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Der alte Wanderer – ein heidnisches Julmärche
für RobatEs war zu ebenjener Zeit im Winter, als sich in meinem Dorf eine höchst merkwürdige Geschichte ereignete.
Es muss irgendwann im späten Dezember gewesen sein, als es in einer besonders harten und stürmischen Rauhnacht laut an unserer Tür klopfte. Just wehte ein frostiger Windzug jaulend durch den Kamin und Funken stoben aus der Glut in alle Richtungen. Die beiden Hunde, die gerade noch friedlich vor dem warmen Kamin schliefen, schreckten auf und begannen das Klopfen an der Tür mit langem, andauerndem Gejaule zu beantworten.
Mein Vater und meine Mutter blickten sich erschrocken an. Wer klopfte zu dieser späten Stunde noch an die Türen fremder Häuser? Gewiss war es ein Wegelagerer…oder gar Schlimmeres.
Meine Mutter griff nach ihrem Rosenkranz und mein Vater legte vorsichtshalber seine schwere Holzfälleraxt griffbereit neben die Tür, bevor er sie zögerlich einen Spalt öffnete. Nur mein altehrwürdiges Großmütterchen, das uralte, liebenswerte Wurzelweib, blieb gelassen und starrte friedlich und in sich gekehrt in die wärmespendende Glut des Kamins.Ich konnte die Angst meiner Eltern nur zu gut verstehen. Es war eine Zeit, in der das Christentum noch nicht lange Fuß in den Herzen der Menschen gefasst hatte, und man erzählte sich noch allerhand schaurige Märchen von den alten Göttern und deren Macht. Diese Sagen waren vor allem in den lichtlosen Nächten des Winters in unserer Gegend noch sehr lebendig.
Vor der Tür stand, gehüllt in einen langen, grauen Mantel ein buckliger, alter Greis von gebrechlicher Figur. Er trug einen beeindruckenden Bart und in der rechten Hand einen knorrigen Wanderstab, der gar wunderlich verziert war. Sein Schlapphut war tief in sein Gesicht gezogen, um ihn vor Schnee und Wind zu schützen. Wie sich herausstellte, bat der alte Mann meinen Vater um Einlass und Unterkunft für die Nacht, sowie um etwas Proviant, um seinen Hunger zu stillen.
„Wir lassen keine Fremden in unser Haus!“ entgegnete mein Vater schroff. „Such dir eine andere Bleibe, Väterchen…“
Der Alte verzog keine Miene und antwortete ruhig: „So habe ich es bereits versucht, doch niemand in diesem Dorf erwies mir die Gnade einer Unterkunft. Erfrieren muss ich, helft ihr mir nicht…“Da erhob sich meine Großmutter aus ihrem Lehnstuhl und trat an Vater heran.
„So lass ihn doch herein. Es sieht ja ganz fürchterlich erfroren aus, das Väterchen. Und bedenke: Suchten Josef und Maria in der heiligen Nacht nicht ebenso nach einer Unterkunft?“
Ich blickte Großmutter an und sie zwinkerte mir neckisch zu. Der alte Mann vor der Tür grinste verschmitzt und trat dann auf die Bitte meines Vaters ein.
Wie wir alsbald erfuhren, war das Väterchen ein alter Medicus auf Wanderschaft, der sich in den Wirren des Schneesturms verlaufen hatte. Wir boten ihm, unter den kritischen Augen meiner Mutter, Speiß und Trank an, und betteten ihn anschließend auf ein eilig errichtetes Lager aus Stroh am Kamin. Dann legten auch wir uns zur Ruh.Mitten in der Nacht wurde ich durch ein lautes Poltern aus meinem Schlaf gerissen. Ich schreckte aus meinem Lager hoch und erblickte verwundert zwei schwarze Vögel, die sich frecherweise an meiner Steinesammlung zu schaffen machten.
Mit einem Reisigbesen versuchte ich die beiden finsteren Vögel aus meinem Zimmer zu vertreiben, doch flink schlugen sie Haken und entwischten mir in die Stube. Eilig zog ich mir etwas an um hinterherzulaufen, stockte jedoch an der Treppe nach unten. Aus der Stube hörte ich Schritte.
