Re: Dancing Mad God vs. [A.F.P.] (hier fancy Thread-Titel einfügen)

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Dancing Mad God

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All Shall Perish – Prisoner Of War

Schönes Intro. Erst leicht bedrohlich, dann mit den Konservenstreichern fast romantisch; könnte auch zu ’nem Cradle-Song gehören. Mit den einsetzenden Gitarren geht’s aber eher gen Schweden als nach Great Britain, ich zumindest fühle mich an Melodic Death Metal à la Götheborg erinnert. Was aber nicht heißen soll, dass ASP nach langweiliger Kopie klingen, denn eigentlich gefällt mir der Song ganz gut. Und am besten immer dann, wenn ich es schaffe, die Vocals zu ignorieren, die mir mit ihrem ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Shouting-Stilen ziemlich auf die Nerven fallen; für mich leider ein typischer Kritikpunkt bei vielen dieser modernen –core-Geschichten.
Aber kommen wir zum Positiven und das ist vor allem das melodische Gitarrenspiel. Viele der hier zum Einsatz kommenden Riffs sind einfach richtig gelungen und erschaffen eine irgendwie sehnsuchtsvolle, aber dennoch energiegeladene Atmosphäre, die durch zwischengeschobene Heavy-Parts gut ausbalanciert wird, ohne dabei je ganz zu verschwinden. Das kompetente Drumming leistet dabei gute Unterstützungsarbeit, obwohl mir dieser sterile Drumsound nicht wirklich gefällt.
Die Leadgitarre gegen Ende ist dann quasi das Grand Finale, trägt für meinen Geschmack aber fast etwas zu dick auf; alles davor hat mir besser gefallen. Ist aber dennoch ein sehr ordentlicher Song, der zumindest im Samplerkontext immer wieder Spaß macht.

Between The Buried And Me – Specular Reflection

Apropos „dick auftragen“, ne? Also, h0az hatte ja schon angekündigt, dass ich eventuell zu doof für diesen Song sein könnte und es scheint fast, als solle er Recht behalten. Jedenfalls ist das, was BTBAM hier veranstalten, einige Fahrtstunden (auf der Autobahn, mit einer leistungsstarken Karre) von meiner Baustelle entfernt. Aber warum nur, wo die Jungs doch so toll spielen können?
Das Intro finde ich ja noch ziemlich großartig. Diese tiefen Klaviertöne haben was von alten Soundtracks, genau an der Stelle, wenn der Bösewicht sich von hinten an den ahnungslosen Helden heranschleicht. Dann kommen noch Chöre dazu und die Bedrohung gewinnt eine andere Qualität: Es ist nicht irgendein Bösewicht, es ist der Teufel höchstpersönlich, der hier auf der Pirsch ist. Was wird die Band mit dieser packenden Atmosphäre anfangen?
Nun, gar nichts. Die E-Gitarren prügeln drauf los, alles Visuelle verpufft, wir haben erstmal harten Prog-Metal. Ich beschreibe das deswegen so ausführlich, weil es symptomatisch dafür ist, wie ich den Song empfinde: BTBAM wollen unheimlich viel, können auch unheimlich viel, haben aber keine Richtung. Da gibt es technisch anspruchsvolles Geknüppel, melodiöses Gezupfe, verschiedenste Vocal-Stile, manches klingt hypermodern, anderes könnte mit weniger zeitgemäßer Produktion auch in den Siebzigern eingespielt worden sein. Klasse, dass die das alles draufhaben, aber was wollen sie mir damit sagen? Für mich fühlt sich das an, wie gelangweilt durch verschiedene Fernsehprogramme zu zappen; und das Schlimmste ist, dass jemand anderes die Fernbedienung in der Hand hat und ich nicht bei einem Programm bleiben kann, selbst wenn es mir gefällt. Dieser zähe, disharmonische Part nach sieben Minuten mit dem beeindruckenden Bass ist z.B. gar nicht verkehrt, dauert aber natürlich weniger als eine Minute, dann muss der Gitarrist auch wieder zeigen, was alles kann.
Worüber ich mich übrigens noch gar nichts ausgelassen habe, sind die Clean Vocals. Die finde ich, da will ich auch gar nicht drum herumreden, schlichtweg Scheiße. Das hat auch nichts mehr mit zerfahrenem Songwriting oder unnötigem Gefrickel zu tun, die wären in absolut jedem musikalischen Kontext unerträglich für mich. Kommt vom Kitsch-Faktor fast an Power-Metal heran, da sträubt sich an mir, auf mir und in mir einfach alles, was sich sträuben kann.
Nee, muss ich nicht haben, ganz ehrlich. Ich weiß, dass die Band ihre begeisterten Fans hat, haben die Jungs mit ihren Fähigkeiten sicherlich auch verdient, aber ich werde mir das freiwillig nicht nochmal anhören.

