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sorry für die späte antwort:
es ist offensichtlich, dass intellektuelle tätigkeiten mit großen freunden verbunden sein können – freuden, die jenen nicht zugänglich sind, die nicht über ausreichenden intellekt (wie zb. epsilons) verfügen. insofern ist deine frage sehr berechtigt, und ich habe sie mir schon selbst gestellt, und versucht die antwort zu finden. ich bin zum „ergebnis“ gekommen, dass der vorteil an, nennen wir es „komplexere freuden“, hauptsächlich in ihrere größeren nachhaltigkeit liegen, nicht in ihrer intensität. ich kenne zb. das gefühl einen mathematischen beweis gefunden, oder endlich niedergeschrieben, zu haben, und ich empfinde es als etwas sehr erfüllendes und lang anhaltendes. ich denke jedoch nicht, dass komplexe freuden, so weit sie mir zugänglich sind, in ihrer intensität stärker sind als einfachere – wie zb. sex, das konsumieren von drogen, das bestaunen von schönen sachen (ich tauche sehr gerne, und das gefühl zb. einen wal zu sehen, ist unglaublich), oder das erzielen sportlicher erfolge (tore schießen beim fußball, trys legen beim rugby etc.). ich kann nicht behaupten, dass intellektuelle freuden in mir ein intensiveres glücksgefühl erzeugen, als letzgenannte, jedenfalls so weit ich mich selbst einschätzen kann – sie halten nur länger an. ich habe auch mal mit einem ex heroinjunkie gesprochen, der mir sagte, dass nichts das er jemals erlebte, so schön sei wie heroin zu nehmen.
Die leute aus brave new world haben aber das problem der kurzzeitigkeit der einfachen freuden nicht – sie haben dauernd soma, sex und manipulierte gehirne, und empfinden, so stelle ich mir jedenfalls brave new world vor, diese einfachen freuden fast dauernd – also haben sie insgesamt mehr freude als ich, oder sonst jemand in unserer gesellschaft.
was die frage, ob ich mir eine brave new world ähnliche gesellschaft politisch wünschen würde: wenn ich die macht hätte, unsere welt in die brave new world zu verwandeln, würde ich es tun. ich weiß aber, dass solche macht niemand hat, weil wir technisch noch nicht weit genug sind. wir haben kein soma (jedenfalls wüsste ich nicht, welche droge in frage käme), keine hinreichend gute gentechnik, nicht genug loyale leute die das durchziehen würden, keine gedankenmanipulation etc – und alles das bräuchte man, um brave new world zu erschaffen. ich denke nicht, dass man sich schrittweise auf sowas hinentwickeln kann, jedenfalls nicht über einen gewissen grad hinaus. alles oder nichts.
edit: wenn es etwas wie „anti brave new world“ gäbe, in dem die leute alle hauptsächlich intellektuelle freuden empfinden, und damit glücklicher wären, oder mindestens gleich glücklich, wie die leute in brave new world, hätte ich dagegen natürlich gar nichts.