Leise schlich ich die Treppe hinab, dabei stets bemüht, die knarrenden Stufen zu vermeiden. Auf halber Strecke spähte ich in den, vom Kaminschein erhellten Wohnraum.Zu meinem Erstaunen erblickte ich dort den alten Greis, der im flackernden Feuerschein garnichtmehr so buckelig und greisenhaft wirkte, wie er aus einem kleinen Leinenbeutel allerlei Köstlichkeiten auf unserem Tisch gruppierte. Würste, Brot und Käse, kalter Braten und Krüge voller Honigbier. Ich erkannte sogar einen Teller voller Nüsse, Äpfel und anderem Nachwerk. Ich rieb mir die Augen…träumte ich? Nein, gewiss nicht…der alte Mann war immer noch in unserer Stube. Sein Mantel, der am Abend noch so grau und lumpig wirkte, schien jetzt von einem reinen himmelsblau zu sein, und der Bart wallte majestätisch unter dem eigentümlichen Schlapphut hervor.
Das Väterchen beendete sein Werk und lachte leise in sich hinein. Dann zündete er eine Kerze auf dem Kaminsims an, griff nach seinem gewundenen Wanderstab und schritt behäbig zur Tür. Erst jetzt sah ich, dass die beiden dunklen Vögel, die soeben noch in meinem Zimmer gewütet hatten, ihm zu seinen Füßen folgten, wie zwei Hunde ihrem Herrn. Das musste, das konnte nur ein Traum sein…Eine Hand legte sich sanft auf meine Schulter, erschrocken drehte ich mich um. Großmutter saß auf dem Treppenabsatz über mir und lächelte mir milde zu.
„Das ist der wahre Dank für Gastfreundschaft in einer kalten Nacht.“, sprach sie zu mir und fuhr fort: „Du darfst nie vergessen, dass wir glauben sollen. Auch wenn wir nur noch wenige sind. Ohne uns werden sie vergessen. Aber so wie wir für ihre Gaben dankbar sind, so sind sie dankbar für die Unseren.“
Sie streichelte mir durch das Haar und schwieg eine Weile. Ich wusste, dass Großmütterchen noch aus der alten Zeit stammte, bevor die Lehre des Kreuzes in unser Tal kam. Damals sammelte sie Wurzeln und Kräuter und braute wunderliche Tränke daraus. Diese Zeiten waren aber lange vergangen.
Von draußen hörte ich lautes Hufgetrampel. Da wusste ich, wer der alte Wanderer war.Rauhnacht
Zu später Stunde
in eisiger Nacht
der Wilde Jäger
die Runde machtEr tost und er wütet
und reitet voran
im Gefolge die Toten
gut zehntausend MannMit flammenden Augen
Mit Schild und mit Speer
prischt’s nun heran
des Wodanaz HeerErst wenn es dämmert
Mit des Fenrirswolf Fall
Kehrn sie zurück
in die Hall’n von WalhallHerr Wode belohnt die Starken
für Jurek und MartinHier im Norden, wo das Land rauh und die Götter noch wild sind, existieren von jeher allerhand Geschichten aus der alten Zeit, vor dem Siegeszug des Kreuzes.
Und immer, wenn der Winter über uns hereinbrach und die Nächte länger wurden, dann erzählte uns meine Mutter abends vor dem Zubettgehen die Geschichte ihres Urgroßvaters, und wie er in einer kalten Winternacht inmitten eines dunklen Waldes auf den wilden Herrn Wode traf.Es muss die längste Nacht des Jahres gewesen sein, als mein Ahne inmitten des Schneetreibens den Weg nach Hause suchte. Er kam aus dem Nachbarsdorf, wo er, eigentlich geschäftlich unterwegs, den Abend zechend und in bierseeliger Runde im Schankraum einer Wirtschaft verbracht hatte.
Und so geschah es, dass mein ferner Verwandte sich zu jener späten Stunde in einem dunklen Waldstück verlief. Just packte ihn die Angst und er dachte an die menschenfressende Wölfe, die hier zu jener Zeit noch keine Seltenheit waren. Auch fürchtete ihn der Tod durch Erfrieren, denn der eiskalte Wind machte ihm zu schaffen.
