Re: Filmbewertungsthread

#1706477  | PERMALINK

InVein

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Snowpiercer

Die Story, basierend auf der gleichnamigen französischen Graphic Novel, klingt zugegebenermaßen etwas seltsam: Nach einem gescheiterten Versuch, die Erderwärmung zu stoppen kippt das Klima komplett ins Gegenteil und verwandelt die Erde in einen unbewohnbaren Eisplaneten. Die letzten Überlebenden und einige Tiere werden in einen riesigen Zug gepfercht, der nonstop seine Runden über den kompletten Globus dreht. Im Zug selbst herrscht eine diktatorische Klassengesellschaft: Während im vorderen Zugteil die Elite rund um den Zugerbauer Wilford ein schönes Leben mit Drogen, Parties und köstlichem Essen führt, fristet die Arbeiterklasse im hinteren, fensterlosen Zugteil ein unmenschliches Dasein in der Finsternis. Aufstände der Arbeiter, die versuchten die vorderen Waggons einzunehmen, wurden bisher alle mit Waffengewalt niedergestreckt. Doch nun gibt es einen Plan: Eine Gruppe Revolutionäre, angeführt vom heldenhaften Curtis wollen mithilfe eines Sicherheitsexperten Wilford stürzen und die Lok übernehmen.

Bong Joon-Ho (The Host, Mother, Memories of Murder) schafft es mit seinem englischsprachigen Debut zu begeistern. Die etwas hanebüchen klingende Ausgangssituation wird gekonnt mit klaustrophobischen Actionsequenzen, guten Darstellern (Tilda Swinton!) und wunderschönen, teilweise auch herrlich verrückten Setpieces überspielt. Die Story an sich traue ich mich schon fast in einem Atemzug mit 1984 oder Animal Farm nennen, denn obwohl die Ausgangslage etwas seltsam rüberkommt, wird sie glaubwürdig erzählt und kann als eine satirische Metapher auf unsere Welt und unsere Gesellschaft interpretiert werden. Der Zug dreht unaufhaltsam seine Runden, 365 Tage im Jahr, umhüllt von eisiger Leere. Und wir sind die Passagiere.

9/10

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