem Greengos zu realisieren, erstickte schon im Keim – trotz Bio-Catering, Charity-Gedanken und hohem privatem Einsatz konnte der Ticketvorverkauf nicht genug abwerfen, um hinterher ein rentables Festival zu ergeben.
    Doch auch für weniger unabhängige Festivals mit großem Sponsor im Rücken scheint der Markt unerbitterlich. Das MiXery HipHop Open in Stuttgart gab nach 15 Jahren den Löffel ab – auch mit großer Getränkemarke im Namen. Dazu ließen die Veranstalter verlauten, dass ein „Ein-Tages-Festival aufgrund der stetig steigenden Kosten (Produktion, GEMA, Personal, etc.) wirtschaftlich nicht mehr darstellbar und auch nicht mehr zeitgemäß“ sei.

    [h=3]Feind der Fans: Die Gebietsschutzklausel
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    Nun könnte man diese Bewegungen in der Festivallandschaft als ganz normales Wachsen und Verfallen eines übersättigten Veranstaltungsmarktes betrachten, schließlich machen in der Gastro- und Partyszene auch alle zwei Monate Läden zu und andere auf. Das würde allerdings eine tiefergreifende Problematik verschleiern – eine, die nicht wirklich neu in der westlichen Welt und ihrer kapitalistischen Denke ist. Das Bein, über das alle genannten Festivals in der einen oder anderen Art stolpern, sind die ganz großen Festivals (ja, wir schauen auf euch, Rock am Ring und Co.), die inzwischen wie Großkonzerne agieren und sich durch enorme finanzielle Polster einiges erlauben können. Dazu gehört auch die Headliner-Jagd, mit der die Großveranstaltungen dem Markt jegliches Blut aussaugen. Alles, was Rang und Namen in der Musikszene hat, wird gnadenlos weggebucht und auf die eigene Bühne gestellt – dazu greift dann oft die so genannte Gebietsschutzklausel, die in gar mannigfaltiger Ausführung vom Veranstalter angesetzt werden kann. Ihr Effekt: Bands treten bei Festival A auf, unterschreiben eine Klausel, dass sie in einem Umkreis von X Kilometern keine weiteren Shows geben, und wenn dies aus Gnade doch erlaubt ist, darf die Ankündigung erst nach Y Monaten erfolgen. Ein extremes Beispiel: Kiss spielen im Juni auf einem Festival im Süden Deutschlands – und damit ist der Kiss-Konzertsommer in Süddeutschland auch schon gelaufen. Alle anderen Veranstaltungen müssen in die Röhre schauen. Das ist Kiss relativ egal, dem geneigten Zuschauer, der an besagtem Festival vielleicht keine Zeit hat, aber nicht – denn für ein Konzert seiner Lieblingsband muss er nun zu dem einen Termin im Norden Deutschlands fahren, der alle anderen Norddeutschlandtermine per besonders teuer bezahlter Gebietsschutzklausel verhindert.

    [h=3]Wer ist schuld?
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    Aber wer ist schuld? Sind es die Bands, die diesen Klauseln zustimmen und ihre Seele für einen Auftritt auf der ganz großen Bühne vermieten? Schwierig, immerhin müssen gerade Newcomer sich erstmal im Line-Up hocharbeiten – und das funktioniert natürlich besser durch Auftritte auf großen Bühnen, als auf dem süßen Indiefest auf Bauer Brauses Kuhwiese. Etablierte Namen hingegen können, sollen und müssen ihr Standing im Musikbusiness dahingehend nutzen, um zu strengen Klauseln auch mal „Nein“ zu sagen, um lieber die Kuhwiese, als die dicke Gage mit sexy Backstage-Lounge zu rocken.
    Eindeutiger kann man den Finger auf jene richten, die Klauseln anbringen und Geld und Einfluss dafür nutzen, die eigene Vormachtstellung weiter auszubauen, um im gleichen Atemzug kleinen Festivals das Futter aus den Pfoten zu reißen. Natürlich agieren Festivalveranstalter in einem hart umstrittenen Markt, in dem sich niemand gerne etwas schenkt und jede Strategie zur Sicherung der nächsten Veranstaltung wahrgenommen werden muss. Riesige Agenturen wie etwa FKP Scorpio (Hurricane) veranstalten inzwischen auch selbst kleinere Formate, wie etwa das A Summer’s Tale, das mit dem finanziellen Background der Agentur ein sehr gutes, mainstreamfernes Line-Up plus Rahmenprogramm für eine gemäßigte Besucherzahl anbieten kann. Kommen aber alle diese Konzepte nur aus zwei bis drei großen Konzernen, kann von Vielfalt und Diversität keine Rede sein. Ein Staat, der lediglich von einer großen Partei regiert wird, heißt schließlich auch nicht Demokratie, sondern Diktatur.

