Re: Paula Pantoffeltierchens Drogentrip mit Nikki dem Clown, Schachtmenschen, Mördern und einer Aberratio Mentalis Partialis

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Nik

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Und bei mir sind die ersten beiden Reviews geschafft, wie flüssig das ging

The Soft Moon – Sewer Sickness

http://www.youtube.com/watch?v=1soVCQ3svn0
Direkt mein erster Kontakt mit der wirren Welt, welche rund um palez Geschichte und ihrem ganz eigenen, kleinen Universum geschaffen wird, ist mit einer Band, welche mir vom Namen schon bekannt war.
The Soft Moon hab‘ ich schon einige Male hier sehen können, sei es durch h0az oder auch Clemente, und natürlich vor allem durch palez. Dabei hätte ich aber im Leben nicht daran gedacht, was sich mir hier präsentiert. Denn das ist eine wilde Tour, welche vermutlich in Richtung neuerem Post Punks geht, zumindest so weit ich das beurteilen kann, da ich mich in dem Bereich kaum auskenne – ein Umstand, welcher sich durch den Sampler ja hoffentlich etwas ändern wird.
Die Band wurde erst 2009 von Luis Vasquez gegründet, um ein Spektakel für alle Sinne zu erschaffen.
Das würde ich zwar nur bei einem Konzert beurteilen können, aber schon dieser Umstand macht mich äußerst neugierig, und so mache ich mich dann mal an das Lied ran.

Als er die Augen schloss zuckten blendende Blitze durch die Dunkelheit. Wie die Leinwand nach dem Abspann eines Filmes. Nur umgekehrt, von den Farben. Aber dieser Unterschied machte ihm nichts, denn auch er war… anders. Er konzentriert sich, und spürt das Blut in seinen Adern pulsieren.
Ein repitiver Rhythmus, ohne Aussetzer, recht schnell und nachhallend. So in sich gekehrt, spürte er etwas, dass – vielleicht, irgendwann einmal – so etwas wie… Glück gewesen sein könnte.
Zumindest ein leichter Anflug dessen, wie der Versuch des Sonnenlichts durch trübes Glas, vermoderte Holzverschläge und nicht zuletzt eine erstaunlich dicke Schicht abgestorbener Hautzellen zu dringen. Ein kühles Glimmen kam an. In der Dunkelheit des Raumes war es jedoch relativ hell.
Mit einem langen Hauch bließ er bläuchlich grauen Rauch in die Luft.
An seinen leeren Händen spürte er den kalten Zug des Stahls. Gedankenverloren bildete er mit fließenden Bewegungen den Lauf des Jagdgewehres nach. War er verrückt?
Ja, ganz bestimmt war er das! Ein rauhes Lachen entglitt seiner ausgetrockneten Kehle.
Ein Soziopath, ein Mörder. Ein gnadenloses Monster. Und Spaß hatte er daran. Wahre Befriedigung.
Das spärliche Licht im Raum warf dunkle Schatten auf sein Gesicht, und zeichnete die Konturen seines Körpers mit gerade zu unmenschlicher Schärfe nach. Er grinste.

Mit Sewer Sickness bietet palez den perfekten Einstieg in ihre Geschichte. Der gewisse Wahnsinn, der dem Protagonisten von Teil I. innewohnt, spiegelt sich auch in der Musik von The Soft Moon wieder. Das Lied fällt gänzlich instrumental aus. Ein repitiver Rhythmus durchzieht die ganzen zweieinhalb Minuten, ein bollernder, hallender Ton den ich nicht wirklich einordnen kann.
Schon fast hypnotisierend. Dazu mischen sich bis zur Unkenntlichkeit verzerrte, hohe Gitarren, die wie ein Schwarm Bienen durch das Klangbild schwirren.
Die Melodien sind extrem eingängig, und bleiben direkt im Ohrt. Vor allem mit dem durchgehenden Hintergrunggetrommle erschafft das Lied einen großartigen Eindruck. Es ist alles so minimalistisch gehalten, und erzeugt doch einen kleinen Wirbel, der ins Lied hereinzieht. Gefällt mir schon super, und lässt mich dem restlichen Verlauf der Geschichte sehr glücklich entgegenblicken.

Angels of Light – New City in the Future

http://www.youtube.com/watch?v=gMoISy3kL3I
Angels Of Light also. Es war eigentlich vollkommen klar, dass palez versucht, mir ein Stück Musik von Michael Gira anzudrehen – wogegen ich nichts einzuwenden habe. Wie auch seine anderen Projekte trägt der Klang, der sich mir hier offenbart, deutlich die Handschrift Giras, und erinnert teils an eine Mischung aus Swans, Skin oder World of Skin, in welche etwas Country und etwas Folk gemischt wurde.
Nach der Trennung von Swans wurde Angels of Light 1998 ins Leben gerufen, und löste sich 2009 anlässlich des Neubeginns der Schwäne wieder auf. Schade eigentlich.
New City in the Future stammt noch aus den Frühjahren des kurzen Lebens der Gruppe, vom zweiten Album How I Loved You aus dem Jahr 2001.

