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GENTLE GIANT – THREE FRIENDS (1972)
Mitwirkende Musiker:
Gary Green – Gitarre, Perkussion
Kerry Minnear – Keyboards, Vibraphon, Perkussion, Moog-Synthie, Backing-Vocals
Malcolm Mortimore – Drums
Derek Shulman – Vocals
Phil Schulman – Saxophon, Backing-Vocals
Ray Shulman – Bass, Violine, 12-String-Guitar, Backing-Vocals
Tracklist:
1. Prologue
2. Schooldays
3. Working All Day
4. Peel The Paint
5. Mister Class And Quality?
6. Three Friends
Well…kommen wir, nach langer und qualvoller Wartezeit zu einem weiteren Meilenstein des britischen, symphonischen Progs der 70-er-Jahre: Gentle Giants drittem Album „Three Friends“. Auch wenn die Band eigentlich nie über den „Geheimtipp“-Status hinauskam, so wird sie heutzutage dennoch zu den wichtigsten Bands der britischen Progressive Rock-Bewegung gezählt.
Wie dem geneigten Leser vielleicht beim Durchlesen aufgefallen ist, sind alle Band-Member multi-instrumental veranlagt, was sich denn auch in der Musik niederschlägt. Unter einer komplexen Prog-Rock-Nummer versteht der Hörer vielleicht einen 20-Minuten langen Longtrack à la „Supper`s Ready“, Gentle Giant aber konnten die Komplexität eines Longtracks nahezu mühelos in eine 7-Minuten-Nummer quetschen…und das, meine Damen und Herren, ist wahres musikalisches Genie. Manch einer mag nun denken, die Kompositionen klingen deshalb zu hektisch und überladen…tja: Errare humanum est. In diesem Falle spricht der Kenner von sogenannten „polyphonen“ Arrangements, aber mit Klingeltönen hat das nichts zu tun.
Auch wenn rein objektiv betrachtet „In A Glass House“ und „The Power And The Glory“ vielleicht die besseren Werke sind, so ist „Three Friends“ doch irgendwie das charmanteste Album, die Gitarre ordnet sich noch nicht so sehr in der gewaltigen Instrumentierung ein, viel mehr dominiert sie hier grösstenteils die Mellotron/Vibraphon/etc.-Armada noch. Man könnte also von einem für Gentle Giant-Verhältnisse leichtverdaulichen Album sprechen.
Das Konzeptalbum (Ja, richtig gelesen, ein Konzeptalbum) handelt von drei Schulfreunden, die ziemlich unterschiedliche Laufbahnen einschlagen und sich zunehmend voneinander wegentwickeln und sich entfremden. Die Band meint dazu übrigens folgendes:
“The idea fort his album came about simply from normal conversations within the group. You know how people often reminisce about old school friends and wonder whatever became of them; or the people who surprise us with their successes or failures. Anyway, the theme in this album ist based on three people – friends at school but inevitably separated by chance, skill and fate.
So mancher, und so auch ich, kennt die Situation…genau deshalb werde ich beim Durchhören dieser Scheibe immer leicht melancholisch und nostalgisch. Im Nachhinein finde ich es dann irgendwie erfreulich, welch Emotionen Musik doch immer noch in mir zu erwecken vermag.
Zur Musik: Mit „Prologue“ startet das Album noch ruhig und melancholisch. Ein treibender Schlagzeugtakt wird von akkustischen Gitarren begleitet, das Mellotron stösst hinzu usw…man wiederholt die Struktur und erzeugt so eine ziemlich hypnotische Wirkung, was auch an Derek Schulmans verträumt wirkendem Gesang liegt. „Schooldays“ beginnt zunächst ähnlich, Vibraphon und Gitarre lullen den Hörer ein, doch dann setzt das Schlagzeug ein und verwirrt mit abgehackten Rhythmen, hinzu kommen ziemlich schräge und mehrstimmige Gesangsexperimente, welche von melodischen und komplexen Bassläufen untermalt werden. Das Stück flacht ab und das Klavier dirigiert nun die Musiklandschaft und erzeugt eine düster-melancholische Atmosphäre, später gesellen sich Mellotronstreicher und Gesang hinzu. Zum Schluss zieht man das Tempo wieder an und es wird auf jazzige Art und Weise hektisch, Perkussion und Vibraphon halten heftige Zwiesprache…and then, schwupp-di-wupp, beruhigt sich die ganze Szenerie wieder, Fertig! Mit dem darauffolgenden „Working All Day“ beschliesst eine typische, sehr üppig orchestrierte/instrumentierte, Gentle Giant-Nummer die A-Seite des Vinyls.
Der Opener der B-Seite, „Peel The Paint“, ist mein persönliches Lieblingsstück von „Three Friends“. Gitarren, Mellotron und Gesang eröffnen, bevor uns Violinen mit einer herzzerreissend schönen Symphonie bezirzen. In der Mitte folgt ein ziemlich hektischer Part, der mich an Bands wie Van Der Graaf Generator und King Crimson erinnert; dissonant, verstörend, einfach genial. Dabei glänzt Schlagzeuger Malcolm Mortimore mit Höchstanspruchdrumming und beglückt uns mit ungeraden Metren und polyrhythmischen Gebilden. Es folgt eine musikalische Ruhepause, danach wird’s wieder etwas wilder, bevor sich das ganze in einer Kakophonie selbst verflüchtigt. „Mister Class And Quality?“ ist ein eher unspektakulärer Song und dient sowieso nur als Interlude. Genesis dürften bei diesem Song ganz gut als Referenz dienen. Pink Floyd-mässige Gitarren betreten dann den Schauplatz und ehe man sich versieht, läuft auch schon der Titel-/Schlusstrack, der mehr als alle anderen Stücke dieser Platte mit symphonischen Parts auffährt. Einfach grossartig, rührend, hinreissend, ein perfekter Schluss…quasi das Allegro tempestoso!
Wäh, also so schwülstig habe ich jetzt noch nie geschrieben, pfui Teufel.
Wohl bekomms, ihr Penner!
Nächstes Album: Camel – Mirage (1973)
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Does emotional music have quite an effect on you? Do you feel sometimes like age is against you? Sing and rejoice and sing and rejoice!