Re: Das Beste der Besten – Die Ergebnisse!

Home Foren METAL HAMMER’s Ballroom Meetingpoint User vs User Das Beste der Besten – Die Ergebnisse! Re: Das Beste der Besten – Die Ergebnisse!

#6745303  | PERMALINK

Dancing Mad God

Registriert seit: 22.03.2011

Beiträge: 804

Sorry für die elende Warterei. Ich habe keine sinnvolle Entschuldigung vorzuweisen.

Downfall Of Gaia

Downfall Of Gaia sind mit weitestgehend unbekannt. Ich weiß, dass sie dem Post-Metal (oder Atmo-Sludge oder Neo-Crust…) zugeordnet werden, einem Genre, dessen Vertreter ich zwar teilweise sehr schätze, dessen weitere Erkundung für mich jedoch eher uninteressant ist; zu viele markante und von fast allen Bands dieser Richtung geteilte Stilmittel lassen den Effekt der Musik immer recht ähnlich ausfallen, sodass sich bei mir schnell Übersättigung einstellt.
Von Downfall Of Gaia erwarte ich mir entsprechend durchaus gute Musik, die mich aber schon sehr überraschen müsste, um echte Begeisterung auszulösen.

~ Bild in Grau
Akustik-Intro. Schon tausend Mal gehört, aber zumindest kompetent umgesetzt mit ruhigen Drums und verträumter Atmosphäre. Dann der Übergang zu den E-Gitarren, der eigentliche Song beginnt. Stellenweise relativ flott, dann wieder sludgig-schleppend walzen Downfall Of Gaia voran, wobei ihre Soundwand aber immer einen leicht melancholischen Anstrich trägt. Was DoG am ehesten von anderen Genre-Bands abhebt, ist wahrscheinlich der zweistimmige Gesang, der sowohl in Form von genretypischen Shouts als auch als herrlich wahnsinniges Kreischen um die Ecke kommt; wenn es nach mir ginge, hätte man sich auf letzteres beschränken sollen, das hätte den ganzen Sound spezieller und auch emotional eindringlicher gemacht. Wie die Dinge liegen, bietet „Bild in Grau“ aber doch ziemlich genau das, was ich von Post-Metal erwarte; einen bassbetonten ruhigen Part gibt es auch noch mittendrin, die zweite Hälfte gestaltet sich dann recht ähnlich wie die erste, bis der Song wiederum akustisch ausklingt.

~ Silere
Another song, another acoustic intro. Die schließlich einsetzende E-Gitarre ist zunächst nur ein hohles Schleifen und erst, als der Song schon fast zur Hälfte vorbei ist, lassen die elektrischen Sechssaiter ihr ganzes Gewicht auf den Hörer nieder.
Nun habe ich die ganze Zeit genölt, wie wenig mich der kalkulierte Überwältigungseffekt von Post-Metal noch mitzureißen vermag, aber ein gutes Riff ist ein gutes Riff, da gibt es nichts dran zu rütteln. Entsprechend macht mir „Silere“ spätestens nach zweieinhalb Minuten richtig Spaß, die introvertierte Melancholie wird dann zwischendurch auch mal losgelassen, um energetisch nach vorne zu peitschen und den Hörer mit dem Gesicht voran in den eigenen Schmerz zu tauchen wie in ein Gemisch aus Blut und Säure.
Nach etwas mehr als zwei Minuten ist der Spaß auch schon wieder vorbei und „Silere“ klingt stimmungsvoll aus, mit Feedback-Dröhnen und der disharmonischen, zynischen Karikatur einer Melodie.

