Re: Top 50 Alben

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Ilo

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13. Dead Flesh Fashion – Anchors

Irgendwo in Nordrhein-Westfalen, vor nicht mal allzu langer Zeit, ist diese Tage mal eben die bestgelungene mir bis Dato bekannte Kombination aus Sludge und Mathcore entstanden – und keiner hat es gemerkt. Selbst im Underground wurden Dead Flesh Fashion, die lediglich durch die letztjährige Split mit den derzeitigen Szenenhelden War From A Harlots Mouth zumindest einigen mittlerweile bekannt sein dürften, eher müde belächelt. Aber auch kein Wunder: „Of Needles And Helmets“ war kein Übersong, und Dead Flesh Fashion waren nie eine Band, die Hits geschrieben hat; wenngleich ihr Debüt „Anchors“ doch einige davon hat. Und auch mir ging es so: Split als gut befunden, aber nicht als überwältigend, abgehakt, weiter. Eigentlich hat mich ja eh nur der WFAHM-Song interessiert, denn der war ein Hit, und zu der Zeit war ich sicherlich um einiges heißer auf das zweite WFAHM-Album als auf das, was da Dead Flesh Fashion die nächsten Monate noch so rausbringen sollten, nein eigentlich wusste ich nicht mal davon, mich hat es auch nicht interessiert. Und dann liegt da plötzlich „Anchors“ im Briefkasten (Allschools sei Dank). Jedoch: Aus zeitlichen Gründen hatte ich zu der Zeit wenig Chancen, so richtig mit dem hier gebotenen warm zu werden, im Grunde reichte es nur – wie so oft bei diesem Job, ich erinner mich nur damals an meine erste Berührung mit Meshuggah – für eine knappe Prognose. Daher vielen dann auch nur 8 von 10 Punkten. Und so wirklich treffend las sich das Ganze nicht, ja auch allein schon aus dem Grunde, dass ich zu der Zeit überhaupt keine Ahnung von Post-Metal oder gar Sludge hatte. Ich finde die zu der Zeit gebrachten Vergleiche zu Cult Of Luna und Isis immer noch recht haarsträubend.

Aber was sich dann später, nach und nach, hier entwickeln sollte – wer hätte das gedacht – sollte irgendwann zu meinen absoluten Lieblingsplatten, ja auch zu den prägenderen Platten (hier aber weniger bezogen auf die Musik die ich höre als auf die, die ich mache) meiner Sammlung, gehören. Was hier gelingt ist, wie gesagt, eine ungeahnt präzise Kombination aus Sludge und Mathcore, sprich viel Chaos und Geballer, aber auch viel schleppendem, kraftvollem. Und statt dick auf Kontrastprogramm zu machen verschmilzt dieser Sound, alles wirkt homogen und in sich schlüssig. DAS haben so bis jetzt die wenigsten geschafft. Selbst das dissonante klingt nach Sludge, und selbst das schleppende wirkt unruhig. Meine Lieblingsreferenz – das Albumcover – ist auch hier wieder trefflich. Erinnert ihr euch noch an meines Isis-Meeres-Assoziation (nachträgliche Anmerkung: Natürlich erinnert ihr euch nicht an die, weil die erst später kommt, haha)? Nun, hier wieder ein Fall; nur ist das hier alles andere als ausgeglichen, schwebend und entspannt, nein: wir befinden uns in Mitten des Sturms!

Krönend ist natürlich der 15 Minütige Rausschmeißer „Carcass1 And Vulture2 In Love“. „If you want, you can use the backdoor“ singt er da, und mit was für einen Schmerz, mit was für einer Melancholie! Aber auch die Gitarren singen mit: Episch eingeleitet, prügelt die Instrumentalfraktion schleppend, stoßend, langsam. Ein zäher Tod. Was dann irgendwann übrig bleibt ist ein Inferno der Rückkopplungen, eine Vergewaltigung der Tonfrequenzen, ein quietschen, piepsen, surren und reißen, irgendwo zwischen Kopfschmerztablette und Weltuntergangsästhetik.