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So, nu gehts weiter.
blacklebaron
Denn bis zu diesem Zeitpunkt stellte sich den Menschen die Frage der eigenen Freiheit nicht: das ‚Sollen‘ war ihnen so selbstverständlich, daß sich die Fragen nicht stellten. (Ob das damalige ‚Sollen‘ nach heutigen Maßstäben „gut“ oder „schlecht“ war, ist für diese wertfreie Diskussion irrelevant).
Oder eher deshalb da, gerade vor einigen Jahrhunderten, der einfache Mann durch Umstände, wie stärkeres religiöses Empfinden (oftmals) oder schlichtweg aus Problemen im Alltag, mit denen er genug zu Ringen hatte und auch die allgemeine weniger emanzipierte Situation der Gesellschaft, nicht so stark das Bedürfnis bzw. durch das Gefühl der Determiniertheit nicht den Eindruck, dass er direkt etwas ändern könnte hatte. Und die dann stattfindenen Revolutionen hatten neben dem Gefühl des moralischen Verfalls auch viel mit der Unfreiheit zu tun.
Heutzutage haben wir den Zustand der „Sollens-Krise“ zum moralischen Absolutheitsanspruch erhoben, im Prinzip schmiedet sich jeder seine eigene Moral, naheliegend, daß er sie an sich selbst ausrichtet. Das bedeutet freilich auch Konflikt mit der „Ego-Moral“ des Nachbarn. Der
Inbegriff dieser „Ego-Moral“ heißt bei den meisten: Lustprinzip!
Wobei das imo nicht so krass ist wie du sagst und durch die Entwicklungen in der Vergangenheit, ist das eher nicht so abwegig, dass es so gekommen ist. Und letztendlich muss jeder selbst entscheiden, was er moralisch verantworten kann. Ohne partielle Ego-Moral der Individuen wäre das Leben öde, da wir in in jeglicher Hinsicht diesbezüglich konform gängen. Aufgrund der verschiedenen Kulturen wäre das global gesehen alles aber eh kaum möglich.
Und zum Lustprinzip : Du verteufelst es ja geradezu. Aber in nem gewissen Rahmen ist gegen dieses Prinzip nichts einzuwenden! Vor allem, wenn man die Konsequenzen seines Handel´ns trägt, ergo auch die Verantwortung.
– Individualisierung bzw. Atomisierung, Single-Dasein
– Selbst-Betäubung ganzer Gesellschaftsschichten: man wird von Myriaden unsortierter Informationen erschlagen, liegt im moralischen Konflikt mit sich selbst und seiner Umgebung, also gibt man sich lieber der Betäubung hin, die da viele Namen haben: Kokain, Extremsport, Entertainment usw.
Das klingt, als ob du mit der Ablenkung im Leben ein grosses Problem hast. Letztendlich läuft alles auf den Tod hinaus. Und vieles lenkt uns von dieser Realität ab. Manche brauchen mehr Ablenkung, andere weniger. Für den einen macht es mehr Sinn dies durch harte und lange Arbeit zu tun, für andere ist es besser, sie schauen täglich ihre drei Stunden fern. Krass gesagt gibt es für jeden Akt einen der davon profitiert, auch wenn oft irgendwo einer verliert. Aber was wäre schlimmer, als am Ende abzutreten und den Grossteil seines Lebens zu bereuen, weil man sich nicht ab und an dem Lustprinzip, der partiellen Ego Moral zugewendet zu haben?
– Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken
Geht auch mit dem Lustprinzip.
– je privater, desto toleranter, je öffentlicher, desto intoleranter
Das klingt irgendwie nach nem ganz seltsamen Weltbild.Öffentlich kann man sicher weniger sagen/machen, als privat, aber das klingt so zu krass formuliert.
– eine einigermaßen kohärente, verständliche Moral für alle
Gewisse moralische Grundprinzipien hat jede Kultur und ausser gestörte Individuen geht jeder damit halbwegs konform. Mehr würde zur Entindividualisierung führen, was unserem heutigen Bewusstsein nach ziemlich hart wäre.
Wenn sich die Frage der Freiheit nicht mehr stellt, dann haben wir viel Freiheit.
Eigentlich nicht, wir empfinden nur nicht das Bedürfnis nach Freiheit. Wer aber einmal den Blick auf die Freiheit, der dem Menschen in der Realität möglich ist, geworfen hat, der wird, zu Recht, nicht mehr wirklich einsehen, warum er sie aufgeben sollte. Es ist wie mit Träumen : Gehen sie in Erfüllung ist es schöner als alles andere, zerbrechen sie aber, ist es shclimmer, als sie nie erlebt zu haben (zumindets für den Moment, bis man „Ersatz“ gefunden hat).
Was aber alles immer noch nicht erklärt, wie wirkliche Freiheit im Zusammenhang/Annäherung mit der Einheit von Sollen und Wollen steht. Du hast schlichtweg erklärt, dass wir, wenn Sollen und Wollen eins sind, nicht mehr das Bedürfnis haben, über Freiheit nachzudenken. Und das ist wie Dummheit/Naivität : Macht einen scheinbar glücklicher, da man vieles nicht hinterblickt/hinterfragt, aber endgültige Befriedigung bietet es dem Geist oder der Seele nur sehr bedingt (auch wenn man so durchaus ohne Reue sterben kann und in der Sekunde des Todes sein Leben als erfüllt betrachten kann).
Das erreichen des höchstmöglichen Grades wirklicher Freiheit für die höchstmögliche Anzahl Personen sollte daher das Ziel sein und nicht den Leuten das Bedürfnis nach Freiheit zu nehmen. Das ähnelt Propaganda : es scheint Probleme zu lösen, für den Verstand derer, die drauf reinfallen/sich dem hingeben, aber wirklich gelöst wird damit nicht mal ein Kreuzworträtsel in der Bildzeitung.
Edit : Abgesehen davon würde die Identität von Sollen udn Wollen auf einer gemeinsamen Basis des (moralischen) Sollens, die Individualität des Ichs einschränken, was die Progression des Menschen in geistiger Hinsicht zumindest teilweise stagnieren lassen würde.
So wie du vieles sagts, wäre der Mensch eher einer Maschine als einem potentiell hochgradig denkfähigem Tier ähnlich.
Edit’s Return :
– Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein bei gleichzeitig kritischem Denken
Das funktioniert in deiner Anschauung aber nur, wenn die moralischen Konventionen nicht hinterfragt werden, bzw. nicht mit einer negierenden Antwort hinterfragt werden. Und moralisch ist das durch Subjektivität möglich. nur bei mathematischen(physikalischen Konventionen, die uns zur Greifbarkeit des Themas dienen, wäre das abstrus und unmöglich (bzw. möglich, aber sinnfrei).
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Erklärbär des Forums 2. Vorsitzender des Clubs STOLZER BARTTRÄGER Ich hab "Buuhörns" gerufen. http://www.last.fm/user/DerMuedeJoe/ Piercings by Jana