Gospel – As Far As You Can Throw Me

Ich vertrau dir nur so weit, wie du mich werfen kannst. Hm, da stimmt doch was nicht. Egal, kommen wir zum nächsten Song:
Der beginnt erstmal ausgesprochen punkig. Bisschen Hardcore-Härte ist drin und ein paar ungewöhnliche Melodien, die doch deutlich über das Drei-Powerchords-Schema hinausgehen. Trotzdem frage ich mich, wie Gospel ihre knapp sechs Minuten wohl zu füllen gedenken, ist schließlich doppelt so lange, wie die meisten Punk/Hardcore-Songs so dauern.
Und tja, da wird’s dann auch strange. Das gute strange zum Glück, bei dem man sich zunächst mal verwundert die Augen respektive Ohren reibt und von dem man dann nicht genug bekommen kann. Nach relativ nüchternen zwei Minuten nämlich setzt eine merkwürdig spacige Melodie ein (ich nehme an, es ist ein Synthie, bin mir aber absolut nicht sicher), der Punk-Gig zerfällt kaleidoskop-artig in bunte Facetten, bis sämtliche Farben verschwimmen und man mit aufgerissenen Augen ins Weltall entschwebt. Die Band spielt derweil einfach weiter, frei im Raum hängend und der Sänger brüllt noch immer wütend seinen Text ins Mic; weiß Gott, wo der Strom für das Equipment gerade herkommt.

Abgefahren, aber sehr, sehr cool. Habe so etwas echt noch nicht gehört. Wie ist das Album so? Lohnt es sich, danach zu suchen?

Refused – Liberation Frequency

Wenn eine Band ihr Album The Shape Of Punk To Come nennt und noch über ein Jahrzehnt später nicht belächelt, sondern gefeiert wird, hat sie irgendetwas verdammt richtig gemacht. Ungeachtet der historischen Bedeutung wollen wir aber jetzt mal schauen, wie mir dieser einzelne Song heute gefällt.
Fängt irgendwie funky an mit dieser cleanen Gitarre und dem hohen, dünnen Gesang; umso fetter wirken elektrische Sechssaiter und Geschrei, wenn sie dann plötzlich über den Hörer hereinbrechen. Diese Laut-Leise-Dynamik gefällt der Band anscheinend so gut, dass sie das Spiel so ähnlich den ganzen Song über treiben: Zurückhaltendes Gezupfe, dann harte Riffs; ruhiger Gesang (der meist davon handelt, dass die Gruppe ihre Airwaves zurück möchte), dann Gebrüll. Das funktioniert so weit nicht schlecht, ist auf vier Minuten aber irgendwie doch etwas…hm…unterwältigend. Refused waren sicherlich große Innovatoren zu ihrer Zeit und früher oder später muss ich The Shape… sowieso mal komplett durchhören und versuchen zu erfassen, was die Band so alles zu bieten hat…aber so richtig umgehauen hat mich dieses Beispiel ihrer Kunst jetzt trotzdem nicht.

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[indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]