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Martyrs
Die Story zu erzählen ist fast nicht möglich ohne zu spoilern, deshalb nur der Anfang:
In den 70ern entkommt die 14 jährige Lucie aus einem Kerkerverlies, in dem sie monatelang misshandelt und gefoltert wurde. Sie wird daraufhin in eine Anstalt eingewiesen, wo sie sich mit der fürsorglichen Anna anfreundet.
Zeitsprung – 15 Jahre später. Sonntagmorgen. Eine Familie sitzt beim Frühstück, plaudert über Alltägliches. Plötzlich klingelt es an der Tür, der Vater öffnet. Es ist eine junge Frau mit kaltem Gesichtsausdruck und einer Schrotflinte im Anschlag…
So, das war also Martyrs – der wohl umstrittenste Film dieses Jahr. Der Film, der das Horrorgenre revolutionieren sollte. Der Film, der alles bisher Gezeigte in den Schatten stellen sollte. Sind diese Aussagen gerechtfertigt? Ist Martyrs wirklich so schlimm wie viele sagen?
Von meiner Seite ein klaren Jein. Martyrs ist sicher ein sehr intensiver Film, der vor allem sensible Personen sehr mitnehmen kann. Die gezeigte Gewalt ist nicht Vergleichbar mit Filmen wie High Tension oder Inside – Gorehounds schauen in die Röhre. Stattdessen wird eine Gewalt gezeigt, die langsam wirkt, eine Gewalt, die das Publikum vielleicht während des Sehens nicht wahrnimmt, die aber nach dem Film ihre Wirkung entfaltet. Misshandlung, Entführung, Freiheitsberaubung, Trauma…die Thematik ist leider aktueller denn je (Inzest-Dramen in Amstetten oder Turin) und regt durchaus zum Nachdenken an. Dieser Form von Gewalt auch noch einen Sinn zu geben, wie der Film es versucht ist durchaus gewagt, funktioniert aber irgendwie und passt ins Konzept. Dem größten Kritikpunkt – die an den Haaren herbeigezogene Story – kann ich keinesfalls zustimmen. Wie weit viele bereit sind für ihre Überzeugung zu gehen sehen wir jeden Tag und daher sollte man sich nicht über die Story wundern, sondern sich überlegen woher der Autor solche Ideen nimmt.
Martyrs ist Horror im übertragenen Sinne, ein spirituelles Psychodrama in zwei Akten, bei dem es keine Gewinner gibt, nur Opfer. Kultpotenzial ist durchaus gegeben und es werden sicher bald Nachahmer kommen, die die Story für Gorehounds interessanter machen, vermutlich aber alle am menschlichen Aspekt scheitern, der die wahre Brutalität des Films ausmacht. Ich werde ihn mir sicher nochmal anschauen und nun, da ich weiß was mich erwartet (und ich nicht auf Gore Szenen warte) vermutlich noch schockierter sein.
Mit dem Review will ich keine Warnung aussprechen, der Film ist brutal, ja, aber jemand der alles darüber gelesen hat wie ich wird schlimmeres erwarten. Es ist aber auch sicher kein schöner Film, den man sich beim gemütlichen DVD Abend mit der Freundin anschaut – er weiß durchaus auf andere Weise zu schockieren und hat meterhohe Blutfontänen und Metzelopfer im Minutentakt garnicht nötig. Wer den Hype ausblenden kann, den erwartet ein emotionales Psychodrama, mit überraschenden Wendungen, spirituell-philosophischem Einschlag und so noch nie gesehenen Grausamkeiten.
8/10
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