~ Beneath The Crown Of Cranes
Nix Akustik: „The Crown Of Cranes“ beginnt mit Feedback, gefolgt von geisterhaften Ambient-Klängen, die sich in ihrer Intensität steigern, dann Rauschen – und ein recht abrupter Cut, der Song beginnt. Atmosphärisch geht es wieder mehr in Richtung „Bild in Grau“, also melancholisch mit einer gewissen Sehnsucht in den flächigen Gitarrenmelodien. Irgendwie schade, ich hätte mir gewünscht, dass die unheimliche und leicht surrealistische Stimmung des Intros mal auf Post-Metal angewendet wird, aber dafür ist das Genre wohl einfach nicht gemacht.
Sehr gut gefallen mir die ruhigen Parts nach drei und achteinhalb Minuten, in denen Akustikakkorde sanft aushallen wie ruhige Wellen auf einer Wasseroberfläche, in der sich das Abendlicht spiegelt. Wenn die mal ein Ambient- oder Neofolk-Album machen, muss ich da unbedingt reinhören. Allein, bei den Ton angebenden härteren Parts schießt mir doch immer wieder dieses nicht böse gemeinte, aber unweigerlich abwertende „gut gemacht“ durch den Kopf. Nicht, dass ich mich wirklich langweile oder dergleichen, ich hör mir das echt gerne an; ich hab bloß nicht das Gefühl, ich würde viel verpassen, wenn ich es nicht tun würde. Wenn jemand sowas beim gemütlichen Zusammensein auflegte, ich würde mich wohl freuen; der Kauf eines solchen Albums wäre aber dennoch Verschwendung, ich hätte wohl selten wirklich Lust, den Player damit zu füttern.

Fazit:
Tja, was nun: Malen-nach-Zahlen-Post-Metal oder Genre-Könige? Beides kann ich nicht völlig abstreiten. Wären Downfall Of Gaia die erste Post-Metal-Band gewesen, die ich je gehört hätte, wäre ich ihnen bestimmt hoffnungslos verfallen. Waren sie aber nicht. Wie bereits angedeutet, machen die Jungs absolut nichts falsch – sie machen höchstens zuviel richtig. Nicht jede Band muss das Rad neu erfinden, aber ich höre Bei DoG nichts, das mich überrascht, das mich erschüttert, das mich fasziniert.
Die Band hat meine Erwartungen somit absolut erfüllt, aber leider nicht übertroffen.

Opeth

Opeth kennt man, eh klar. In meinem Fall heißt das, ich hatte die Blackwater Park bereits im Regal stehen und mittlerweile hat sich My Arms, Your Hearse hinzugesellt, woran dieser Sampler eine gewisse Mitschuld trägt. Opeth sind im Death Metal verwurzelt und gelten als progressiv, fallen somit nicht gerade in mein normales Beuteschema; mit großartigen Melodien und atmosphärischen Elementen inmitten einfallsreicher und gut produzierter Gitarrenarbeit kriegt man mich aber natürlich auch und daher gibt es keinen Grund, warum ich an diesem Samplerabschnitt nicht meine Freude haben sollte.

~ Demon Of The Fall
Das Intro mit seinen Störgeräuschen und der dämonisch verzerrten Stimme kündigt eigentlich viel Furchteinflößenderes an, als letztendlich erklingt. Dennoch können Opeth direkt mit Lazis erstem Pick voll überzeugen. Die Gitarren walzen voll produziert nach vorne, die Leads transportieren eine gewisse Erhabenheit, doch weder die Melodien noch die brachialen Growls klingen besonders melancholisch. Ein Gefühl von sanfter Trauer und Sehnsucht schleicht sich erst mit dem Klargesang ein, was vor allem Åkerfeldts hoher und etwas zerbrechliche klingender Stimme geschuldet ist. Trotz dieses Opeth-typischen Akzents ist dieses Lied von allen dreien definitiv am würdigsten, das Wort „Demon“ im Titel zu tragen.
Ich glaube, sobald ich mit den Reviews fertig bin, werfe ich mal das Album ein…

~ Hope Leaves
In eine ganz andere Richtung als das doch sehr angriffslustige „Demon Of The Fall“ geht die nächste Auswahl, ein Vertreter der Akustik-Prog-Rock-Platte Damnation, die als ruhiges Gegenstück zum metallischen Deliverance konzipiert ist. Melancholie wird hier nicht bloß im Nebensatz erwähnt, sondern erwischt den verzückten Hörer mit voller Breitseite; hoher, sanfter Gesang, behutsame Akustik-Klampfe, gemächlicher Rhythmus: Selbst wenn die Hoffnung Abschied nimmt, wird hier kein Bild bodenloser Verzweiflung gezeichnet, sondern eines bittersüßen Schmerzes, der beizeiten vorübergehen wird. Wenn die Band in der letzten Minute noch einen Chor auffährt, bewegt sie sich für mein Empfinden knapp an der Grenze zwischen Gänsehaut und Kitsch, aber durch den verhaltenen Einsatz dieses Stilmittels wird glücklicherweise nicht zu dick aufgetragen.
Auch sonst wird hier eigentlich alles richtig gemacht…Damnation könnte eine schöne Platte für meinen Frühling sein. Mal sehen…

