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Aquifel
blacklebaron
„Das zu tun (zu können), was einem gerade in den Sinn kommt, ist eben keine Freiheit, sondern die Selbstauslieferung an Instinkte und instinktähnliche Sozialzwänge. Echte Freiheit ist die bewußt gemachte Annäherung von ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ bis hin zu deren Identität.“
Also quasi wie „Schillers Schöne Seele“?
Halte ich in dem Sinne nicht für vollkommene Freiheit/freien Willen (den es IMO eh nicht gibt), es sei denn es gelte die Prämisse, dass die Person von vorneherein ein identisches Wollen und Sollen hat. Alles andere wäre „anerzogen“ und damit durch aussen beeinflusst und von daher ncht frei. Abgesehen davon ist ein Sollen nicht von der Person definiert.
Wenn ich Dich recht verstehe, dann gehst Du davon aus, daß ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ zwei grundsätzlich voneinander getrennte Dinge sind.
Eben davon gehe ich nicht aus.
Ich denke, das ‚Sollen‘ ist die gebündelte Reflektion des ‚Wollens‘ einer Anzahl von Menschen, die (auf einer höheren Ebene als der instinktgeleiteten) miteinander verbunden sind, also z.B. im Staat. Freilich muß das ‚Sollen‘ erstmal vom ‚Wollen‘ des Einzelnen abweichen, schließlich muß das ‚Sollen‘ das ‚andere Wollen‘ des Nächsten möglichst mit berücksichtigen. Und was als ’sollen‘ „gut“ für’s Ganze ist, kann für den Einzelnen im Extremfall auch „schlecht“ sein – aber das gilt genauso umgekehrt.
Im Idealfall sind ‚Wollen‘ und ‚Sollen‘ deckungsgleich; aber das wird man grad heutzutage in der westlichen Kultur kaum finden, wo sich jeder eh nächste ist, und ‚Wollen‘ eindeutig das ‚Sollen‘ dominiert. Dabei wird gerne vergessen, daß der Mensch eigentlich ein soziales Wesen ist, das auf die Gemeinschaft angewiesen ist, und das deshalb manchmal im eigenen Interesse (!) sein unmittelbares ‚Wollen‘ hinter dem Interesse Aller zurückstellen muß.
Ich würde unseren heutigen zustand auch kurz als hochgradig dekadent bezeichnen.
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Qui tacet consentire videtur!