Re: Moshcore?

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palez

Registriert seit: 04.01.2007

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Niemand da? Na also.
Der Vorteil daran, die Erste zu sein, ist…dass man die Erste ist. Allerdings gibt es niemanden, dem man für sein Reh-Wüü die Ideen klauen kann. Audrey Horne nahmen die Vorteile, in ihrer Sparte die Ersten zu sein, nicht wahr, weil die beteiligten Musiker zu der Zeit, als sie die Ersten hätten sein können, alle noch mit ihren Black Metal-Bands beschäftigt waren, dafür aber die, zu einer x-ten Nachfolgegeneration zu gehören und von der Vorarbeit der Innovatoren zehren zu können. Zujmindest in den Strophen schweben Tool wie eine düstere Ahnung über dem Stück, meine erste Assoziation bei der prägnanten Bassarbeit, dem leicht tribalartigen, hypnotischen Drumming und auch ein wenig beim Timbre vom Sänger. Im Refrain öffnet sich „Pitch Black Mourning“ und gibt den Blick auf eine strahlend hoffnungsvolle Melodie frei, führt aber leider nicht den angenehm düsteren Ansatz der Strophen weiter. Das finde ich an der ganzen Sache eh problematisch; eindeutige Inspirationsquellen wie Tool, Alice in Chains, vielleicht auch spätere Soundgarden und A Perfect Circle leben eben nicht nur von ihrem formidablen Songwriting, in der Hinsicht zeigen Audrey Horne hier auch durchaus sehr großes Talent, sondern von ihrer Tiefe, ihrer Nähe zum Abgrund. Audrey Horne schrammen sowohl in musikalischer Hinsicht als auch bei der Präsentation (David Lynch FTW, ne…) immer wieder diesen kritischen Bereich, sind dabei aber nie ganz konsequent. „Pitch Black Mourning“ ist ein elegant und selbstsicher komponiertes, warm und dicht produziertes Stück, aber richtig toll fände ich es wohl erst mit mehr Düsternis und Wahnsinn.
Aber Düsternis und Wahnsinn muss ja auch nicht immer sein, denn dann müsste ich Rush eigentlich hassen und mich fragen, was deren Alben in meinem CD-Regal zu suchen haben…aber mal ehrlich, das frage ich mich gerade auch so. Das letzte Mal, dass ich Ruch gehört habe, muss doch vier Jahre her sein…Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, der Klang sei typisch 80er und auf die Keyboards verweisen. Habe auch ganz vergessen, wie grenzwertig Geddy Lees Gesang in manchen Passagen klingen kann, andererseits muss ich konstatieren, dass ein Carl McCoy oder Michael Gira zu einem so leichtfüßigen und ohne penetrantes Breitwandgrinsen gutgelaunten Rocksong wie „Everyday Glory“, der problemlos in jeder Margarine-Werbung laufen könnte, gar nicht passen würde. Wobei, Swans covern Rush…das wäre eine gar nicht mal so unintressante, wenn nicht gar sehr geile Idee. Ich drohe, gänzlich abzuschweifen, also schnell zum nächsten Song…
…der jetzt aber sowas von 80er ist, das ist eigentlich unüberhörbar. Der Gesamtklang, mit dem Fates Warning hier aufwarten, wäre heute nicht mal Demo-Standard, klingt aber immerhin organisch und lässt allen Instrumenten (die teils recht dominanten Basslines sorgen für ein paar unterhaltsame Iron Maiden-Momente) ihren Entfaltungsraum. Ansonsten, Nazilein, hättest du dir bzw. mir einen größeren Gefallen getan, wenn du statt „Fata Morgana“ „Guardian“ oder „Exodus“ vom selben Album auf den Sampler gepackt hättest. Solange das Stück noch ziemlich straight und traditionell klingt, habe ich damit so meine Probleme, wobei Herr Arch den Song immer mal wieder mit schönen Gesangsmelodien versieht. Ich bin mir übrigens fast sicher, dass in dieser Runde niemand außer mir sich positiv über seinen Gesang äußern wird. Interessanter wird es, wenn die Band ausgetretene songstrukturelle Pfade verlässt, Prog steht denen schon besser zu Gesicht als traditioneller Heavy/US-Power Metal. Talent lässt sich erkennen und schöne Parts waren auch dabei, hat mir auch grundsätzlich (angesichts der mir nicht unbedingt liegenden Musikrichtung überraschend) gut gefallen, aber ich glaube, ich hefte mich erstmal an die Alben nach „Awaken the Guardian“.
