Re: Ein Clown bittet zum Tanz

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Dancing Mad God

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Irgendwie gibt dein neuer Avatar deinen Beiträgen immer so einen süffisanten Beiklang :haha:

Hati, das freut mich ja, dass deine Meinung zu „Frankie Teardrop“ dann doch noch so wohlwollend ausgefallen ist. Was das „von vorne bis hinten begeistern“ angeht: Meiner Meinung nach sind die monotonen und extrem reduzierten Parts am Anfang notwendig, damit der bedrückende und schließlich verstörende Aufbau seine volle Wirkung entfalten kann. Der Song ist sicherlich unangenehm zu hören, aber eben deswegen auch so eindringlich, wie du ja selbst erkannt hast.

Was die Interpretation des Textes angeht: Am Anfang steht ja erstmal die Erzählung eines Einzelschicksals, das durch die Benennung des Songs nach dem Protagonisten noch stärker individualisiert wirkt. Erst durch die von dir erwähnte Zeile „We’re all Frankies“ wird das Leid der Figur zur Tragödie der allgemeinen Bevölkerung; die „Hölle“, in der Frankie und schlussendlich „wir alle“ brennen (was die letzte Zeile des Textes ist), scheint dann keine Strafe für Frankies Greueltaten mehr zu sein, sondern der menschliche Urzustand. Das kann man durchaus auch sozialkritisch auf die amerikanische Gesellschaft beziehen, die in anderen Tracks (wie „Rocket USA„) auch noch etwas expliziter ins Visier genommen wird.

Was Kommando Sonne-nmilch betrifft, so sind deren Texte oft schwer bis unmöglich zu entschlüsseln und ich habe es eigentlich aufgegeben, jede Metapher in einen fixen Bedeutungs-Kontext einordnen zu wollen. Im Falle von „Der Wilderer“ jedoch habe ich das Szenario immer so verstanden, dass sich das Mädchen in einem Dilemma befindet zwischen Sehnsucht nach der modernen Welt und der (scheinbaren) Sicherheit der Abgeschiedenheit, in der sie aufgewachsen ist („Ich möchte hier jetzt weg“; „Bin alleine und hatte noch nie Angst“). Ob das Niederbrennen der Hütte und Präparieren seines Leichnams (in denkbar schlechter Reihenfolge) eine tatsächliche Anweisung ihres wahnsinnigen Vaters ist oder ein symbolischer Abschied von ihrem alten Leben, kann ich nicht genau sagen, aber zumindest spricht die Erscheinung ihrer toten Mutter dafür, dass sie halluziniert.
Die dichte und psychotische Atmosphäre war mir auch irgendwie immer wichtiger als die genaue Bedeutung der Geschichte und ich bin froh, dass die auch für dich rübergekommen ist.

Kommando Sonne-nmlich sind übrigens mehr oder weniger eine Punkband, auch wenn man das anhand dieses Tracks nicht unbedingt erahnen kann. Auf der EP Scheisse nicht schon wieder Bernstein [sic] sind sie auch schon wieder näher am Stil herkömmlicher Jens-Rachut-Bands (klingt dann meistens ungefähr so), auf älteren Veröffentlichungen dienten sie eher als experimentelle Spielwiese für diesen genial-durchen Musiker. Auch wenn dir „Der Wilderer“ also gefallen hat, könnte auf voller Länge vielleicht eher Der Specht baut keine Häuser mehr deine anti-konventionellen Ansprüche erfüllen. Beispiel: „Verwandte aus der DDR

Meine letzten Reviews hab ich mir in den letzten Tagen mehrmals vorgenommen, kam aber immer was dazwischen. Liefere ich dann also die Tage nach.

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[indent]Jerry lacht wie ein Kind. Schlurft wie ein alter Mann. Langsame, schleppende Sprache. Zufällige Gedanken, die in einem sterbenden Gehirn hängenbleiben. Verworrene Erinnerungen. Stimmen, die sonst niemand hört.[/indent]