    Richten wir also den Finger auf uns selbst – die zahlenden Gäste. Natürlich wollen wir gute Bands auf dicken Bühnen sehen, von denen es Konfetti und Pyro regnet. Natürlich wollen wir an einem Wochenende möglichst viele unserer Lieblingsbands versammelt sehen. Wollen wir aber etwas an oben beschriebener Industrie ändern, ist die Verweigerung unseres Taschengelds für beschriebene Großveranstaltungen eine sinnvolle Methode. Wie in vielen anderen Bereichen von Kultur und Lifestyle ist das Kredo „support your local“ durchaus eine Losung, die Aufwind hat. Wer trendig essen gehen will, verzichtet auf die vor einigen Jahren noch top angesagten Ketten und Franchises und diniert lieber in der lokal geführten, unabhängigen Imbissbude. Ähnliche Bewegungen verzeichnen Lebensmittelhändler und Bekleidungsgeschäfte. Können wir also auch beim Thema Musikfestival zurück zum Lokalen? Zeigen wir doch etwas Mut und gehen auf das kleine Indie-Fest auf der Bauernwiese, wo wir nicht Kiss oder die Foo Fighters sehen, aber vielleicht unsere nächste Lieblingsband, von deren Existenz wir noch gar nichts wussten. Sind wir doch so mutig und vertrauen kleinen Newcomern, dass sie genauso gute Musik und Shows machen können, wie die ewigen Zugpferde der Festivalbranche. Und zelten, saufen, Ravioli? Kann man auffer Kuhwiese genauso gut, wie zwischen 79.999 Wochenendrockern. Und da sind die Kloschlangen wenigstens nicht so lang.

    http://www.coolibri.de/redaktion/musik/festivals15/das-leben-und-sterben-der-festivals.html

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    Highlights von metal-hammer.de
    #7039719  | PERMALINK

    DeathHuman

    Registriert seit: 09.07.2013

    Beiträge: 11,864

    Ich mag Festivals nicht.

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    True Black Metal: No Mosh, No Core, No Fun, No Trends
    #7039721  | PERMALINK

    Lazarus_132

    Registriert seit: 18.05.2009

    Beiträge: 19,104

    Och so kleinere Festivals sind schon ganz cool. Rockharz hat schon einen ordentlichen Eindruck gemacht. Nich so voll, gemütlich alles in der nähe. war cool. und ansonten: naja es liegt jedenfalls nicht an den Kosten für die Belegschaft. Es gibt auch echt zuviele Festivals. jedes kleine Pissdorf will ja mittlerweile ein eigenes veranstalten.

    --

    [COLOR=#ff0000]Last.fm[/COLOR] [COLOR=#ffa500]Musiksammlung[/COLOR] [COLOR=#00ffff]Filmsammlung[/COLOR] [COLOR=#00ff00]Comicsammlung[/COLOR] "Die Bestie hat meine Parkanlagen verwüstet! Das verzeihe ich dir nie! NIEMALS King Ghidorah!!!"
    #7039723  | PERMALINK

    DeathHuman

    Registriert seit: 09.07.2013

    Beiträge: 11,864

    Kleinere Festivals sind bestimmt besser.
    Dazu könnte ich mich sogar überreden lassen.

    Bei größeren Festivals bleibt für mich die Musik immer zu sehr auf der Strecke.
    Und es sind zu viele Menschen da.

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    True Black Metal: No Mosh, No Core, No Fun, No Trends
    #7039725  | PERMALINK

    Infernal Overkiller

    Registriert seit: 22.03.2007

    Beiträge: 5,365

    Ja hier sind auch einige weggefallen die ich gemocht hab. Ich denk da an das „Suffering Life“, „Queens of Metal“, „Way of Darkness“, „Winterbreath“ und „Up from the Ground“.

    #7039727  | PERMALINK

    Benson

    Registriert seit: 06.05.2010

    Beiträge: 2,893

    Kleine Festivals sind cool. Zwischen 10.000 und 20.000 Besucher sind mehr als ausreichend. Alles darüber hinaus ist mir auch zu viel.

    [B.]

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    GIB MIR EIN LEITBILD!
    #7039729  | PERMALINK

    Necrofiend

    Registriert seit: 17.12.2004

    Beiträge: 27,709

    BensonKleine Festivals sind cool. Zwischen 10.000 und 20.000 Besucher sind mehr als ausreichend. Alles darüber hinaus ist mir auch zu viel.

