Re: Wacken Open Air 2008

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kinski

Registriert seit: 28.05.2008

Beiträge: 12,337

Mit äußerst gemischten Gefühlen ging es dieses Jahr bereits am Mittwoch auf große Fahrt zu meinem 8. Wacken-Open Air. Nachdem im letzten Jahr endgültig nicht mehr von einem kleinen und gemütlichen Festival die Rede sein konnte, drohte mit „Iron Maiden“ als Headliner die ganze Chose noch mehr zu explodieren. Und so sah es dann am Mittwochnachmittag bereits so aus wie sonst am Freitag …


Das WOA am Mittwoch

Wie auch immer, eines muss man den Organisatoren lassen : das Campen war auf jeden Fall sehr gut organisiert (da hat man ja schon ganz anderes erlebt). Dieses Jahr konnte ich das Zelt auch endlich wieder auf ner netten, grünen Wiese aufschlagen … und hatte nicht wie letztes Jahr ein halbes Maisfeld im Rücken. 😈

Allgemein bleibt festzuhalten, dass das WOA insgesamt recht gut organisiert war. Kleinere Kritikpunkte gibt es ja immer … diesmal : Soundprobleme am Freitag und Samstag / Einlasschaos nach COB (wer zu „The Haunted“ wollte hatte wirklich die Arschkarte gezogen, weil nur ein Einlass auch wirklich als solcher genutzt werden konnte und die Secrurity in der Situation einfach großmäulig und lahmarschig war).
Für gewisse Chaoten auf den Campingplätzen können die WOA-Verantwortlichen auch nichts. Aber je größer das Festival wird, umso größer wird natürlich auch die Anzahl der Vollpfosten, die auf Teufel komm raus ihren „Spaß“ haben wollen … egal, ob andere dabei belästigt werden oder nicht.

Und nun zu den Bands …

Donnerstag …………….. Shine :
Die betagten Mädels von GIRLSCHOOL hatten am Donnerstag die Ehre als Erste auf die Bühne zu gehen … und hatten einen Zuspruch wie vor 10 Jahren vielleicht der Festival-Headliner gehabt hätte. Aber auch das ist halt Wacken heutzutage. Musikalisch haben mich GIRLSCHOOL noch nie vom Hocken gehauen. Solider Rock, der aber wohl schon vor 30 Jahren niemanden beeindruckt hätte, wenn es sich nicht um ne Mädels-Truppe gehandelt hätte.


Girlschool

AIRBOURNE waren eine meiner großen Hoffnungen des Festivals. Ihr Album ist eines meiner Jahres-Highlights, obwohl die Truppe eigentlich nix anderes bietet als es AC/DC schon seit Ewigkeiten tut (und die mochte ich noch nie). Und AIRBOURNE übertrafen meine Erwartungen sogar noch. Purer Rock’n’Roll der einfach nur nach vorne geht und Spaß macht. Noch dazu mit all dem prolligen Schnickschnack wie Bierdosen am Kopf aufhauen etc.
Sänger/Gitarrist Joel O’Keeffe bot dem Publikum dann noch eine akrobatische Meisterleistung (und sorgte bei den WOA-Verantwortlichen wahrscheinlich für eine gepflegte Dauer-Panik), als er sich an den Außengerüsten in luftige Höhen schwang und zig Meter über der Bühne einfach weiterzockte. Fazit : die beste Band des Festivals !

[IMG]http://img98.imageshack.us/img98/9746/woaairbourne8ys6.th.jpg
AIRBOURNE
Im dritten Bild findet man Sänger/Gitarrist Joel O’Keeffe oben rechts in der Ecke !

IRON MAIDEN hätte ich persönlich auf dem WOA nicht gebraucht. Aber alleine auf dem Zeltplatz rumhängen macht ja auch keinen Spaß, deswegen hat man mich dann doch mitgeschleift. Aus geschätzen 200 Metern Entfernung konnte man den Gig dann auch miterleben, ohne Platzangst zu bekommen. Geboten wurde genau das was man erwarten konnte und durfte : ein Hit nach dem anderen, eine entsprechende Bühnenshow und einen Dickinson in verschiedenen Outfits. Bruce laberte mir jedoch entschieden zuviel, sogar die ersten 10 Minuten der Zugabe bestand nur aus Blablabla. Da hätte man gut und gerne insgesamt 3 Songs mehr spielen können. Wie gesagt – Maiden schön und gut, aber ob man eine Band dieser Größenordnung auf dem WOA braucht sei mal dahingestellt.

Freitag ……………… Rain :
Vormittags um 11 war die Welt noch in Ordnung. Am Morgen um 7 Uhr von der Sonne geweckt, ausgiebig gefrühstückt und sich selbst dann ein wenig restauriert. Und schon ging es ab zu GRAVE. Die Band hatte sichtlich Spaß vor einer dermaßen großen Menge zu spielen und somit gab es Schweden-Tod vom Feinsten. Genau der richtige Opener nachdem es am Vortag doch eher rockig zuging.



