Re: Asylrecht und Migration

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Leukon

Registriert seit: 14.07.2010

Beiträge: 1,385

DarayVielleicht mal kurz meine Einschätzung als jemand der nicht wirklich viel weiss:

Das Problem dass wir jetzt mit den Flüchtlingen haben ist die Konzentration von Wohlstand und Sicherheit. Aber dieser Wohlstand und die Sicherheit ist kein unbegrenztes Gut. Damit will ich nicht sagen, dass im Land X zu jedem Zeitpunkt dieselbe Menge Ressourcen Y zur Verfügung steht, aber es ist auch nicht so, dass wir erwarten können jeden Menschen aufzunehmen ohne dass sich der Wohlstand schmälern wird. Diese Vorstellung ist illusorisch.
Was sind also unsere grundlegenden Optionen?

Wir können nationalistisch verantwortungsvoll agieren und uns um die Interessen der Menschen bzw. Bürger der Nation kümmern, diese müssen dabei keine Einbussen in Kauf nehmen ausser dem Unterdrücken ihres Mitgefühls oder einem etwas schlechten Gewissen bei den Nachrichten vielleicht, aber danach gibts ja auch lecker Abendbrot und das macht dann alles wieder gut.

Wir können auf verschiedene Weisen international verantwortungsvoll agieren auf verschiedene Weisen, die sich alle negativ auf den Wohlstand der Bürger auswirken. Wir können die Symptome bekämpfen und Flüchtlinge aufnehmen, aber Flüchtlinge sind wie Rotz (Mümmü „Flüchtlinge sind kein Rotz es sind Menschen!“ Ich meine in der Analogie der Krankheit gesprochen, du Honk). Solange ich erkältet bin rotze ich vor mich hin. Und der Rotz kommt und kommt, mal mehr, mal weniger, aber wenn ich immer gleich krank bin, dann geht der nicht weg. Also müssen wir die Krankheit bekämpfen und das bedeutet nicht nur aktive politische evtl sogar militärische Einflussnahme sondern auch viel viel Geld in Infrastruktur und Ausbildung einer Bevölkerung, die nicht unsere Bürger sind. Die nicht mal in unserem Land auf unserem Boden sind. Und das führt nicht nur dazu, dass Geld, dass in unserem Land eingenommen wird, anderen Ländern zu Gute kommt, sondern auch, dass sich unsere Lebenskosten erhöhen werden, weil uns durch unsere „Entwicklungshilfe“ die Länder ausgehen, in denen billig und mit wenig gesetzlichen Restriktionen produziert oder Ressourcen abgebaut werden können.

Wie denke ich nun? Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Der nationalistische Ansatz ist einfacher. Er liegt mir nahe, denn ich muss wenig tun, wenig selber leiden und nur verhindern, dass ich vom Leid der anderen oder von deren Streben nach Glück allzu viel mitbekomme.

Dann gibt es noch den „Flüchtlinge-sind-keine-Probleme-sondern-Menschen-und-wir-nehmen-alle-auf-und-machen-ne-grosse-Party-und-die-Afrikaner-zeigen-uns-coole-Tänze-und-wie-man-Spielzeuge-aus-Aludosen-macht-und-die-vom-Balkan-machen-was Leute-vom-Balkan-halt-so-machen-was-machen-die-eigentlich?-auch-egal-denn-allen-geht-es-supi-und-wir-haben-uns-alle-ganz-doll-lieb-und-niemand-muss-auf-irgendwas-verzichten-und-wer-was-anderes-sagt-ist-ein-Rassist-und-Arsch-und-sowieso-nicht-mehr-mein-Freund-auf-Facebook“-Ansatz, der daran scheitert, dass er kaum Überschneidungen mit der Wirklichkeit hat.

Bleibt Symptomsbekämpfung und Entwicklungshilfe. Und dafür bin ich viel zu egoistisch. Ich spende für internationale Projekte im Jahr etwa 300 Euro. Bei einem steuerbaren Einkommen von etwa 60’000 Euro jährlich. Das ist ein verficktes halbes Prozent. Das ist schäbig. Ich habe eben zwei Sammelbände von Gaimans The Sandman bestellt mit fast demselben Wert… Ich bin mir einfach so viel mehr wert und auf etwas Wohlstand verzichten zugunsten anderer. Nur für ein gutes Gewissen und vielleicht 2 Flüchtlinge weniger?

Auf der anderen Seite habe ich ein ausgeprägtes Verlangen nach Gerechtigkeit und nach sinnvollen und nachhaltigen Entscheidungen. Es mag bizarr klingen, aber ich will, dass der Staat mich zwingt von meinem Wohlstand abzugeben um anderswo etwas mehr Wohlstand zu schaffen. Ich denke, wenn die Aufgabe des Staates ist seine Bürger zu schützen, dann führt kein Weg daran vorbei seinen Bürgern zu schaden. Eine simple Mahlzeit jeden Tag scheint mir ein besseres Leben zu sein als 30 Jahre Bankett und 30 Jahre Hungertuch.¨

Dies meine Einstellung zu dem Thema. Ich hoffe nicht allzu wirr und zumindest ansatzweise verständlich.

In Wirklichkeit ist gibt es hier nur einen Scheinwiderspruch. Es gibt keine fundamentale Gegensätzlichkeit zwischen der Bewahrung bestimmter staatlich-sicherheitspolitischer Eigeninteressen und dem Anliegen, Menschen in Not Hilfe zu leisten. Nur ein funktionierender, wirtschaftlich prosperierender, nicht vom inneren Unfrieden zerrütteter Staat, der Bedingungen seines Erfolges schützt, ist dauerhaft in der Lage, humanitäre Hilfe zu leisten, Konflikte zwischen Drittstaaten zu befrieden und als positives Beispiel für funktionierende Institutionen Vorbildwirkung zu entfalten.

Nur ein Staat, der seinen Bürgern Zukunft bietet, kann dem Rest der Welt auf seinem Weg in eine bessere Zukunft beistehen. Zu den Erfolgsbedingungen, die das Leben in den Wohlstandsnationen im Großen und Ganzen sicher und komfortabel machen gehört der Zusammenhalt ihrer Bürger. Demgegenüber ist die vielgepriesene ethnische Diversität assoziiert mit gehemmtem Wirtschaftswachstum, dem Verlust der sozialen Kohäsion, mit zunehmender Korruption und – hier von besonderem Interesse – reduzierter Entwicklungshilfe an andere Staaten. Die Welt wird kein angenehmerer Ort sein, wenn die europäischen Völker, besoffen vom Menschheitspathos, die Voraussetzungen ihres sozialen Zusammenhalts drangeben.

Du übernimmst letztlich in der Sache das Argument, dass der westliche Wohlstandsspießer sich eigentlich nicht so haben dürfte, wenn es seinen Privilegien an den Kragen geht. Ich halte das für eine unangemessen Bagatellisierung, die fahrlässig verkennt, welches physisch-reale Gewaltpotenzial der Zustrom von – extrapoliert man den aktuellen Trend – Millionen perspektivloser junger Männer in unsere Gesellschaften verpflanzt. Das wäre ein demographisch-soziologischer Sprengsatz, der auch von einem noch so ausgefeilten Sicherheitsapparat nicht beherrscht werden könnte.

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