Re: NPD Verbot

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Novocaine

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DubbyDie NPD gibt es nur wegen der hohen Arbeitslosigkeit und nicht ausreichende Aufklärung … würde die Politik in diesen beiden Bereichen mal effektiver wirken, insbesondere hinsichtlich der Bildung würden meiner Meinung nach an der Stelle viele Wähler „demokratische Parteien“ wählen und die NPD meiden, die nämlich grundsätzlich nur auf dem Elend und der Dummheit der Menschen fußt.

Das gute am NPD Verbot wäre möglicherweise, dass deren dummen Inhalte nicht mehr so leicht die Bürger erreichen, trotzdem finde ich ein NPD Verbot nicht vertretbar, auch wenn die Partei nahe an der Grenze der Verfassungsfeindlichkeit operiert.

Den ersten Absatz halte ich für ziemlichen Blödsinn. Fremdenfeindlichkeit hat wenig mit Arbeitslosigkeit zu tun. Natürlich kann das eine zum anderen führen oder verstärken, aber da spielen noch andere Faktoren eine Rolle, um mal welche zu nennen: Bekanntenkreis, Erziehung, Weltbild und Erfahrungen, die sowieso alles andere prägen.
Die Politik ist mMn ausreichend aufklärerisch tätig, das Problem liegt viel tiefer begraben. Jeder Mensch geht anders mit dem Erbe des Dritten Reiches um, die einen wollen es totschweigen, anderen ist der Umgang mit dem Thema zu nüchtern vielleicht sogar pietätlos, wieder anderen wird es zu sehr tabuisiert. Meiner Erfahrung nach liegt die Empfänglichkeit für das Thema so tief in der Psyche der Menschen und vor allem Jugendlichen verwurzelt, dass sich didaktisch keine Herangehensweise als richtig bezeichnen ließe. Den einen reicht ein Blick auf 70 Jahre alte Fotos, andere müssen vor einem Massengrab oder in einem Krematorium stehen, um wahrhaftig zu begreifen, wovon eigentlich die Rede ist. Und ausreichendes Angebot gibt es da seitens der Politik und von privaten Korporationen. Es stellt sich viel mehr die Frage, wie man in der Erziehung des Einzelnen die gewünschten Erfolge erzielt und das klappt nur, wenn sowohl Eltern als auch Lehrer zusammenarbeiten und der Jugendliche auch wirklich dafür empfänglich ist, sobald irgendwo der Wurm drin ist, wird es sehr kompliziert und zeitintensiv.

Zum zweiten Absatz: Das Gedankengut steht heute in jedem Geschichtsbuch und die neueren Spielarten werden ohnehin durch interne Medien und Mundpropaganda weitergereicht. Die NPD ist, was die Verbeitung der Inhalte angeht, das kleinere Übel, da sie rhethorisch so dermaßen durch den Verfassungsschutz beschränkt wird, dass man kaum noch von einer Gefahr reden kann. Um es mal salopp zu formulieren: Deren Reden fehlt einfach der Pepp.

Persönlich halte ich ein NPD-Verbot für einen Schuss ins Knie: Zum einen würden, wie Ulver bereits sagte, nur Splitter- und Nachfolgeparteien entstehen, die noch schwerer zu überwachen sind. Des Weiteren widerspricht es einfach der Meinungsfreiheit, eine politsche Richtung komplett auszuklammern. Egal was man von den Rechten hält, nimmt man ihnen das Recht auf politische Partizipation, erreicht man nur eine Radikalisierung und agiert in den Fußstapfen derer, die man zu überwinden sucht. Der wichtigste Punkt wurde bereits von P4Z1 genannt, die Wurzeln liegen nicht in der NPD.

Meiner Meinung nach ist die zeitliche Distanz zum Dritten Reich einfach noch zu kurz, um das volle Ausmaß seines Erbes in allen Einzelheiten zu erfassen und wirklich objektiv damit umzugehen. Die Politik sollte beim kampf gegen Faschismus und Fremdenfeindlichkeit ohnehin weniger auf die Gelüste von Parteien und Bevölkerung hören, sondern den Geistes- und Sozialwissenschaften, welche seit Jahrzehnten eben diese Nachwehen des Dritten Reiches und die Entwicklung und Wurzeln rechtsradikalen Gedankengutes untersuchen, ihr Gehör schenken, was sie glücklicherweise nicht zu selten tut.

Für die Faulen: tl;dr

Edit: Ich vergaß: Ein Verbot der NPD wäre auch aus kultureller Sicht ein Fehlgriff, da sie in meinen Augen vor allem ein Unterhaltungsfaktor ist.

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