Re: Klassiker vs. Neuerscheinungen

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mors lucis

Registriert seit: 30.07.2011

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Ich sehe auch im Black und Doom Metal das meiste Potenzial bzw. Entwicklungsmöglichkeiten über den Tellerrand, was sich ja in den letzten Jahren schon gut gezeigt hat mit Post-/Ambient-/DSBM uvm. Hingegen finde ich Thrashveröffentlichungen fast alle recht gleichartig, obwohl ich prinzipiell nichts gegen das Genre habe.
Die Auffassung über das Thema ist aber ohnehin sicherlich enorm subjektiv geprägt. Wenn man an bestimmten Genres „hängt“, kann man einerseits die rosa Brille aufhaben und sein Genre innovativer finden als alle anderen, gleichzeitig fällt einem aber Aufgewärmtes eher auf.
Zu dem „Klassiker werden nicht mehr gemacht/übertroffen“ eine mögliche Erklärung bzw. eher Vermutung (ich bin ja eigentlich historisch diesbezüglich überhaupt nicht informiert): Es ist als 30 Jahre bestehende Band schon schwerer, noch zu überraschen. Weil man schon „alles gemacht hat“; weil man krasse Veränderungen „fürchtet“, da ja die Fans von Klassikerbands ja öfters „konservativ“ veranlagt sind und dann einige wieder sofort aufschreien, wenn man sich (zu weit) über den Tellerrand lehnt; oder weil man einfach älter wird und vielleicht nicht mehr den Elan aufbringen kann wie vor 20 Jahren (will ich jetzt niemandem unterstellen, aber ist durchaus vorstell- und nachvollziehbar) und wenn sich ein Musiker zwanghaft den Erfolg aus früheren Jahren zurückrufen will, dann merkt man das schon ziemlich. Da kann er musikalisch noch so gut sein und es wird trotzdem keine Klassiker-Atmosphäre aufkommen.
Die Black-Metal-meets-irgendwas-anderes-Entwicklung ist wahrscheinlich auch dadurch angestoßen worden, dass sich die „Regeln“, die dem BM unterlagen, wohl etwas gelöst haben. Es gibt bestimmt immer noch genug Oldschool-Leute, für die BM zwangsweise mit einer bestimmten offen gezeigten Haltung einhergehen muss (s. DWEF-Debatte), aber so „steif“ wie in den 90ern sind heute weitaus weniger Menschen, weswegen sich auch mehr Kunstarbeit mit den musikalischen Elementen des Black Metal erlaubt.
Beim Thrash ist diese Entwicklung imho noch nicht so „angekommen“, zumal sich dort m.E. viel mehr traditionelle Oldschool-„Früher-war-alles-besser“-Achtzischäää-Beschwörer rumtreiben und selbst junge Bands eher darauf setzen, die hochgelobten Zeiten wiederzuerwecken als neue Pfade zu beschreiten.
Soweit meine zugegebenermaßen auf recht oberflächlichen Kenntnissen fußende Beurteilung der Sache.

Mir selbst geht die vom TE angesprochene „Problematik“, falls es denn eine sein soll, aber gepflegt am Hintern vorbei. Ich höre die Musik, weil sie mir gefällt und wenn mir eine Band auf ihrem Werdegang irgendwann nicht mehr zusagt, dann höre ich sie halt nicht mehr. Ist allenfalls schade, wenn diese Band sozusagen einzigartige Merkmale hatte, welche man dann nur noch im Backkatalog und in keinen Neuveröffentlichungen mehr hören kann, aber eben nicht zu ändern. Zumal ich die bei einer Band als Klassiker „verschrienen“ Werke meist eher mäßig finde im Vergleich zu anderen Teilen der Diskografie.