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palez Wie dann der Filmrhythmus auf die im Hintergrund laufende Musik abgestimmt wurde, die immer mehr nach Endneunziger-Proll-Electrorock klang, als ich es in einem Film von 2011 erwartet hätte, war quasi der Gipfel des glitzernd-Vulgären. Gerade die Anfangsszene: Eine Degradierung zu einem zehn Jahre alten Musikvideo, eine sekundenlange Schlüsselreizüberflutung. Ein guter Beweis dafür, dass eine audiovisuelle Materialschlacht nicht mit wirklichem Stil gleichzusetzen ist und hoher Finanzaufwand einen nicht davor bewahrt, billig zu sein. Nuttendiesel bleibt Nuttendiesel.
Die Musik als stilbildenes Element einzubauen macht Snyder seit jeher (er ist nicht der Erfinder und auch nicht der Perfektionost in dieser hinsicht – Gott bewahre – aber er macht seine Sache dahin weitesgehend gut; es gibt andere Regisseure, die versuchen, die Bilder auf die Musik abzustimmen und ihren Film mit tausenden Musikstücken und – stilen einfach nur überfluten: siehe „Crank“).
Die Vermischung der Videoclipästhetik in Kombination mit einer computerspielbasierten Handlungsstrategie ist natürlich nicht jedermanns Sache (ich habe munkeln hören, dass einigen Leuten ein Sergio Leone-Film zu langsam erzählt wird), aber das liegt ja auch in der Natur eben jener Sache. Snyder hat noch nicht einen Mainstream-Film produziert, ergo ist Sucker Punch auch nicht für alle gedacht (obwohl er das R-Rating leider über Bord geworfen hat / werfen musste). Er hat mit seinem völlig reizüberfluteden Stil genau die Art von Film gemacht, die man erwartet. Von Woody Allen erwarte ich auch, dass er sich seinem Stil treu bleibt. Was war das für ein Schock, als er nicht mehr in Mono und s/w dreht.
palez
Als Popcorn-/Unterhaltungskino mit standfestem an-sich-Charakter hat SP für mich auch nicht funktioniert, weil ich ihn nicht wirklich mitreißend oder spannend fand. Dazu sind einem die charakterlosen Spielfiguren in Schulmädchenuniformen dann doch zu egal. Außerdem mangelt es ihm an Humor…und mal ehrlich, ein Film, in dem Drachen, Herr der Ringe-Orks, Samurai- und Nazizombieroboter, Tittenrevues in psychiatrischen Anstalten, Mädchen mit Namen wie Babydoll sowie polnische Puffmütter vorkommen, braucht Humor. Sein Grundkonzept, das in der Tat mehr Potential gehabt hätte, als das Endprodukt gezeigt hat, kann Snyder deswegen nicht umsetzen; der Film wirkt, als hätte er viel zu sagen, verschweigt es jedoch hinter einer Wand aus audiovisuellem Fett- und Zuckerschock.Andererseits ist Snyders Unterhaltungsangebot fast schon beleidigend; ein Film, der so sehr auf doof getrimmt ist, muss anderes im Schilde führen. Das ganze Setting, dieser unfassbare Pokemonkampfroboter, Sweet Peas Bitte nach einer kommerzielleren Ausrichtung und diverse andere Szenen sind so herausfordernd debil und/oder scheinbar misogyn, dass der Zuschauer geradezu dazu gezwungen wird, den Film zu lieben oder zu hassen. Straighter Fantasy-Actioner geht IMO anders.
Und gerade das bemängel ich ja auch – der Plot macht einfach nicht viel her. Wie Du es schon ansprichst, es wirkt ambitioniert aber im Endeffekt ist es nur heiße Luft. Das meinte ich ja: Snyder darf einfach keinen Stift in die Hand nehmen und versuchen, sich ein Drehbuch hinzureihern. Jenes sollte er anderen, talentierten Leuten überlassen (und deswegen bin ich auch so dermaßen gespannt, auf die Neuinterpretation von Superman).
Sucker Punch hat sich aber – und das muss ich dennoch eingestehen – sich zu keiner Zeit selbst ernst genommen (eben eine polnische Puffmutter, Babydoll, Rocket, Blondie, undwiesiealleheißen, ein Bunny-Bot, Helgast, ähhh, Nazizombies, etc.).
Über die Action kann man streiten, mir hat es gelangt; kein Tiefgang, viel BummBumm, übertriebene und glorifizierende Waffenästhetik (kleiner Exkurs in eigener Sache – wenn jemand einen Ästhethik hat, frisst er dann Darjeling wie blöd und kann nicht mehr aufhören?), knapp bekleidete Mädels (der Film KANN nur für heterosexuelle Männer und Lesben gedacht sein), usw. Fazit: Hin und wieder braucht es einen No-Brainer (obwohl ich ja – Paradox – auf No-Brainer mit Handlung (nicht mit Anspruch!!!) stehe).
palez nd sowas bringt mich Streberschnalle immer dazu, im Viereck zu tanzen.
Das Viech springt eindeutig im Dreieck.
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