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Anonym
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12. Equilibrium – Sagas
Wie sehnsüchtig habe ich auf dieses Album gewartet? Die Vorab-Samples überzeugten mich voll und ganz, ich erwartete nichts schlechteres als Turis Fratyr, sind Equilibrium doch sehr talentiert, und verstehen ihr Handwerk. Auch hier gilt wieder: Für manche ist es Gedudel, für andere ist es mehr als das. Wer auf symphonischen Metal steht, unabhängig von der Stimme, sollte zugreifen, anderen sei empfohlen, einen großen Bogen darum zu machen. Pagan Metal ist das schon lange keiner mehr, dennoch bieten auch hier die jungen Bayern gute Kost, die aber dank gewisser Aspekte zu keiner Minute vollends überzeugen will. All das, wofür sie bekannt sind, ist auch hier vertreten, vor allem die fantastischen Melodiebögen die Keyboard und Gitarre zaubern. Andererseits ist das Album viel zu überladen, viel zu plastisch, und vor allem viel zu lang. Turis Fratyr war schneller, direkter, Equilibrium hatten trotz Genre-Grenzen ihren eigenen Stil gefunden, und mussten Vergleiche mit Genre-Größen auch nicht scheuen, doch hier versucht man sich größer zu machen, als man ist, denn ein zweites Moonsorrow waren sie sicher noch nie, passen würde es sowieso nicht zu Equilibrium. Das größte Manko ist somit die Zähigkeit, viele Songs dauern zu lang im Aufbau, vor allem die letzten Stücke, die auch wie bei Finsterforst über lange Strecken nicht zu überzeugen wissen. Was mich am Anfang weniger störte, mir mittlerweile aber sauer aufstößt sind die übertriebenen Keyboardmelodien, René ist ein guter Komponist, das zeigen seine MySpace-Titel, aber hier übernimmt er sich beim Komponieren nur allzu oft.
Das Album ist bei weitem kein schlechtes, es braucht seine Zeit, und man muss sich mit diesem Stil anfreunden können, denn es ist nicht so, dass sie ihre kompletten Trademarks aufgegeben haben. Sie haben sicher nie das Rad neu erfunden, aber gerade die fantastischen Melodien, die Turis Fratyr zu so einem Epos machten, kannte man von anderen Bands einfach nicht in dieser Form, aber jetzt wird auf Karibikflair und teilweise nervige Flöten-Dudeleien gesetzt. So eine Panflöte ist nichts schlechtes, solange man sie dezent einzusetzen weiß, aber hier wird eindeutig über das Ziel hinaus geschossen. Aber trotz der vielen Kritik ist es ein Album, dass die ganze Klasse dieser Band aufzeigt, vor allem die Vocals gefallen mir erneut, nicht nur, dass die Texte komplett deutsch gehalten wurden, nein, Sänger Helge zeigt sich sehr variabel, und bietet klasse Shouts und tiefe Growls, die meiner Meinung nach immernoch Referenz sind, zumal er diese auch Live sehr gut ins Mikro bekommt. Trotz der vielen Keyboardteppiche wissen gerade „Wurzelbert“, „Blut im Auge“ und „Unbesiegt“ durchaus zu überzeugen, auch die längeren Songs „Des Sängers Fluch“ und „Die Weide und der Fluss“ sind gut, brauchen aber einiges an Anlauf, um den Hörer vollends mitzureißen. Textlich gibt es auch rein garnichts zu meckern, da gibt es in diesem Genre wirklich genügend andere Bands, die weitaus peinlicher zu Werke gehen, und das grandiose Instrumental „Mana“ zeigt, dass sie auch ohne Stimme können, und vor allem, dass Keyboarder und Gitarrist René einiges auf dem Kasten hat.
Das Fazit fällt nach vielen Hördurchgängen also durchaus positiv auf, auch wenn viel Schatten auf die Scheibe geworfen wird, der eigentlich nicht sein müsste, wenn sie nicht versuchen würden, so viel Sonne in ihre Musik zu bekommen. Genie und Wahnsinn liegen hier nah beieinander, und stören sich leider auch zu oft, um das Album an einem Faden zu genießen. Gerade nach dem genialen Turis Fratyr ist es zunächst eine bittere Enttäuschung, die Nuclear Blast Met Kinder werden es vergöttern, Fans der Demo und des Debuts werden dafür aber eher nur ein müdes Lächeln übrig haben.
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