Re: Filmbewertungsthread

#1691721  | PERMALINK

palez

Registriert seit: 04.01.2007

Beiträge: 10,795

Gestern „Breaking the Waves“. Ich fühle mich von meinem persönlichen Von Trier-Debüt immer noch regelrecht erschlagen. Das Grundmotiv, das sich in der komplex verwobenenen Struktur aus Zweifeln, Schmerzen, Schuld, zwei aufeinanderprallenden Gesellschaften (die streng-religiöse der schottischen Dorfgemeinschaft und die liberal-moderne, verkörpert von Jan und Bess‘ jungem Psychiater) und ihrem mörderischen Spannungsverhältnis, fatalen Missverständnissen und den besten Absichten offenbart, ist eine unaufhaltsame emotionale Abwärtsspirale, aus der es für einen Charakter wie Bess (großartig gespielt von Emily Watson) kein Entrinnen geben kann; diese junge Frau, nein, dieses Mädchen, dieses schmerzhaft naive, labile, konsequent altruistische Mädchen, die der Unerbittlichkeit der Kirche und der Gemeinschaft, ihrem innerlich zerrissenen, von Schuldgefühlen geplagten, ans Krankenbett gefesselten Mann, vor allem aber sich selbst ins offene Messer rennt, kann als Sinnbild dafür verstanden werden, dass (in diesem Falle irgendwie fehlgeleitete, aber) ehrliche Güte in einem derartigen gesellschaftlichen System nicht lange überstehen kann. Das zitternde Handkamerabild setzt dem Film inszenatorisch noch die Krone auf. Bin mir jetzt bloß nicht ganz sicher, wie ich dieses Licht am Ende des Tunnels/das abschließende Ja zum Glauben in dem Zusammenhang finden soll, aber sonst: toller Film!