Re: Filmbewertungsthread

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palez

Registriert seit: 04.01.2007

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DeoUlfZack Snyder ist meiner Meinung nach ein guter Geschichtenerzähler (wobei hier ja auch die Meinungen weit auseinander klaffen) aber nur, wenn er ein drehbuch verfilmt, an dem er nicht beteiligt war – was mit Sucker Punch leider bewiesen wurde. Visuell eine absolute Macht; derzeit eines der besten Videospiele, wenn man es so möchte aber die Story, bzw. das Drehbuch (die Story an sich hätte ja einiges mehr zu bieten) stehen da in einem ganz anderen Kontext. Gutes Popcornkino, auch ein Film, der mich sehr unterhalten hat aber eben ein Film, dem ich jeglichen Anspruch absehe. Auch deswegen, weil sich alle Szenen immer wiederholen, bloß mit anderen Stilistiken dargestellt werden.

Sehe ich irgendwie genau andersrum. Optisch fand ich „Sucker Punch“ beinahe unerträglich, der CGI-Overload und die Sekundenslowmotion-Einsätze, wann immer es passte (oder auch nicht), haben mein Hirn zum Schmelzen gebracht. Am schlimmsten in der Zugszene, dort aber auch gerade deswegen am lustigsten. Wie dann der Filmrhythmus auf die im Hintergrund laufende Musik abgestimmt wurde, die immer mehr nach Endneunziger-Proll-Electrorock klang, als ich es in einem Film von 2011 erwartet hätte, war quasi der Gipfel des glitzernd-Vulgären. Gerade die Anfangsszene: Eine Degradierung zu einem zehn Jahre alten Musikvideo, eine sekundenlange Schlüsselreizüberflutung. Ein guter Beweis dafür, dass eine audiovisuelle Materialschlacht nicht mit wirklichem Stil gleichzusetzen ist und hoher Finanzaufwand einen nicht davor bewahrt, billig zu sein. Nuttendiesel bleibt Nuttendiesel.

Als Popcorn-/Unterhaltungskino mit standfestem an-sich-Charakter hat SP für mich auch nicht funktioniert, weil ich ihn nicht wirklich mitreißend oder spannend fand. Dazu sind einem die charakterlosen Spielfiguren in Schulmädchenuniformen dann doch zu egal. Außerdem mangelt es ihm an Humor…und mal ehrlich, ein Film, in dem Drachen, Herr der Ringe-Orks, Samurai- und Nazizombieroboter, Tittenrevues in psychiatrischen Anstalten, Mädchen mit Namen wie Babydoll sowie polnische Puffmütter vorkommen, braucht Humor. Sein Grundkonzept, das in der Tat mehr Potential gehabt hätte, als das Endprodukt gezeigt hat, kann Snyder deswegen nicht umsetzen; der Film wirkt, als hätte er viel zu sagen, verschweigt es jedoch hinter einer Wand aus audiovisuellem Fett- und Zuckerschock.

Andererseits ist Snyders Unterhaltungsangebot fast schon beleidigend; ein Film, der so sehr auf doof getrimmt ist, muss anderes im Schilde führen. Das ganze Setting, dieser unfassbare Pokemonkampfroboter, Sweet Peas Bitte nach einer kommerzielleren Ausrichtung und diverse andere Szenen sind so herausfordernd debil und/oder scheinbar misogyn, dass der Zuschauer geradezu dazu gezwungen wird, den Film zu lieben oder zu hassen. Straighter Fantasy-Actioner geht IMO anders.

„Showgirls“ ist ein berüchtigter und bemerkenswerter Film aus den 90ern, der IMO vieles mit „Sucker Punch“ gemeinsam hat, allerdings schlechter und zugleich besser ist. Hätte eigentlich durchaus wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit rücken können.

Haja, gestern lief in einer Sondervorstellung „Moon“ im heimischen Kino. Hätte nicht gedacht, dass ich ihn doch noch auf der großen Leinwand zu sehen bekommen würde. Joah, eigentlich genau das, was ich erwartet habe; ein angenehm langsamer und subtiler und deswegen irgendwie altmodischer SciFi-Streifen, altmodisch nicht zuletzt wegen der vielen Referenzen (HAL als Smiley-Bildschirmgesicht, dann noch leichte „Solaris“-Reminiszenzen in der Story). Sam Rockwell liefert eine durchaus beeindruckende One Man Show ab als Astronaut Sam Bell, der seit drei Jahren auf einer H3-Abbaustation auf dem Mond stationiert ist und sich eigentlich schon für seine Heimreise bereitmacht, nach einem Unfall aber quasi sich selbst ins Gesicht sehen muss. Die Auflösung dieser Situation, die (wie das gesamte Setting) mehr als genug Raum für Vereinsamungs- und Hirnspaltungsterror bietet, kommt mir persönlich zu früh. Es wirkt so, als hätte Regisseur Duncan Jones diesen sich aufdrängenden Aspekt sehr unwillig als Pflichtübung abgehandelt, um sich ausführlicher und mit mehr Hingabe seinem Energiewirtschaftsdystopie-Subplot widmen zu können. Das macht die Ideen dahinter allerdings nicht schlechter (wenngleich sie mir irgendwie nur so halboriginell vorkommen). Das Konzept von „Moon“ konfrontiert einen geradewegs mit unbequemen und nicht einfach zu beantwortenden Fragen nach Beginn und Wert von Identität, menschlichem Leben und persönlicher Freiheit. Und sowas bringt mich Streberschnalle immer dazu, im Viereck zu tanzen.