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hier noch der Rest..hat halt nich alles in einen Post reingepasst
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M: Kennt er Dich eigentlich persönlich?
K: Nein, überhaupt nicht! Ich habe doch geschrieben, daß Black Metal, wie ich ihn verstehe – Schwerterkampf, Keltentum – nicht in mediterrane Ecken paßt. ‚Deutschland für Deutsche oder was?‘ hat er druntergeschrieben. Wer diese Aussage mit Deutschland für Deutsche assoziiert, da sind seine Eltern wahrscheinlich Verwandte ersten Grades für mich. Das ist doch schon arg, oder? „From…“ kann man mir anlasten, man kann mir anlasten, daß ich mich erhaben gefühlt habe, Bands, deren Entstehung zu verhindern. Das ist OK, das habe ich mir sicher angemaßt, aber dazu stehe ich auch, weil mir die Musik so viel wert war! Darum kann ich auch nicht Black Metal zu meiner Musik sagen. Er ist mir viel zu wertvoll, als daß ich ihn damit noch besudle, mit meinem – weiß der Geier, was das auf der CD sein soll – dieses Gitarrengewirrwarr…
Aber faschistoid? Nein! Das lasse ich mir auch ungern nachsagen, darum bin ich da auch sehr ärgerlich darüber, aber ich bin selber schuld.
M: Ich denke, es ist auch deshalb, weil es wenige gibt, denen die Musik so wichtig ist, daß es derart eine Lebenseinstellung ist, darum werden solche Sachen eher überlesen, während sich am Politikthema mehr aufhaken.
K: Das ist richtig! Es ist schade, ich habe halt mehr erwartet von den Leuten, weißt Du. Ich hätte eigentlich so intelligent sein sollen, daß ich das erkenne.
M: Man rechnet irgendwie auch gar nicht mehr damit, daß es noch Leute gibt, die sich so damit identifizieren.
K: Das ist richtig und das ist schlimm. Daraus, glaube ich, resultiert, daß ich die nicht akzeptiere, daß ich sofort Pisser sage. Vielleicht sind es doch ganz interessante Menschen, haben vielleicht noch ein ganz interessantes Hobby nebenbei, aber dann sollen sie nicht diese Musik machen. Das ist meine Meinung, der soll sich niemand anschließen. Ich lebe das auch, was ich singe. Ich meine, das ist wie gesagt, auch kein Poserbild (Coverfoto), hast Du glaube ich auch gelesen, das ist kein Spinnerbild, das ist Caught in the Act, bevor wir losgeritten sind. Das macht unheimlich Gaudi, selbst wenn es nur historische Schlachten sind, die man nachbildet.
M: Na, aber so wie es in dem Interview stand, da hat es sich nicht nach Gaudi angehört.
K: Nein, es war keine Gaudi, aber beides macht Spaß. Ich habe gesagt, auch wenn es nur nachgestellt ist. Obwohl, nachgestellte Schlacht heißt noch lange nicht, daß Du Dir nicht irgendwelche Brüche oder Verletzungen holst. Da ist ja auch immer ein Krankenwagen in der Nähe, da rennt halt mal einer in ein Schwert rein, das passiert. Weil viele doch mitmachen wollen, aber noch nie mit Schwert gefochten haben, dann kriegen sie halt eins über die Rübe. Ich habe damals meinen Helm abgesetzt und seitdem habe ich diese schönen Narben. Ja – ein Kettenmorgenstern tut schon weh! Weißt Du, was ein Kettenmorgenstern ist?
M: Eine Eisenkugel mit Spitzen dran.
K: Ja genau. Da wards auf einmal kurz finster und mein Pferd rannte am Horizont bis ich wieder hochkam und auf einem Auge nichts sah, weil alles voller Blut war. Ich versuche, das halt auch wirklich zu leben – auch im Alltag und das ist natürlich sehr schwer. Black Metal im Alltag zu leben ist sehr schwer. Weil es eben doch sehr kompromißlose Gedanken sind und da kriege ich nur Ärger. Wenn mich eine Polizeistreife anhält, greife ich schon mal einen Polizisten an, wenn er mir dumm kommt. Ich mache das nicht aus Dummheit, sondern das steckt in mir drin – und dann steckt man häufig ganz schnell wo anders drin.
M: Du scheinst ja ein ganz schönes Aggressionspotentiel in Dir zu haben.