Grave

Gleich danach schnell runter zur WET-Stage um sich den französischen „Battle of the Bands“-Gewinner VELOCE HYSTORIA anzuschauen. Doch die Darbietung der Franzosen mit ihrer Mischung aus Prog- und Powermetal war einfach nur langweilig. Zudem nervte der Sänger, der permanent von hinten nach vorne lief, ohne auch nur einmal Kontakt zum Publikum zu suchen. Zum Glück war das Ganze schnell vorbei.

Dann eben noch schnell auf dem Weg zur Party-Stage MORTAL SIN mitgenommen.Hier tat sich dann mein altbewährtes Problem auf … musikalisch eigentlich okay konnte ich mich zu keinem Zeitpunkt mit dem Gesang anfreunden. Meilenweit an meinem persönlichen Geschmack vorbei.


Mortal Sin

CYNIC hatte ich damals in ihrer ersten Phase verpasst und war dementsprechend gespannt auf ihren Gig. Eigentlich passend zur Mucke setzte gleich zu Beginn des Gigs ein leichter Regen ein (noch ahnte niemand, dass der sich bald in eine halbe Sintflut verwandeln sollte). Doch was sich auf dem Papier nach einer interessanten Mischung anhörte, was dann letztendlich sterbenslangweilig. Die zweifelsohne netten Melodien und der abwechslungsreiche Gesang mögen ja viele Freunde finden … aber für meine Ohren war es absolut nichts.


Cynic

Nach CYNIC hörte der Regen auf … also die passende Gelegenheit, um kurz ins Städtchen zu wackeln. Hatten wir uns zumindest gedacht. Aber auf halben Weg schickte Petrus uns ne kleine Sintflut und binnen ganz kurzer Zeit war man durchnässt bis auf die Knochen. Also zurück zum Zeltplatz, um sich trockene Klamotten anzuziehen und abwarten, wie lange der Regen bleibt.

Die kleine Pause von 3 Stunden machte mir musikalisch nichts aus, denn auf meinem Fahrplan standen eh erst wieder OPETH in den Abendstunden. Und die gefielen mir auch diesmal wieder ausgesprochen gut. Eine von den Bands, die bei mir auf Platte nicht richtig zündet, dafür aber live umso mehr. Zusätzlicher Pluspunkt ist die sympathische Ausstrahlung von Sänger Mikael Åkerfeldt, der mit seinem sarkastischem Humor für den einen oder anderen Lacher sorgen konnte.


Opeth – „If you don’t know this song, you’re a Cunt !“

Nachdem dann die ersten Idioten den durch den Regen enstandenen Schlamm für ihre „lustigen“ Zwecke genutzt hatten und für leichtes Aggressionspotential unter den – in ihren Augen – Spaßverderben gesorgt hatten, war THE HAUNTED genau die richtige Band um sich abzulenken. Auch beim fünften Mal bleibt mein Urteil über die Live-Qualitäten der Schweden gleich : einfach erste Sahne ! Und das obwohl Sänger Peter Dolving diesmal gar keine so schlechte Laune hatte wie sonst. :haha:


The Haunted

Samstag ………….. Rain & Shine :
Während an den ersten beiden Tagen nur wenig Bands spielten, die ich unbedingt sehen musste, mutierte der Samstag schon im Vorfeld zum Großkampftag. Los ging es schon um 12 Uhr mit 3 INCHES OF BLOOD. Zuletzt hatte ich Band vor 3 Jahren als Vorgruppe von „Trivium“ gesehen und freute mich dementsprechend auf den Auftritt. Zunächst kam leichte Ernüchterung auf, da Sänger Jamie Hooper nicht anwesend war. Also übernahm Cam Pipes den Gesang größtenteils allein und wurde nur ab und zu vom Gitarristen unterstützt. Machte aber nichts, denn überraschenderweise funktioniert 3 INCHES OF BLOOD auch so. Von vorne bis hinten ein geiler Gig !


3 Inches Of Blood

Aus irgendwelchen Gründen auch immer spielten dann EXODUS nicht zur angegeben Zeit (sie rückten im Billing ein par Stunden nach hinten) und so wurde die Zeit zum Einkauf im Metal-Markt genutzt. Pünktlich zu HOLY MOSES ging es dann wieder zur „Black Stage“. Und wie immer war Sabina Classen jede Minute Aufmerksamkeit wert. Die alten Scheiben von HOLY MOSES sind zwar noch nie mein absolutes Faves gewesen, die Songs vom neuen Album hörten sich jedoch richtig klasse an. An der Show gibt es eh nichts zu mäkeln … was die alte Dame Classen immer noch für eine Energie auf der Bühne entwickelt ist bewunderswert.


