Re: Kosmo und Niks russischer Plagiatsmarkt mit Weltraumschlachten, Plüschhasen, Fairy Goodparents, komischer Musik und viel Senf!

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Kosmonaut

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Архитекторы
Architekten? Ach ne, hier geht’s ja um die Architects! Also nochmal:
Architects – Die Band…
Architects, das bedeutet Metalcore, technisch angehaucht wie Mathcore und atmosphärisch wie Post-Hardcore. Gegründet wurde die Band im Jahr 2004, damals noch als Inharmonic – ich glaube, dass nennt man heute wohl telling name. Gehalten hat das ganze aber nicht lange, und man nannte sich in Counting The Days um. Schließlich war das aber auch nicht das, was die jungen Musiker als ihren Namen erwählen wollten. Also nannten sie sich erneut um: Architects.
2005 gabs dann eine erste Demo, mit der man schnell die Aufmerksamkeit von Distort Entertainment auf sich ziehen konnte. Schon im darauffolgenden Jahr gab es das Debutalbum – damals noch mit Matt Johnson, der die Band bereits vor der zweiten Veröffentlich verließ – Nightmares. Ruin folgte nur ein Jahr später, 2009 gab es dann Hollow Crown, im letzten Jahr durften wir uns auf – vielleicht auch über? – The Here And Now freuen, und in diesem Jahr gab es schon wieder was neues, nämlich Daybreaker.
Ich lernte die Band zur Veröffentlichung von Ruin – was übrigens erst ein Jahr nach UK Release auch für den Rest Europas zugänglich wurde – kennen und verliebte mich in die prägnante Stimme, den Sound der Gitarren und in die dichte Atmosphäre, die Architects zu schaffen vermögen. Nachdem ich das Debut nachgekauft hatte wartete ich in jedem Jahr gespannt auf die neuesten Veröffentlichungen, und ich wurde tatsächlich nur selten enttäuscht.

Nightmares [2006]
2006 erschien das Debutalbum der jungen Wilden aus England. Und was für ein krachender Einstieg es wurde! Die Band präsentiert sich als Frischfleisch in den Fußstapfen von Bands wie The Dillinger Escape Plan oder Botch. Auf acht Titeln mit einer Gesamtläng, die gerade die 30 Minutenmarke knackt, gibt es technisch variierten Mathcore vom allerfeinsten. Besonders die Gitarrenriffs hinterlassen oftmals nur Fragezeichen der Verwunderung auf den Gesichtern der Zuhörer – „Was zur Hölle…?“.
So wird man ohne jegliche Vorbereitung schon beim Opener To The Death überfallen von technischem Mathgefrickel, das zunächst völlig plan- und ziellos vor einem wirren Schlagzeug herzuirren scheint. Dissonante Ausbrüche lassen einem das Herz höher schlagen und Matt Johnsons Metalcore Geschrei scheint einem manchmal fast das Trommelfell noch weiter nach innen drücken zu wollen.
Der Vocalstil zieht sich so ziemlich durch das gesamte Album. Ein gut verständlicher Scream, extrem metalcorelastig aber auch extrem brutal. Selten kann so – ich meine es nicht böse – einfallsloser Gesang so überzeugen wie auf diesem Brecher von einem Album.
Doch Metalcore ist nicht nur im Gesang präsent, sondern auch in der Musik an sich. So ist zum Beispiel das Ende von The Darkest Tomb sehr auffälliges Metalcoreriffing, das – zum Glück? – mit tollen Tappingparts überlegt wird. Auch Breakdowns fehlen auf dem Album nicht, welche aber nicht durch eine ständige Überpräsenz nerven und einem das Gefühl von 08/15-core vermitteln.
Neben allen Ähnlichkeiten mit Genregrößen wie TDEP sticht aber eins besonders hervor: Melodie. Kaum eine Millisekunde dauert es, und aus noch so abstrus desorientiert wirkenden Gitarrenläufen wird eine wundervolle Melodie. Diese lassen – zum Beispiel als Chorus von To The Death, dem wohl besten Song des Albums – mächtig aufgetürmte, sich bedrohlich zusammendrückende Soundwände zusammenbrechen, das Herz des Hörers in die Hose rutschen, um es anschließend wieder hoch zu jagen, wo es dann von den sofort folgenden Pinch Harmonics gesprengt wird.
Alles in allem ist Nightmares ein ganz unglaubliches Stück Musik. Die kurze Länge des Albums scheint genau richtig zu sein, so ziehen sich 30 Minuten fast schon lange hin, und bei längerer Spieldauer wäre der ein oder andere sicherlich überfordert worden. Jeder, der auf chaotischen Mathcore und epische Melodien steht, sollte an diesem Album ein wahres Kleinod finden.

