Re: Solefald – World Metal. Kosmopolis Sud

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Dr. Jones

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Dann mal ein Track-by-Track-Review von mir, wer sich lieber überraschen lassen will, sollte lieber direkt zum Schlussfazit springen, wobei meine Beschreibungen natürlich nicht den gesamten Umfang erfassen.

World Music with Black Edges: Der Opener startet bereits fulminant mit Solefald-typischer Extravaganz. Schillerndes Keyboardspiel harmoniert mit epischer Gesangsführung, kratziger Keifgesang wird durch abgestopptes Riffing vorangetrieben. Dazu durchbrechen elektronische Experimente von sphärisch und blubbernd bis Dubstep-mäßig stoisch-wummernd und Afrobeat-Rhythmen das Dickicht. Natürlich gibt es noch mehr zu entdecken, aber man will ja nicht zu viel vorwegnehmen. Insgesamt ein furioser Einstieg, der in bekannter Band-Manier die Erwartungen des Hörers gegen eine Betonwand fahren lässt.

The Germanic Entity: Der wohl eingängigste Song des Albums punktet mit verspielten Melodien und Mitgeh-Groove. Die Gesangsführung ist auch hier höchst eigenwillig, die schizophrenen Wechsel zwischen Cleanvocals und Growls sind jedoch trotzdem sehr unterhaltsam. Eine chorale Bridge im Mittelteil sorgt für den Schuss Pathos, bevor schwirrende Elektronik mit groovendem Industrial Metal eine Symbiose eingeht. Gegen Ende wird es dann mit autoritärer Erzählstimme und IDM auch noch etwas düster-elektronisch und fast darkwavig. Wieder ein klarer Punktsieg.

Bububu Bad Beuys: Der Song mit den durchgeknalltesten Vocals auf dem Album. Vorab gab es ja bereits ein Video mit einer „Studio Session“ in Tansania und dementsprechend werden hier dann auch die dort zu hörenden abgeschossenen „Schamanenschreie“ vom Stapel gelassen, während die Buschtrommel umgerührt wird. Die zweite Hälfte ist dann weniger klischeehaft „afrikanisch“, aber in seiner unberechenbaren Rhythmik nicht minder verrückt. Cornelius fährt die ganze Bandbreite seines Stimmorgans auf, klingt aber zu keiner Sekunde wie ein Mensch, der noch bei Sinnen ist. Könnte viele vor den Kopf stoßen, mich unterhält er allerdings sehr gut.

Future Universal Histories: Ein eher unspektakulärer Song, der zu Beginn von hymnischem Klargesang und treibenden Basslinien geführt wird. Einige proggige Passagen mit zuckenden Riffs und zackigem Keifgesang, sowie atmosphärische Keyboards lockern das Midtempo gelegentlich auf. Das Finale ist dann wieder etwas getragener und mit Norron Livskunst-Epik versehen. Bis hierhin die gewöhnlichste Nummer.

Le Soleil: Wieder ein Song, der viel Electro integriert. Eine klingende Melodie bildet das Hauptthema und wird immer wieder in verschiedenen Variationen aufgegriffen. Dazu wurde der Metal-Anteil auch etwas hochgeschraubt und man darf das erste Mal richtige Raserei in Form von Blastbeats und Keifgesang vernehmen. Im Grunde ein klassischer Solefald-Song, der viel experimentiert, in diesem Fall aber wenig überrascht.

2011, or a Knight of the Fail: Der Song beginnt sehr eingängig mit einem cheesy Refrain und jaulenden Licks, wird jedoch in der Strophe mit gerauntem Sprechgesang konterkariert. Mit stampfendem EBM und klickernder Elektronik werden hier auch wieder spannende Klangfacetten ergänzt, wodurch der Song sich im Gedächtnis verankern kann. Für Album-Verhältnisse zwar fast gewöhnlich, dank seiner Hit-Kompatibilität aber dennoch ein Gewinner.

String the Bow of Sorrow: Ein dramatischer Einstieg mit ausuferndem Klargesang und tosenden Keyboards erwartet uns hier, bevor das Gaspedal wieder Beachtung findet und peitschende Metal-Riffs den Gehörgang geißeln sowie grimmige Vocals durch den Song wildern. Im Verlauf wird es auch wieder etwas melancholischer und trist-traurige Melodien umspielen die lethargische Erzählstimme. Die Nummer ist in seinem Abwechslungsreichtum ebenfalls schwer chronologisch zu beschreiben, beziehungsweise zu aufwändig, weshalb ich auch hier nicht allzu viel ausschlachte. Trotzdem lässt sich zusammenfassen, dass wir es mit einem gekonnten Track zu tun haben, der mit viel Bombast arbeitet, die Atmosphäre jedoch nicht unter Kleister leiden lässt.

Oslo Melancholy: Ein ruhiger Rausschmeißer, der mit bedrücktem Gesang und elegisch wandernder Gitarre den Hörer auf einem Ambient-Bett aus dem Album begleitet. Gelungen.

Schlussfazit: Ich habe nach der schwachen Kosmopolis Nord-EP meine Erwartungen auf ein Minimum zurückgeschraubt, jedoch scheinen meine Sorgen unbegründet zu sein, denn Solefald beweisen auf „World Metal. Kosmopolis Sud“, dass sie immer noch ein unglaublich gutes Gespür für außergewöhnliches und forderndes Songwriting besitzen. Trotz der teilweise überspitzten Extravaganz bleiben die Songs größtenteils nachvollziehbar und immer noch eingängig und faszinierend, auch wenn sich im Mittelteil etwas beliebigere Songs eingeschlichen haben. Stilistisch orientiert sich die Band wieder an ihrem eigenwilligem Frühwerk „Neonism“, lässt aber noch deutliche Einflüsse des Vorgänger-Albums durchscheinen und arbeitet mehr als je zuvor mit fremdländischer Rhythmik und Electro. Wie immer ist das Gefallen nicht garantiert, weshalb vorheriges Reinhören dringendst empfohlen ist.

Anspieltipps: World Music with Black Edges, Bububu Bad Beuys, String the Bow of Sorrow