Holy Moses

Auf Platte hatte ich es schon sehr oft mit OBITUARY versucht … richtig gezündet hat die Band bei mir nie. Dennoch wollte ich mir ihren Auftritt nicht entgehen lassen, da sie nicht die erste Band wären die ich live gut finde, obwohl mich ihre Alben nicht umhauen. Aber leider waren OBITUARY auch live nicht mein Ding. Mir ist der Kram einfach zu eintönig. Zudem ist so gar kein Kontakt zum Publikum auch nicht gerade das, was ich haben möchte. Der Auftritt war einfach von hinten bis vorne überhaupt nichts für meiner einer.


Obituary

Und nach nem kurzen Toiletten-Stop gleich weiter gehetzt zu AS I LAY DYING. Die hatten leidermit ziemlich heftigen Soundproblemen zu kämpfen. Überhaupt schien nach dem Gig von IRON MAIDEN am Donnerstag der Sound von Band zu Band schlechter ztu werden. AS I LAY DYING hatten dann zwischenzeitlich die totale A-Karte gezogen. So kamen die tollen Melodien und der mehrstimmige Gesang oftmals gar nicht zum Tragen, was den Konzertgenuss schon ziemlich trübte. Dennoch ein Auftritt voller Energie, der im Normalfall sicher einer der besten des Festivals geworden wäre.


As I Lay Dying

Dann mal wieder ziemliches Chaos auf dem Gelände : die Jung-Generation wollte nach AS I LAY DYING raus, die ganzen alten Recken zu CARCASS rein. Also wieder Gedrängel und Geschubse vom Allerfeinsten bis man sich mal zur gegenüberliegenden Bühne durchgekämpft hatte. Und dann kam das erhoffte Hightlight. Anfang der 90er konnte ich in meiner Glam- und Grungephase überhaupt nichts mit CARCASS anfangen und fand erst zur Band, als es diese schon gar nicht mehr gab.
Während des 75minütigen Gigs gab es einen bunten Querschnitt aller Phasen der Bandgeschichte … und ein paar Extra-Highlights. So war auch Ken Owen – der Ur-Schlagzeuger der Band – mit dabei und wurde zu einem kurzen Drum-Solo auf die Bühne geholt. Sichtlich gezeichnet von seinem Leiden (Owen erlitt 1999 eine Gehirnblutung und lag lange im Koma) war dieser gerührt und erfreut, dieses Ereignis miterleben zu dürfen.
War das Publikum schon bei den ersten Songs voll mitgagangen, steigerte sich das dann urplötzlich nochmal, als Angela Gossow für einen Song die Bühne enterte. Überraschend, dass auch das „alte“ Publikum dies akzeptierte und sich von Schreihals Angela nochmal zusätzlich motivieren ließ.
Fazit : CARCASS mutierten mit diesem Gig – neben den Auftritten von AIRBOURNE und 3 INCHES OF BLOOD – zu meinem Festival-Highlight. Ganz großes Kino !


Carcass

Danach zurück zum Zeltplatz um die letzten Sachen zu packen, da wir in der Nacht noch nach Hause fahren wollten. Und urplötzlich setzte erneut der große Regen ein. Müde und kaputt waren wir eh schon, aber nochmal nass werden wollten nun wirklich nicht. Mich hätten eh nur noch AT THE GATES interessiert, aber nach kurzer Absprache schenkten wir uns den Rest des Programms. Um 4 Uhr in der Früh konnte ich dann endlich das heimische Bett entern und war froh, nicht wieder im durchgenässten Zelt pennen zu müssen.

Man muss abwarten, ob das WOA in Zukunft den Standard halten kann, den man sich mit Maiden jetzt selbst auferlegt hat. Nächstes Jahr zum 20.ten muss sowieso was Großes her (schätze mal, dass es auf „AC/DC“ hinauslaufen wird). Und danach kann man logischerweise nicht wieder den einen Schritt zurückgehen, sondern muss weiterhin Bands der Größenordnung „Maiden“ verpflichten.

Was mir persönlich sehr aufgefallen ist und ich für erwähnenswert halte : Auf den Campingplätzen war zunehmend zu beobachten, dass sich das ältere Kaliber benimmt wie Axt im Walde. Klar, auch das junge Volk treibt seine Späße und schlägt ab und zu über die Stränge … aber was so mancher Ü30er bzw Ü40er für ein asoziales Verhalten an den Tag legt ist echt zum Kotzen. Vielleicht sollten sich manche Metal-Urgesteine mal daran erinnern, dass man eine gewisse Vorbildfunktion hat … und die besteht nicht darin, total besoffen und seinen Schwengel schwenkend sich minderjährigen Mädels zu präsentieren und diese auch noch mit den ältesten und idiotischsten Prollsprüchen zu belästigen. 😯 Da motzen immer alle über die Metalcore-Generation und dann kommt ne Meute alter Herren daher, um mal unbewacht von Ehefrau und Vorzeigekindern so richtig die prollige Party-Sau rauszulassen. Da wird mir sowat von schlecht …

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