Gestanden hätte er es natürlich nie. Aber ihr Tod hatte ihn beschäftigt. Es war das erste Leben, welches er mit seinen Händen aus der Eiswüste des Lebens gehoben hatte, gleich Asche in den Sonnenuntergang gepustet. Er empfand keine Reue. Nein, dafür sah er keinen Anlass.
Wenn er die Zeit dafür fand, suchte er den Ort, an dem sie starb, gerne auf.
Mit leisem Knirschen wurde der flockige, weiße Schnee zu seinen Füßen zu einer festen, grauen Platte, wenn er den frisch zugeschneiten Weg langlief. An diesem Ort hatte sie wohl gelebt. Hier war sie, sozusagen, aufgeblüht.
Wenn er die Augen schloss, sah er sie vor sich. Wie sie, leicht angetrunken, in kurzem Kleidchen den dünnen Kieselweg entlanghüpfte. Ihre weiße Haut leuchtete im Schein des runden Mondes. Wie Kreide.
Andere hätten sie wohl für außergewöhnlich hübsch gehalten. Nicht, dass ihn das in irgendeiner Weise interessiert hätte. Warum auch.
Er wollte sie ärgern, sich einen Spaß erlauben. Er heftete sich an ihre Fersen, so offensichtlich, dass sie es merken musste. Als sie panisch schneller lief, wurde auch er schneller. Als sie anfing zu rennen, rannte auch er. Schade für sie, dass sie – ohne es zu bemerken – immer weiter in den Wald hereinlief. Je schneller sein Atem seinen Lungen entfloh, je heftiger das Blut durch seine Adern schoss, desto größere Freude empfand er. Ein wundervoller Spaß. Dann war sie gestolpert. Den Abhang heruntergestürzt. Was ein Pech auch. Fast enttäuscht ging er zurück nach Hause.

Der Körper, den die Polizei fand, war entstellt. Die Kleider hingen zerrissen an den langen, scharfen Wurzeln, welche den Abhang schmückten. Nackt, entblösst und schutzlos lag sie am Boden.
Das rote Blut, welches aus ihrem Körper geflossen war, bildete kleine Rosen auf dem Dreck. Ihr Gesicht war ganz weiß, wie eine japanische Totenmaske. Ihre Gliedmaßen bildeten groteske Muster, zertrümmert. Zerbrochen. Zerstört.

Mit einem friedlichen Gesichtausdruck überschaute er den Waldboden. So lang war es schon her. Für ihn eine Ewigkeit. Die Steine des Abhangs waren mit Schnee überzogen, glänzten vom Eis. Wie kolossale, friedliche Schreine. Wie Türme aus Eis stachen die Bäume in den Himmel. Hier war es gewesen. So leblos. So rein. Er hatte sie erlöst. Sie war nun für immer sein. You were mine… you were mine… you were mine… you were mine…

Auf das Album angesprochen, sagte Gira, die Lieder wäre über Jahre entstanden, und auf ihre Weise alle Liebeslieder.Um so erschreckender ist es, wie perfekt der Text von New City in the Futuregeeignet sind, um die Geschichte seines ersten Opfers zu erzählen. Doch auch sie ist ja irgendwo, wenn auch sehr verkappt, eine Liebesgeschichte.
Es ist geradezu erstaunlich, wie Gira es schafft, dass die Lieder immer gleich ablaufen, ohne je gleich zu klingen. Gewohnt fängt es mit nichts an, und wird zu allem. Leichte, vereinzelte Töne, dann seichte Countrygitarren. Traurige Melodien und diese kernige, markante Stimme. Leicht leiernd, spirituell anmutend. Es wird immer lauter, Akkordeon, Synthies und Schlagzeug kommen hinzu. Immer weiter verdichtet sich die Atmosphäre. Wachsende Verzweiflung kennzeichnet den Verlauf. Und das wird vor allem an der Stimme deutlich, immer weiter schreit Gira aus der Finsternis seiner Seele.
Seit ich New City in the Future vor zwei Wochen gehört habe, lässt mich das Lied nicht los.
Here… here it is, look at it shine. Pure, polished and white. Piercing the sky, new towers of ice, so lifeless and clean… you were mine, you were mine… you were mine, you were mine…
Und so können sich auch Angels of Light wohl bald in meine Liste der Gründe weshalb ich Michael Gira verehre einreihen, in guter Gesellschaft von Swans und Skin/ World of Skin, aufgenommen werden.
Was ein großartiges Erlebnis dieses Lied immer wieder ist. Unglaublich.

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