Darüber, dass ich die Songauswahl auch im Falle Pain of Salvation für eher suboptimal halte, haben wir uns ja schon hier unterhalten. „Fandango“ ist mit seinen zerrenden und reißenden Strophen und teilweise recht halsbrecherischen Übergängen vom Gummizellen-Nerventwist zur oft und immer wieder gern gehörten Dramatik eigentlich zu sperrig für Samplerzwecke und ich muss auch zugeben, den Song nie besonders gemocht bzw. ihm immer andere vorgezogen zu haben. Die Strophen mit dieser nervösen Klaviermelodie wirken leider recht bemüht und prätentiös, in ihren direkteren Momenten klingen Pain of Salvation eigentlich besser. Muss einer Prog Metal-Band ziemlich am Selbstbewusstsein nagen, wenn jemand sowas sagt, undwohl auch einen nachhaltigen Knacks hinterlassen. Anders lässt sich der Unterhemdenhardrock des aktuellen Albums kaum erklären…Nun finde ich das Stück deswegen aber noch lange nicht doof, die Band vergisst natürlich nicht, ihre Stärken auch hier voll auszuspielen; das hervorragende Gespür für großspurig dramatische Melodiebögen und Daniel Gildenlöw, dessen exaltierter, enorm abwechslungsreicher Vortrag immer wieder die Grenze zur psychischen Selbstzerfleischung (und zur maßlosen Übertreibung) schrammt. Also doch wieder alles im grünen Bereich, würde ich die Band nicht schon kennen und sehr schätzen, wären wir nach diesem Song sicher auch Freunde geworden. 🙂
Freundschaft schließen möchte ich eigentlich auch mit Gojira. Was ich von „From Mars To Sirius“ kenne, klang eigentlich ziemlich nett und nach einer Art des technischen Death Metal, der das Songwriting nicht vernachlässigte (in gewissen Bereichen bin ich in der Hinsicht echt ein Weichei), die mir bekannten Songs von „The Way of All Flesh“ allerdings waren komplett seelenloser, anstrengend steril produzierter Modern Metal, der die Monotonie von Meshuggah adaptierte, aber als reiner Selbstzweck und ohne dahinterstehendes Konzept stehen ließ. „A Sight To Behold“ ist da schon eine angenehme Überraschung, da mir für die eigenartig-retrofuturistische Keyboardmelodie keine Referenzband einfällt und das Grundgerüst überraschend locker und rockig gehalten ist. Leicht amüsant ist auch, wie deplatziert der Brüllwürfel in dieser Kulisse wirkt. In der zweiten Hälfte gibt es dann einen Schwenk in die vorher erwartete richtung, heißt; Hochdruckgeballer, Zahnarztpraxissound, der Übergang ist allerdings gleichzeitig so überraschend und flüssig gestaltet und es werden dabei noch so hübsche Melodien eingeflochten, dass es mir eigentlich nichts ausmacht. Im Gegenteil, klingt hervorragend und macht den Song erst richtig toll. Schön gemacht, Jungs, vielleicht werden wir doch noch Freunde. 🙂
Portal sind auch wieder so eine Band, die ich mir unbedingt noch schönhören möchte, haben sich Profound Lore bisher doch immer durch qualitativ hochwertige Signings, die beinahe mein gesamtes Geschmacksspektrum, was Metal angeht, abdecken, ausgezeichnet. Nun spielen Portal aber nicht unbedingt Musik, die ich mit dem Label verbinde, und zudem Musik mit einer Aura, die auf mich mindestens so abstoßend wie faszinierend wirkt. Schwierige Geschichte also, und „Glumurphonel“ wird wohl nicht viel an meinem Verhältnis zu dieser Band ändern. Gut eine Minute lang gibt es gedämpftes, drohendes Pochen, bis dann ein Sturm aus gefühlt sekündlich abrupt in eine andere richtung ausschlagenden, konsequent chaotischen Gitarren und Drums über meinem Kopf losbricht. Erst mit dem Gesangseinsatz wird der Song…ja, nicht unbedingt strukturierter, aber fokussierter in seinen zuvor blind in alle möglichen Richtungen ausgehenden Attacken. Die Wirkung dieser Musik, die fast mehr Noise-Zeremonie als das Black Death Metal-Gemisch ist, als das sie gemeinhin angepriesen wird, wird durch den seltsam rauschenden Sound noch zusätzlich unterstrichen. Mja, das ist schon gut, in seiner Radikalität gewiss bewundernswert und auch irgendwie einzigartig. Richtig genießen kann ich es aber immer noch nicht.