~ The Baying Of The Hounds
Das letzte Lied dieses Blocks ist ziemlich genau so lang wie seine beiden Vorgänger zusammen und vereint auch viele ihrer jeweiligen Qualitäten.
Der Anfang ist ähnlich stürmisch wie bei „Demon Of The Fall“ und betont die extrem-metallische Seite der Band mit strukturiertem, aber nicht zu zahmem Gitarrenspiel und Åkerfeldt wieder im Raubtier-Modus; die Clean Vocals lassen diesmal aber nicht allzu lange auf sich warten, obwohl sie, hoch und klar wie immer, diesmal selbstbewusster und weniger melancholisch klingen. Auch der anschließende ruhige Part wirkt auf mich weniger gefühlvoll und fast schon ein wenig psychedelisch; das passt ganz gut zu den Keyboards, wie man sie z.B. kurz vor der zweiten Minute hört und die mich ganz leicht an den Progressive Rock der 70er erinnern, dem die Band ja Jahre später noch ausführlicher huldigen sollte.
Das Solo um die siebente Minute ist nicht so meins, deswegen blende ich das einfach mal aus; der anschließende dramatische Akustik-Part und die Rückkehr zum Anfangsriff finde ich dagegen äußerst gelungen. Am Ende des Songs werden dann versöhnliche Töne angeschlagen, mit einem fast schon triumphalen Finale, das ich so nicht erwartet hätte und das mich auch ein wenig unschlüssig zurücklässt.
Insgesamt wohl der Opeth-Kandidat, der mir am wenigsten gefällt, doch dieses Urteil ist streng relativ zu sehen, da ich eigentlich an allen drei Songs meine Freude hatte. Und damit wären wir auch schon beim

Fazit:
Wie erwartet ein sehr schöner Sampler-Block, der mich dieser eigentlich nicht unbekannten Band noch einmal etwas näher gebracht hat. Welcher der ersten beiden Songs mir besser gefallen hat, kann ich kaum sagen, da beide ihre eigenen Qualitäten besitzen; in jedem Fall ist gegen ein bisschen mehr Opeth in meinem Leben wohl nichts einzuwenden.

Boris

Japano-Gedöns, die erste. Welche Erwartungen habe ich an Boris? Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung. Ich weiß, dass sie zwischen Stoner, Drone und Noise schon eine Menge Merkwürdigkeiten abgeklappert haben, dass ihre Veröffentlichungen einander selten ähneln und dass sie auch von vielen Leuten abgefeiert werden, die keine Anime-Frisur haben und ununterbrochen .gifs in Foren posten. Mal schauen, was Lazarus sich da überlegt hat…

~ Pink
Pink. Furchtbare Farbe, fragwürdige Pop-Künstlerin. Warum Boris ihren Song so genannt haben, kann ich aus dem (vermutlich japanischen) Text nicht erschließen, soll mich aber auch nicht weiter stören.
Ihren ersten Beitrag gestaltet die Band ausgesprochen rockig, mit einem straighten Rhythmus-Gerüst und stets spürbarem Bass-Groove, der mit einem sehr stark verzerrten, krachigen Gitarrensound kombiniert wird. Es entsteht ein explosives Noise-Rock-Gemisch, das mich mit seiner Power etwas an Bands wie Scratch Acid oder The Jesus Lizard erinnert, allerdings mit weniger Punk und mehr Stoner bzw. psychedelisch umherquietschender Leadgitarre. Im Kontrast dazu spielt die Rhythmus-Gitarre zwar schnell, aber extrem repetitiv und erzeugt dadurch eine fast schon flächige Lärm-Kaskade, gegen die sich alle anderen Songelemente durchsetzen müssen. Diese stets aufrecht erhaltene Spannung macht sogar das schräge Gitarrensolo (das sich für mich weniger nach klassischem Metal oder Stoner als nach einer Hommage an frühen Crust anhört) für mich erträglich.
Insgesamt grundsolider und durchaus interessanter Song. Mal schauen, was noch so kommt…

