Re: Noise, Sludge, Drone, und andere musikalische Krankheiten

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palez

Registriert seit: 04.01.2007

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Richtig super finde ich bisher vor allem „Tragedy De ‚Ovair“, das so klingt wie eine heroininduzierte Electroversion von Dead Can Dance unter einem zerbrochenen Vergrößerungsglas. Ansonsten ist es erstaunlich, wie heterogen, experimentell und zerfasert das Album klingt, wie (vergleichsweise!) schnell und bereitwillig die Musk ihre Einflüsse offenlegt (Neurosis, Dead Can Dance, My Bloody Valentine, Bad Sector, Coil) – und dass dieser Kris Angylus ja tatsächlich mal normale Songs geschrieben hat. Zeitweise ist die Musik näher an Atooishinjuu und Violence Paints The Sky als am Vorgänger „…And Your Blood Is Full of Honey“ (muss mal nachschauen, in welchen Zeitraum diese beiden Nebenprojekte von Angylus überhaupt fallen…). Das macht „Solipsistic“ ausgesprochen wertvoll in der Hinsicht, dass nun besser und mit weniger Lücken nachvollzogen werden kann, wie die Musik von The Angelic Process so werden konnte, wie sie am Ende auf „Weighing Souls With Sand“ war. Es ist aber natürlich nicht das, wofür man die Band kennt und (in meinem Falle) liebt. Was vor allem WSWS so großartig gemacht hat, war einerseits die radikale Entschlackung und Limitierung ihres Stils und dadurch seine endgültige Zementierung, andererseits aber auch das ebenso radikale und rücksichtslose Verlassen bewährter Kompositionsweisen. Beides war – das Allerwichtigste – dabei geradezu besessen zielgerichtet; das Ziel war das Ausleuchten extremer psychischer Zustände von innen. Weil Angylus hier nicht so konzentriert gearbeitet hat wie sonst, weil er offenbar noch nicht wusste, wo er hinwollte, weil ihm das dramatische Potential seines Soundentwurfs – rein nach meinem Empfinden – anscheinend noch nicht bewusst war, reicht „Solipsistic“ nicht an die Klasse der regulären Veröffentlichungen heran. Oh, und der Gesang, das ist halt manchmal etwas zuviel an Selbstmitleid.

Wenn „Solipsistic“ nun das erste Album wäre, was ich von TAP gehört hätte, wäre ich aber wohl trotzdem Fan geworden, denn das ist – trotz vieler im direkten Vergleich deutlich werdender Mängel – immer noch verdammt faszinierend und einzigartig.