K: Wenn es um ganz spezielle Sachen geht oder auch um Ehrverletzung – geht es mir nicht um die Ohrfeige, da geht es von mir aus bis zur letzten Konsequenz. Was natürlich falsch ist in dieser Gesellschaft. Aber ich weiß nicht, ob ich das immer so zügeln kann – das ist schlecht. Ist immer ganz gut, wenn man noch einen Kumpel hat, der 3 Köpfe größer ist und 5 Schultern breiter, der hält mich dann immer ein bißchen fest, dann kann ich mich ausstrampeln und dann ist es OK. Darum haben wir bei Konzerten immer einen Kumpel dabei. Es kann durchaus passieren, daß ich live plötzlich durchdrehe. Ich habe schon die Leute angegriffen, die unten gestanden haben, mit dem Messer oder eine Pistole rausgeholt oder sowas. Der geht dann gleich dazwischen. Wenn da einer vor mir steht und hat ein gewisses T-Shirt an, z.B. von Agathodaimon, da ich auch eine Privatfeindschaft mit Martin Wickler habe (=Sathonys, Gitarrist von Agathodaimon) und ich singe vielleicht gerade das Lied „Vom Traum die Menschheit zu töten“, dann kann das ziemlich schnell umschlagen.
M: Das Interview mit Dir im Metal Hammer hat doch aber Martin Wickler gemacht.
K: Steffen von No Colours hat mich damals angerufen „Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Metal Hammer will ein Interview.“ und ich fragte „Warum ist das gut?“ „Die schlechte ist, Martin Wickler macht das.“ Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte das Telefon zerdroschen – da ist so viel wieder hochgekommen.
M: Dafür hast Du aber relativ gelassen reagiert, als Du damals gemerkt hast, daß ich am Telefon bin.
K: War auch nicht so einfach! Aber bei Dir ging es halt nur um das Review. Ich habe mich schon beleidigt gefühlt… Wenn ich Deinen Namen höre, weiß ich sofort, das war dieses Review, Du bist das gewesen! Aber es beeinflußt in der Form halt nicht so mein Leben, obwohl ich schon lange darüber nachgedacht habe, auch über die Sache, als ich Dich dann in Lichtenfels angesprochen habe. Ob das in der Form auch gerechtfertigt gewesen ist, Dich einfach so vollzulabbern, ob das nicht selber ein Armutszeugnis gewesen ist, aber ob ich meine Mißgunst gemäßigt verbal Dir gegenüber sage oder mit voller Gewalt an einer Tür oder jemand anderem auslasse, war mir das schon lieber. Obwohl ich schon einen Spiegel bei mir zu Hause mit der Faust zerschlagen hatte.
M: Dann brauchst Du Dich aber auch nicht zu wundern, warum ich solche Sachen sage, wie daß ich in Lichtenfels damit gerechnet habe, daß Du mir eine reinhaust.
K: Das ist richtig. Hätte möglich sein können – aber laß mal. Ich weiß nicht, soll ich mich auf die Stufe herablassen, eine Frau zu schlagen? Das ist mir einmal passiert, daß ich einer Frau eine gelangt habe und da war mir ganz übel danach. Aber das war eben, ich habe sie halt gerade mit jemandem erwischt und sie war mit mir zusammen und er eine, sie eine und dann bin ich rausgegangen.
M: Aber ich bin ja keine Frau, ich bin ja ein Weib…
K: Nein, Weib ist für mich kein Schimpfwort. Mir wird angekreidet, fehlende Grammatikkenntnisse zu besitzen, aufgrund meiner… (In diesem Moment klingelt zum mittlerweile 3. Mal das Telefon und stört das Interview. Kanwulf brüllt sofort los): Wir sind nicht da!!! (räumt dann aber freundlicherweise doch ein): Naja, geh mal ran, fragen wer’s ist, dann kannst Du zurückrufen. (Gespräch abgewürgt und weiter geht es mit Kanwulfs Ausführungen) Es geht darum, mir werden häufig fehlende Grammatikkenntnisse angekreidet, es ist aber so, daß meine Satzstellung sich dem Altdeutschen nähert. Wenn ich so schreiben würde, wie ich wollte, würde ich niemals ei schreiben, sondern immer ey, wie „Herbstleyd“. So schreibe ich in Aufsätzen, bei meiner Arbeit in Psychologie, ich schreibe so. Ich versuche, das so stark zu leben, wie ich kann, um mir diese Illusion meiner Welt sehr stark zu halten, gerade in dieser Welt, die mir feindlich erscheint. Daher ist Weib für mich der altdeutsche Begriff der Frau.