Ruin [2007]
Na klar, das erste was nach dem ersten Durchlauf von Ruin wohl jedem sofort auffällt, ist die neue Stimme. Hatte Matt Johnson auf Nightmares noch sehr metalcorelastige Screams abgeliefert, gibt’s mit dem neuen Sänger Sam Carter eher hardcorelastige Shouts und sogar – nicht so stark wie auf den noch kommenden Alben – vereinzelt schon Cleangesang. Insgesamt scheint Carter, der noch um einiges verständlicher ist als der schon gut zu verstehende Johnson es vor ihm war, wesentlich vielseitiger zu sein – was sich mit den folgenden Releasesals durchaus richtige Einschätzung erweist.
Chotisch anmutende Songstrukturen, wie sie auf Nightmares zu hören waren, weichen zunehmend klareren, durchdringlicheren Passagen, und so präsentiert sich Ruin als Bastard aus Metalcore, Hardcore und teilweise einfachem Death Metal.
Zwischen Midtempopassagen, die mit reizend süßen Melodien gespickt sind und Moshparts findet man trotzdem immer wieder das mathcorige „Griffbrettgewichse“, welches Nightmares dominierte. Es scheint jedoch, als seien die jungen Musiker ein wenig bodenständiger geworden, der übermäßige Einsatz von Pinch Harmonics hat zum Beispiel abgenommen, was brutalem bis post-metallischem Riffing zu Gute kam. So bringt Sail This Ship Alone eine dichte, den Hörer betäubende Atmosphäre mit, wie man sie auch auf einem ISIS Album finden könnte. Wie der Ozean legt sich der Song über mich, lässt mich schwer atmen, füllt meine Lungen, meinen ganzen Körper und lässt mich schließlich fast zu Grunde gehen. Genau das ist die Stärke, die die Vielseitige Combo aus England eben ausmacht.
Alles in allem ein tolles Album, kompromisslos, hard- und metalcore’ish und weniger frickelig als der Vorgänger, aber das ist eine Seite, die der Band auf jeden Fall gut zu Gesicht steht.

Hollow Crown [2009]
Brachial feuert das 2009er Werk der jungen Briten mit Early Grave los – dem noch kompromisslosesten Song des gesamten Albums. Rapide prügelt sich ein hardcore’sches Riffs mit brutalen Drums und hasserfüllten Shouts. Doch was wirklich Cojones beweist, ist der Übergang in den melodiösen Part am Ende. Sam Carters Klargesang – schon deutlich dominanter als beim ersten Album – ist durchaus überzeugend, aber beinahe vermisst man die unnachsichtigen, chaotischen Gitarrenläufe, das virtuose Mathgefrickel, dass im Gegensatz zu Ruin nochmals reduziert wurde. So erinnert zwar beispielsweise im zweiten Song Dethroned eine ganze Menge an die wundervolle Dissonanz der Vorgänger, oder der Genrekönige von Botch, TDEP und Co., aber grundsätzlich kann man sagen, dass Chaos, Tod und Verderben auf Hollow Crown in Form von eben jenem Griffbrettgeschräbbel ein bisschen zurück stecken mussten. Ausnahmen – in diesem Falle We’re All Alone – bestätigen die Regel.
Keineswegs wird das Album dadurch aber irgendwie schlechter. So kommt diese Abkehr der Atmosphäre zu gute, die besonders im Titeltrack beinahe erstickend wirkt – ein bisschen wie eine Ballade :haha:
Hollow Crown macht einiges anders als die Vorgängeralben, aber nichts wirklich schlechter. Wo vorher kompromissloses Wirrwarr herrschte, Griffbrettprügeleien virtuosen Schlagzeugmustern den Weg ebneten, stehen heute progressive Ideen, tolle Melodien und eine dichte Atmosphäre im Vordergrund, was das multiple Talent der Jungs beweist.