    [B.]

    Ich würde das nochmal durch 10 teilen. Und in dem Bereich ist die Fluktuation noch höher, da die oft eher semiprofessipnell laufen.

    --

    Support the dying cult of underground metal! Stay black and brutal forever! If it was not for my parents I would have tried to kill myself before Instead i listend to Slayer and dreamt on A world without war is like a city without whores
    #7039731  | PERMALINK

    Bahl

    Registriert seit: 13.09.2005

    Beiträge: 1,745

    Interessanter Artikel. Ich würde allerdings, wenn überhaupt, auch nur auf ein Festival in Necrofiends Grössenordnung gehen. Am besten sind immer noch Konzerte in kleinen Clubs. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Festival da mithalten kann. Aber für Festivalgänger ist die Entwicklung sicher unschön.

    --

    Wurstberge sind auch juristisch schwer einzuordnen.
    #7039733  | PERMALINK

    DeathHuman

    Registriert seit: 09.07.2013

    Beiträge: 11,864

    BahlInteressanter Artikel. Ich würde allerdings, wenn überhaupt, auch nur auf ein Festival in Necrofiends Grössenordnung gehen. Am besten sind immer noch Konzerte in kleinen Clubs. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass ein Festival da mithalten kann. Aber für Festivalgänger ist die Entwicklung sicher unschön.

    Seh ich auch so.
    Kleine Clubs sind am besten.

    --

    True Black Metal: No Mosh, No Core, No Fun, No Trends
    #7039735  | PERMALINK

    Blackadder

    Registriert seit: 16.12.2003

    Beiträge: 5,613

    wenn es einem nur um die band/musik geht ja, aber das kann das festival/camping-gefühl nicht ersetzen, das ich im sommer auch öfter mal genießen möchte

    --

    17.07.Ignite 24.-30.07.Metaldays 01.12. Life of Agony
    #7039737  | PERMALINK

    Infernal Overkiller

    Registriert seit: 22.03.2007

    Beiträge: 5,365

    DeathHumanSeh ich auch so.
    Kleine Clubs sind am besten.

    Im Grunde schon, gibt aber ja auch so halbe Indoor Festivals wie das Keep It True, Hammer of Doom oder Raging Death Date (alle nicht zu groß und zu empfehlen).
    Von der Größe geh ich maximal bis 10.000. Das Party San hatte glaube ich dieses Jahr 9000 Besucher, das war zwar groß empfand ich aber noch als angenehm. Hatte aber auch einen guten Zeltplatz.

    #7039739  | PERMALINK

    Saro

    Registriert seit: 13.10.2010

    Beiträge: 7,079

    Bin nun nicht der Festivalgänger, auch wenn ich hin und wieder mal eines besuche. Das sind dann aber auch kleinere Festivals, und dass ich kein Festivalfreund bin, liegt halt an den ganzen Clowns und Touristen. Habe so was von keinen Nerv auf diese Menschen. Dazu kommt, dass es mir auch ab einer bestimmten Größe nicht mehr gefällt. Vor zwei Jahren das Maiden-Fest… geile Setlist, aber für meinen Geschmack viel zu groß. Mag es nicht auf Leinwände starren zu müssen um etwas erkennen zu können. Dann kann ich mir auch gleich die DVD holen. Ist günstiger und ich habe sogar nen coolen Sitzplatz. 😉

    #7039741  | PERMALINK

    Infernal Overkiller

    Registriert seit: 22.03.2007

    Beiträge: 5,365

    Saro dass ich kein Festivalfreund bin, liegt halt an den ganzen Clowns und Touristen. Habe so was von keinen Nerv auf diese Menschen. Dazu kommt, dass es mir auch ab einer bestimmten Größe nicht mehr gefällt.

    Dann gehst du halt auf die falschen 😉

    #7039743  | PERMALINK

    Necrofiend

    Registriert seit: 17.12.2004

    Beiträge: 27,709

    Infernal OverkillerDann gehst du halt auf die falschen 😉

    Jo.

    Beim Death Doome The Age statt ja Verkleidungen unerwünscht in den AGBs. Und beim NWN Fest würde man vermutlich direkt auf’s Maul bekommen…

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    #7039745  | PERMALINK

    Mr.Torture

    Registriert seit: 14.01.2007

    Beiträge: 13,931

    DeathHumanSeh ich auch so.
    Kleine Clubs sind am besten.

    Und wwieviel davon besucht du das jahr

    --

    John Wayne"Ich traue keinem Mann, der keinen Alkohol trinkt"
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