M: Aber in Bezug auf mich hast Du es ja wohl schon abwertend gemeint, aber ist ja egal…
K: Nein, Weib! Nein, nein, nein, es ist mir schon klar, daß eine gewisse Mißgunst in dem Brief stand – wenn ich geschrieben hätte mit Haß, dann hätte ich nicht geschrieben, dann wäre ich hier gestanden, hätte Dich über den Haufen geschossen und wäre weggefahren! Es ist schon so gewesen, daß mich Leute so angekotzt haben, da habe ich unten im Auto gesessen mit der Flinte und habe überlegt ‚Wenn Du es jetzt machst, überlege, was Du tust, wohin kannst du abhauen‘. Aber nein, das ist nicht die Lösung letzten Endes. Konversation ist die Fähigkeit des Menschen – zu diskutieren und einen Konsens zu finden – ist eine Theorie von Erikson, Psychologie. Dachte ich, das mußt Du doch mal machen können, oder?
M: Bin ich jetzt der Testversuch?
K: Nein, das was ich gerade erzählt habe, war viel früher, wo ich noch in sehr jugendlichem Leichtsinn nicht nachgedacht habe.
Weib ist niemals für mich eine Beleidigung, Kerl eigentlich auch nicht. Ich weiß nicht, was gibt es denn noch für Mann?
M: Typ?
K: Ja gut, Typ ist nicht altdeutsch. Des Mannes… Des Mannes… Kraft die Dummheit schafft. Nein. Dem holden Weibe, es ist immer Weib. ‚Und findet Ihr den Frieden und fangt ihn und legt ihn den Weibern in den Schoß‘ Ich sehe darin kein schlimmes Wort, ich habe das auch nicht schlimm gemeint, Du bist … Es ist die Weiblichkeit, die holde Weiblichkeit. Frau ist doof, das ist ein dummer Begriff.
So jetzt habe ich Dich lange genug belastet. Dreht sich das überhaupt noch? (Er wirft einen prüfenden Blick aufs Aufnahmegerät)
M: Du darfst sogar noch einen Last Comment ablassen.
K: Ich denke, ich habe eigentlich alles gesagt, was ich Dir hätte sagen können. Ein genaues Statement möchte ich darüber auch gar nicht mehr abgeben. Du weißt, wie ich zu der Musik stehe, daß ich mehr empfinde. Ich habe damals im Almanach geschrieben, daß die Leute, die jetzt den Black Metal mehr oder weniger infiltrieren, nicht wissen, was sie damit für manche Menschen kaputtmachen – es gibt noch solche wie mich. Sie sollen uns das nicht nehmen, denn wir nehmen ihnen auch nicht ihr Leben. Denn für manche bedeutet Black Metal manchmal genau das. Ich denke, wenn die Musik nicht wäre, ob ich jetzt so wichtig bin, ist egal… Wenn die „Thousand Swords“ (von Graveland) nie gekommen wäre, dieser Inhalt, dieses Schlachtenthema… Wenn ich manchmal die Flinte so in den Mund genommen habe und ich habe diese Platte dabei gehört, denn ich dachte ‚Wenn, dann verreckst Du mit der‘, dann habe ich die Flinte wieder runtergenommen. Die gab mir Kraft. Darum habe ich das letzte Lied Rob Darken gewidmet, weil er sie kreiert hat, weil sie mein Leben geschützt hat. Das ist halt nicht nur eine Platte für mich, sie bedeutet mir sehr viel. Und dann heißt es hier, ich widme meine Platte Graveland! So ein Spinner! Der Name schon alleine!
M: Hast Du Dich bei dem auch gemeldet?
K: Nein, ich schreibe aber noch was. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen, Falschinterpretationen auf keinen Fall. Wenn sie richtig interpretiert sind und sich daran jemand stößt – 1A! Falschinterpretationen kann ich aber nicht gelten lassen. Wenn ich das stehenlasse, ist das für mich wie eine Bejahung. Aber es hört sowieso keiner zu….
