Re: .:A Guide To Nihilist`s Music Taste:.

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Nihilist

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VAN DER GRAAF GENERATOR – PAWN HEARTS (1971)

Mitwirkende Musiker:
Hugh Banton – Synthesizer aller Art + Bass
Guy Evans – Drums etc.
Peter Hammill – Lead Vocals, Gitarren & Pianos
David Jackson – Saxophon etc.
Robert Fripp – Gitarre (Gastmusiker)

Tracklist:
1. Lemmings (including Cog)
2. Man Erg
3. A Plague of Lighthouse-Keepers
-Eyewitness
-Pictures / Lighthouse
-Eyewitness
-S.H.M.
-Presence of the Night
-Kosmos Tours
-(Custard’s) Last Stand
-The Clot Thickens
-Land’s End (Sineline)
-We go now

“Ein Van-de-Graaff-Generator, auch Bandgenerator genannt, ist eine Apparatur zur Erzeugung hoher elektrischer Gleichspannungen.“
Damit wäre die Frage bezüglich des Namens gleich zu Beginn geklärt, es sei noch angemerkt, dass die drei Bandgründer (Darunter auch Pete Hamill) allesamt Physik-Studenten in Manchester waren.
Item: Seit eben erwähnter Bandgründung im Jahre 1967 ist viel Wasser die Themse runtergeflossen und man hat in der Zeitspanne bis 1971 schon drei Alben veröffentlicht, drei Klassiker und genreprägende Werke des Prog-Rocks wohlgemerkt. Doch genau wie King Crimson wurde der Band, trotz herausragenden musikalischen Leistungen, nie die Aufmerksamkeit zuteil, welche sie verdient hätte, lediglich in Italien stieg die Platte auf Platz 1 des Albumcharts (!!!), was heutzutage für Verwunderung sorgen dürfte. Umso mehr, wenn man weiss, wie Van Der Graaf Generator klingen, denn von allen Prog-Bands der 70s waren Sie sicherlich diejenigen mit dem eigenwilligsten Sound. Auf Stromgitarren wurde weitesgehend verzichtet, stattdessen setzt man auf Saxophon, Piano, Mellotron usw., im Gegensatz zu Genesis und Yes ist die Musik extrem düster und pessimistisch, dazu tragen die exzellenten Lyrics von Hamill ein nicht unwesentliches Scherflein bei…und eben jener Hamill ist es denn auch, welcher mit seiner extrem facettenreichen Stimme durchs Band weg zu überzeugen vermag.
Um die pessimistische Atmosphäre der Songs zu unterstreichen, hat man sich für „Pawn Hearts“ King Crimson-Mastermind Robert Fripp ins Studio geholt, was kaum verwunderlich ist: Schliesslich hat der gute Mann innerhalb von nichtmal einem Jahr die mit Abstand verstörendsten Klangcollagen erschaffen, die jemals auf Schellack gepresst wurden, die Rede ist von u.a. „The Devil`s Triangle“ (Auf Crimso`s 1970er-Meisterstreich „In The Wake Of Poseidon“). Gleich und gleich gesellt sich eben gern.
Die Aufgabe des Openers übernimmt „Lemmings“. Laut Wikipedia erinnert dieses Stück an Gentle Giant…und bei Gott, sie haben Recht! Obwohl der freundliche Riese weit lebensbejahender zu Werke geht, erinnert das Stück phasenweise doch sehr an „Acquiring The Taste“. Das ruhige, melancholische 11-Minuten Epos wird grösstenteils von entspannten Saxophon- und Mellotron-Klängen begleitet, während Guy Evans und Robert Fripp ihre Riffs/Rhythm-Patterns gekonnt um die vorgegebenen Strukturen aufziehen (Na gut, eigentlich ist es ja eher umgekehrt, haha…) Darüber thront wie immer Hamills Stimme, die über das Sein und Nicht-Sein philosophiert…“What course is there left but to die, what choice is there left but to live?“.
Es folgt mein persönlicher VDGG-Liebling „Man-Erg“. Die Hammond-Orgel zieht das Stück zu Beginn in eine sehr symphonische Richtung, Hamill umschmeichelt den Hörer mit seiner wunderbaren Stimme und rührt zu Tränen, möchte man sagen. Das geht sicher drei Minuten so weiter, dann setzt das Schlagzeug aus, die Hammond-Orgel spielt weiter, wird jedoch abrupt von Kindergeschrei unterbrochen (Besser gesagt: Der Klang der Hammond geht nahtlos in das Geschrei über). Es folgt ein vertonter Albtraum: Elektronisch verfremdete und abgehackte Saxophon-Klänge duellieren sich mit den dissonanten Riffs Fripps, Evans unterlegt das ganze mit ein paar ungeraden Metren (Unglaublich präzis und gefühlvoll gespielt), Hamill schreit scheinbar verloren in dieser monströsen Musiklandschaft herum. Das Tempo wird gedrosselt und das Stück verfällt gegen Schluss hin wieder in seine düstere Melancholie. Sagenhaft! „A Plague of Lighthouse-Keepers“ ist das letzte und längste Stück (Über 23-Minuten Spielzeit!). In seinem Aufbau kommt es Genesis`“Supper`s Ready“ (Zu finden auf dem 1972-er Output „Foxtrot“) ziemlich nahe. Während das Stück zu Beginn eher melancholisch dahingleitet, entfacht man bei „Presence of the Night“ und “The Clot Thickens“ ein musikalisches Inferno und stellt sein ganzes Können zur Schau, den roten Faden verliert man dabei aber nie, noch artet das ganze in pure Instrumentalwichserei aus. Intervallmässig wechseln sich verstörte Klangeruptionen mit düster-entspannten Arrangements ab, welche in ähnlicher Form auch bei den Genesis-Alben von 1970-1972 auftauchen. Wenngleich VDGG immer ihre ganz eigene Interpretation des Prog-Rocks zelebrieren, von einer King Crimson/Genesis-Kopie kann also auf keinen Fall die Rede sein, diese Bands dienen lediglich als Vergleich.
Wer jetzt den Drang verspürt, das Ding zu kaufen, kann das problemlos tun, die Platte wurde 2005 neu aufgelegt und ist bei Amazon usw. erhältlich.
Ich hoffe, ich konnte euch mit meinem wirren Geschreibsel die Platte zumindest etwas schmackhaft machen. Das Blöde ist, dass ich soviel schreiben will und zuwenig Zeit habe…darum klingt es manchmal ein bisschen…hmm…konfus. Wer also einen Rechtschreibe/Orthografie-Fehler findet, kann ihn gerne behalten.

Als nächstes werde ich eine Prog-Platte etwas neueren Datums besprechen, obwohl die Band eine etwas verdrogte und abgespacte Variante der progressiven Musik spielt:
Ozric Tentacles – Arborescence (1994)

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Does emotional music have quite an effect on you? Do you feel sometimes like age is against you? Sing and rejoice and sing and rejoice!