Schon wähnte er ein Rudel Wölfe auf seiner Spur, da grollte und donnerte es urplötzlich laut am Himmel und der Wind wütete so heftig, dass der Urgroßvater verängstigt unter den Ästen eines abgestorbenen Baumes Schutz suchte. Und während er dort verängstig ausharrte, zog unter Tosen und Krachen ein gar wunderliches Jagdgefolge über seinem Kopf hinweg. Von seinem Versteck aus erblickte er gut hundert altertümlich gewandetet Reiter ohne Augen, die auf ungezähmten Rössern über den wolkenbedeckten Nachthimmel preschten, dazwischen große, schwarze Hunde, die wild umhertobten.Dann taten sich die Wolken auf und vor seinem Versteck erschien wie aus dem Nichts ein bärtiger, wild aussehender Reiter auf einem mächtigen Schimmel.
Mein Großvater erkannte, dass der Reiter nur der Herr Wode sein konnte, ein alter Gott und rauher Gesell, und trat langsam aus seinem Versteck,„Sieh an, dass Menschlein hat ja Mut!“, sprach der bärtige Jäger da. „Solch Mannen wie dich kann ich gut in meinem Jagdgefolge brauchen.“
Da fröstelte es dem Urgroßvater. Nein, um nichts in der Welt wollte er mit dem Woden durch die Lüfte jagen.
„Guter Herr Wode“, sprach er. „Erbarme dich eines alten, betrunkenen Mannes, der sich des Nachts verlaufen hat. Ich will euch nicht spotten. Nur nachhause zu Weib und Kind.“
Da legte der alte Gott seine Stirn in Falten und sprach bedächtig:“Nun, an Mut mangelt es dir ja wahrlich nicht. Doch will ich sehen wie stark du bist und würdig, deinen Weg fortzusetzen,“
Er holte eine schwere, silberne Kette hervor und reichte eines der Enden meinem Ahn. „Wir wollen Kräfte messen, und ich werde sehen ob du mir stand hälst. Wenn es dir misslingt, nehme ich dich mit in meine Jagd“Doch der Urgroßvater war nicht dumm, und listig schlang er das Ende der Kette um den Stamm des alten Baumes, und als der Wode johlend in die Lüfte preschte, da hielt ihm die Kette am Baum stand.
„Hast gewiss die Kette um den Baumstamm gewunden“, grollte Herr Wode, als er wieder auf dem verschneiten Waldboden landete.
„Mitnichten!“, konterte der Alte, dem es gelungen war, die Kette eilig wieder loszubinden. „Siehe hier, so halte ich die Kette in meinen eigenen Händen!“
„Dann hast du brav gezogen!“, ließ Herr Wode milde verlauten. „Schon viele Männer nahm ich auf in meinen Zug, doch dich will ich für deine Stärke und Mut belohnen. Blut sollst du haben und Fleisch vom Wild“Und so schickte er seine Jagd an, die alsbald einen prächtigen Hirsch erlegt hatten. Herr Wode zerlegte den Hirsch, doch der Urgroßvater sprach: „Herr, dein Knecht hat weder Eimer noch Topf. Wie soll ich Blut und Fleisch heim zu Weib und Kind bringen?“
Da gab ihm der Wode einen Eimer, da tat er das Blut hinein, und einen Topf, in den legte er das Fleisch. Dann wies er ihm den kürzesten Weg nach Hause, und brauste unter zuckenden Blitzen mit seinem wilden Gefolge davon.
Mein Ahne schickte sich darauf an, seinen Lohn gen Heimat zu tragen. Am Anfang fiel es ihm noch leicht, doch je weiter er kam, umso schwerer wurde der Eimer und der Topf, sodass er am Ende beinahe erschöpft zusammenbrach. Laut fluchte er auf den listigen Wode, der ihn so hintergangen hatte. Als er schließlich doch noch sein Haus erreichte, da ward aber zu seinem großen Erstaunen aus dem Blut Gold und aus dem Fleisch Silber geworden und er rief Weib und Kind, um ihnen dieses Wunder zu zeigen.
Da sprach das Weib:“Ja, so ergeht es den Starken, sie sind die Freunde des Wodens.“Und der Urgroßvater stimmte zu, warf Kruzifix und Bibel aus dem Haus und dankte dem alten Gott für seine Güte.
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