~ Ka Re Ha Te Ta Sa Ki — No Ones Grieve
Als nach anderthalb Minuten Dröhnen der eigentliche Song einsetzt, scheint sich soundmäßig gar nicht so viel verändert zu haben. Schnelle und monotone Rhythmusgitarren, kreischende Leads, alles extrem verzerrt – tatsächlich hat sich die Produktion noch ein Stückchen Richtung Lo-Fi verlagert, sodass die Drums nun wenig mehr als eine Geräuschquelle sind und eher nach dem Rattern eines Güterzugs klingen als nach einem Taktgeber.
Dessen ungeachtet ist „Ka Me Ha Me etc.“ weniger aggressiv als „Pink“ und lässt mit seinen eher melancholischen Vocals und zwischendurch aufblitzenden Melodiebögen (deren Urheber ich im Soundbrei noch immer nicht ganz bestimmen kann – Keyboard oder Gitarre oder…?) sogar Shoegaze-Assoziationen wach werden. Mit dem erwähnten Schienenverkehr-Drumming und einem Gitarrensound, der Sandpapier im Vergleich so anschmiegsam wie Kaschmirwolle wirken lässt, lassen Boris aber selbst My Bloody Valentine in Sachen Heaviness hinter sich zurück, die neben Dreampop-Bands wie Slowdive ja schon zu den rabiateren Vertretern ihrer Zunft zählen.
So ist „No Ones Grieve“ der zweite interessante Song von Boris, dessen Sound ich mir auch gut auf Albumlänge vorstellen kann, insbesondere da die immerhin knapp neun Minuten wirklich sehr schnell vorübergehen und zu keinem Zeitpunkt langweilen.

~ Attention Please
Den Vogel schießen die Japaner aber mit dem (zumindest ihren Block) abschließenden „Attention Please“ ab. Geschickterweise habe ich ja im vorangehenden Review schon das Stichwort Dreampop fallen gelassen und genau das passt wie die Faust auf das Auge dieses Songs.
Der Aufbau ist schnell erläutert: Das Fundament bilden ein ruhiger Schlagzeugrhythmus und eine schlafwandlerische Bassmelodie, auf die sich eine Frauenstimme von engelsgleicher Sanftheit bettet, verführerisch gerade wegen der völligen Abwesenheit von Angriffslust und Verlangen. Unterstützt werden diese Elemente von subtilen Elektronik-Effekten und den Leadgitarren, die eine Art Markenzeichen der Band zu sein scheinen, hier jedoch – der Stimmung angemessen – strukturierter und weniger Aufmerksamkeit heischend in Erscheinung treten.
Und apropos Stimmung: Die ist es natürlich, die das Lied zu etwas Besonderem macht. Vom ersten Augenblick an fühle ich mich in die melancholische Einsamkeit einer frühen Nacht versetzt, sitze in der Bahn auf dem Weg zu einer Party, auf die ich gar keine Lust habe; die am Fenster vorbeirasenden Lichter verschwimmen zu glühenden Fäden und ich wünsche mir, dass der Zug nie ankommt und dieser Moment stiller Versunkenheit niemals aufhört.

Fazit:
Doch, Boris haben durchaus gezündet. Vor allem die letzten beiden Songs haben mir in Aussicht gestellt, dass man den Namen dieser Band nicht umsonst so oft liest und auch ich mich beizeiten mit ihnen beschäftigen sollte. Am liebsten würde ich mir ja das Album besorgen, auf dem „Attention Please“ enthalten ist, aber etwas sagt mir, dass ich keine Full Length in diesem Stil erwarten darf (wenn es überhaupt ein Album gibt und das nicht bloß eine Standalone-Single ist). Auch die Verfügbarkeit ihrer Veröffentlichungen wird mir da wohl gewisse Grenzen setzen, aber bevor ich aufgebe, sollte ich erst einmal anfangen…

Der Rest kommt…Gott weiß wann, aber er kommt.

--

[indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]