Re: Filmbewertungsthread

#1691957  | PERMALINK

palez

Registriert seit: 04.01.2007

Beiträge: 10,795

NRW-vocalsdiesen (deinen) standpunkt haben schon viele im gespräch mit mir diesen film
diskutierend vertreten… kann ich nachvollziehen, bin aber als fan des buches
von der zahmen adaption doch auch jahre danach maßlos enttäuscht. da sind so
viele derbe sachen drin die ich gerne gesehen hätte 😉 somit pickte sich die
regisseurin (sagt ja wohl schon alles…) nur die sozialkritik mit ein wenig sex und
slahing im off raus… versteh auch nicht warum da nicht mittlerweile einer
eine ordentliche version nachgedreht hat… (teil 2 war ja mal ganz ganz arm)

Was hälst du eigentlich von „Funny Games“?

Lazarus_132was ihr immer alle mit eurer „öhh das buch ist aber besser“ kacke wollt… Es ist doch logisch dass wenn man einen roman verfilmt auh eigene ideen umsetzen möchte und das buch ebend nur als vorlage dient. logisch ist auch dass man nicht jeden furz aus einem buch übernemen kann. kurzum gesagt: Buch ist Buch, Film ist Film. und als solcher ist american psycho wirklich grandios mMn.

Ob sich ein Regisseur an einer Buchvorlage messen lassen möchte, liegt IMO auch in seiner eigenen Verantwortung. Deswegen ist Kubricks „Shining“ auch besser als Hillcoats „The Road“.

Story in Grundzügen: Real Life Barbie Girl Nomi will ohne Pass, ohne Vergangenheit (huhuuuu, da ist also was im Busch), aber mit Koffer (der ihr auch prompt gestohlen wird) und Küchenmesser per Anhalter durch d…nach Las Vegas, um – surprise, surprise! – Showgirl zu werden, lässt sich dort erstmal von einer jungen Dame aufsammeln, die für die Kostüme in irgendeiner Tittenrevue zuständig ist, und zur Generalprobe von besagter Tittenrevue bringen. Nomi landet aber natürlich nicht sofort bei dieser Tittenrevue, sondern erstmal in irgendeinem billigen Stripclub, und da die Bühne bei der Tittenrevue sehr viel kleiner ist, es keine besonderen Kostüme und keine Pappmaché-Vulkane gibt, ist es unserer kleinen Nomi peinlich, da aufzutreten, und irgendwie ist sie sich da auch zu schade für. Welch Glück, dass Cristal Connors, derzeitige Hauptperson der Tittenrevue und sowieso voll die gemeine Schlampe, die zu allem Überfluss auch noch bisexuell ist, auf Barbie Girl aufmerksam/scharf wird und ihr ein Vortanzen und schließlich einen Part in der Tittenrevue verschafft. Das ist Nomi alles nicht so ganz geheuer (weswegen das Verhältnis irgendwann nicht mehr ganz so busenfreundschaflich ist), zumal sie es voll doof findet, von den Strippenziehern hinter der Tittenrevue auf ihren Körper/auf primäre/sekundäre Geschlechtsmerkmale reduziert zu werden. Hindert sie allerdings nicht daran, sich den „Entertainment Manager“ (übrigens gespielt von Kyle MacLachlan, den einige vermutlich von „Blue Velvet“ sowie „Twin Peaks“ kennen) der Tittenrevue zu angeln (der vorher übrigens was mit Cristal hatte. Huhuuu, Zündstoff!). An dieser Stelle ist Nomi zwar eigentlich am Ziel ihrer Träume, der mehr als zweistündige Film aber lediglich halb um, also muss unser armes kleines Barbie Girl noch oft feststellen, dass hinter den Kulissen des Showbiz ausnahmslos eklige, notgeile Mistkerle stecken und man sich prostituieren und/oder andere Tittenschwingerinnen an den Haaren ziehen muss, um es in der Branche zu was zu bringen. Nebenbei gibt es noch einen völlig überflüssigen Romanzen-Subplot mit einem erfolglosen Hobby-Choreograph, der wegen Nomi mindestens zwei Jobs verliert.

Oh Mann, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll…:haha:.
Bemerkenswert ist die konstant ultragroteske…ich nenne es mal Grundstimmung/Gesamtinszenierung, die wirklich jede Filmsekunde an sich hat. Die zwischen (sehr freundlich ausgedrückt) Überambition, Motivationslosigkeit und völligem Unverständnis für ihre Rolle pendelnden Schauspieler, die glossy Puppenhausfarben, die Dialoge („Warum liegt hier eigentlich Stroh?“ ist nichts dagegen; „Nicht umsonst habe ich BWL studiert.“ – „Was ist BWL?“) und die Story ergeben ein Gesamtbild, das einen einfach nur sprachlos und mit debil-verständnislosem Gesichtsausdruck vor dem Bildschirm verharren lässt. Es gibt durchaus zahlreiche Momente, bei denen ich, nachdem ich den anfänglichen Schock überwunden habe, einfach nur im Kreis hüpfen und mich freuen wollte, ebenso welche, die die Grenze von trashig-putziger Misogynie zu einfach ekelhafter Misogynie überschreiten, vor allem aber lässt seine innere Widersprüchlichkeit „Showgirls“ ganz merkwürdig in den Seilen hängen. Ich weiß angesichts der Unfassbarkeit des Geizeigten immer noch nicht, was genau die Macher dem Publikum mit diesem Film vermitteln wollten. Einerseits ist es natürlich eine Aufstiegsgeschichte, wie sie naiver und blöder kaum geht, andererseits eine Branchenkritik à la Holzhammer, aufgrund seiner Machart, Entstehungsgeschichte und der Tatsache seiner Existenz allerdings auch eine Showbiz-Satire, wie sie beißender und bezeichnender kaum geht. Strange shit…

Eine meiner Lieblingsszenen (die anderen sind ab 18):

http://www.youtube.com/watch?v=m7zNmkTWeDk

PS: Seltsam ist auch die Feststellung, die ich im Anschluss gemacht habe; nach mehr als zwei Stunden schöner und dürftig angezogener Menschen verspürt man bei Gedanken an schöne und dürftig angezogene Menschen einen gewissen Widerwillen, wenn nicht gar Ekel, und hat für den Rest des Tages keine Lust auf Sex.