The Here And Now [2011]
Können sich diese Jungs mit ihrem vierten Album noch einmal neu erfinden, oder ist der Pfad, den sie mit Hollow Crown eingeschlagen haben jener, den sie weiter begehen wollen?
Ein klares Jein.
Vorab sei gesagt, dass The Here and Now sicherlich mein am wenigsten gehörtes Architects Album ist, was sicherlich nicht zuletzt daran liegt, dass ich mir nicht sicher bin, wie ich die Ausgangfrage dieses Reviews beantworten muss.
Auf der einen Seite war auf Hollow Crown sicherlich abzusehen, dass die hasserfüllte Kompromisslosigkeit in der Form, wie sie auf Nightmares zu hören war, sicherlich nicht mehr wiederkehren würde, aber dass das ganze so endet, war ja auch nicht abzusehen.
Hinfort sind die Zeiten des Chaos‘, des Hass‘, der Verzweiflung. Architects versuchen sich mit The Here And Now an einem melodiereichen, warmen Stück Musik, dennoch von der schier unersättlichen Härte und Brutalität gefüllt. Man höre sich nur das maßlos rabiate Delete, Rewind an, da schlägt einem Fan der ersten Stunde das Herz hoch. Kontrastprogramm gibt es allerdings bei der – und diesmal ist sie es nicht nur fast – Ballade Heartburn. Eine ganz neue, poppige Seite tut sich auf, und der ein oder andere mag – wie es im Metal ja tollerweise üblich ist – „Mainstream!“ rufen, aber das ist sicherlich alles andere als der Fall, was mit dem zerfetzenden Rausschmeißer Year In Year Out/Up And Away dann nochmal bewiesen wird.
Was soll bloß im Fazit dieses Reviews stehen? …
Ein Album, das anders ist. Nicht schlecht, aber herausragend sicherlich auch nicht. Auf jeden Fall präsentieren sich Architects von ihrer bis dato vielseitigsten Seite – ist das jetzt ein Wortspiel oder sowas?

Daybreaker [2012]
Nachdem mich The Here And Now mit einigen Fragen zurückgelassen hatte, durfte ich mich schon in diesem Jahr auf eine neue Scheibe freuen, und was für eine!
Ich finde, als kurze Zusammenfassung des Albums dient das „Review“ von Florian Krapp auf der Metal Hammer Website ganz gut, deshalb zitiere ich das hier einfach mal ganz dreist hinein:

“Florian Krapp / METAL-HAMMER.de“ Wie dem auch sei, Architects schicken sich nun, an mit der aktuellen Platte DAYBREAKER beide Lager zu versöhnen, denn die Briten haben inzwischen ihren Stil gefunden, der zwischen verzweifelter Aggression, Tragik und Romantik liegt. Vor allem der letzte Punkt ist dieses Mal richtig ausgegoren, so dass die Band ihrem neuen Werk im richtigen Moment immer wieder ruhige Momente gönnt. Im krassen Gegensatz stehen dazu Songs wie ‘These Colours Don’t Run’ oder ‘Outsider Heart’, die einfach voll auf die Zwölf gehen. Insgesamt wirkt DAYBREAKER trotz der gebotenen Abwechslung homogener und lädt daher immer wieder zum Verweilen ein.

Mit dem ultimativen Brecher These Colours Don’t Run präsentieren Architects einen der besten Songs der Bandgeschichte. Großartige Lyrics machen Liebe mit fies dissonanten Gitarrenläufen, harschem Schlagwerk und purer Aggression. Ein Machwerk, das so zum Beispiel auch auf Nightmares hätte erscheinen können. Mit rohen Breaks setzen die Jungs wieder auf eine alte Stärke und an einigen Stellen hört man wieder den grandios virtuosen Mathcore des Debutalbums.
Insgesamt wirkt Daybreaker wie ein Hybrid aller bisherigen Architectsreleases, und hat sich so sehr schnell nicht nur in meine Album des Jahres-Thread-Liste hineingeschlichen, sondern sich auch zu meinem absoluten Lieblingsarchitectsalbum gemausert. Ganz großes Kino!