Spricht’s, nimmt mein Diktiergerät und schaltet es aus. Dann lehnt er sich zurück, lächelt versonnen und wirkt als wäre mit seinem letzten Satz eine Riesenlast von ihm abgefallen. Von der offensichtlichen Anspannung, unter der er den ganzen Abend stand, ist ihm nichts mehr anzumerken. Urplötzlich springt er auf, blickt auf die „Herbstleyd“ CD, die er mitgebracht hat und fragt „Willst Du sie behalten?“. Als ich etwas verdutzt nicke, nimmt Kanwulf seinen Dolch, reißt ihn hoch und zertrümmert damit die CD Hülle. Während ich schon mein Leben in Sekundenbruchteilen an mir vorbeiziehen sah, sammelt er in aller Seelenruhe die Einzelteile wieder auf, um sie vor mich hinzulegen und zu verkünden „Das ist meine persönliche Art von Widmung!“. Dann begutachtet er noch ein paar Fotos, die er anscheinend bei seiner anfänglichen Inspektion übersehen hat und marschiert schließlich genauso wortlos, wie er auch gekommen ist, wieder von dannen.
Mir bleibt eigentlich nur zu sagen, daß dieses Interview aufgrund der Vorgeschichte und den Umständen, unter denen es stattfand, wohl zweifelsohne das ungewöhnlichste und auch interessanteste ist, das ich jemals geführt habe. Ich bin der Meinung, daß die sehr offenen und ausführlichen Antworten Kanwulfs seine teilweise kontroversen Ansichten insoweit erklären und begründen, daß man seine Denkweise nachvollziehen kann, auch wenn man nicht mit seiner Einstellung konform geht. Alle Leute, die sich dennoch von einigen Statements oder von dem kompletten Artikel persönlich angegriffen oder diskreditiert fühlen oder einfach ihre Meinung darüber loswerden wollen, können ihre Briefe an die Legacy Redaktion, zu Händen Diana Glöckner, schicken.
Kanwulf hat mir durch sein Verhalten bei den Telefonaten vor dem Interview, sowie auch beim Interview selbst gezeigt, daß er mit Sicherheit keine blinde Zustimmung erwartet, sondern durchaus in der Lage ist, Ansichten zu respektieren, die nicht seinen eigenen entsprechen und von daher finde ich es absolut gerechtfertigt, wenn er dasselbe von anderen erwartet. Er erscheint als ein innerlich total zerrissener Mensch, der zwar einerseits die Gesellschaft, die ihn nicht versteht, verdammt und verachtet, andererseits aber anscheinend doch von dieser Gesellschaft respektiert werden möchte, sonst würde er nicht unter der Ablehnung, mit der er ständig konfrontiert wird, leiden. Ich finde es zwar falsch, daß viele ihn aufgrund von aufgeschnappten Zitaten oder Ereignissen, die sie nur vom Hörensagen kennen, verurteilen, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, sich näher zu informieren, jedoch muß man einen großen Teil der Schuld auch ihm selbst zusprechen. So beschwört er mit seinen kompromißlosen Aussagen und seinem manchmal doch unreflektiert wirkenden Verhalten diese Ablehnung geradezu herauf, ob gewollt oder unbewußt, sei mal dahingestellt. Kanwulf ist weder ein infantiler Spinner noch ein „dummer Junge“, wie er es ausdrückt, sondern sein Problem ist vielmehr darin begründet, daß er mit der realen, modernen Gesellschaft nicht zurechtkommt, wie er mir selbst bestätigt hat. Dies liegt nicht an mangelnder Intelligenz, sondern daran, daß er Werte und Ideale wie Stolz oder Ehre hochhält, die heutzutage doch eher in den Hintergrund getreten sind, von daher gleicht sich sein Rechtsempfinden eher diesen Idealen als denen, die heute allgemein in der Gesellschaft gelten, an. „Angst kreiert das Leyd, der Einsamkeit, die den Zerfall begehrt“ schreit er in „Herbstleyd“ und so könnte man ihn wohl am Besten charakterisieren. Aus dem Wissen um die relative Unfähigkeit, sich den gängigen Normen und der modernen Gesellschaft anzupassen, lebt er ausschließlich für und durch den Black Metal, in dem die Ideale, die für ihn zählen, noch Gültigkeit besitzen. Sein immer weiter wachsender Haß resultiert daraus, daß er zusehen muß, wie auch diese Welt von immer mehr Leuten zerstört wird, die keinen richtigen Bezug zum Black Metal haben oder deren Interesse daran eher dem Kommerzdenken zuzuordnen ist. „Aber vom Black Metal zu leben sollte nicht nach materiellen Dingen streben bedeuten. Vielmehr, sich von ihm zu nähren, ihn zu erleben, ihn zu leben, um nicht zu früh zugrunde zu gehen in dieser Welt.“(Supplement „Herbstleyd“)
In diesem Sinne,
Diana Glöckner
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Turmis kunterbuntes Musik-Universum / last.fm my heart is flame.... my eyes are flame I BURN! burn burn burn burn