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s4tyrIc0n

Registriert seit: 28.10.2006

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Fear and Loathing… wird wohl zurecht als Thompsons Meisterwerk gehandelt und ist auch mit Abstand am populärsten. Hab mich jetzt mal an ein anderes Werk vom Doctor gewagt. „Königreich der Angst“ ist eine (mehr oder weniger) chronische Ansammlung an (teilweise auch eher belanglosen) Anekdoten aus Thompsons bewegten Leben. Drogenstories à la Fear and Loathing werden hier jedoch wenn dann nur am Rande gestreift. Vielmehr steht Thompsons politisches Wirken als Journalist oder z.B. auch als Kandidat zum Sherrif von Aspen im Mittelpunkt. Dabei hat er den Wahlsieg erstaunlicherweise nur „gefährlich“ nahe verpasst. Viele Stories klingen so wahnwitzig, dass man sie als Leser teilweise gar nicht für wahr halten kann. Die Tatsache, dass Thompson in seinem Gonzo-Journalismus ja des öfteren Realität und Fikton vermischt, gibt sogar grund zum Zweifel. Trotzdem fühlt man sich beim Lesen stets so, als würde Hunter dir aufrichtig seine Story erzählen.
Da es sich nicht um eine Biografie im herkömmlichen Sinne handelt, vermisst man als (verwöhnter) Leser teilweise den roten Faden im Buch (mMn). Wobei das Buch diesen Anspruch vllt auch nicht wirklich hat. Sorgfältig aufbereitete Artikel und Texte waren eh nie Hunters Ding.

Als nicht-amerikanischer Bürger, der weder in den 60ern, noch in den 80ern (zumindest nicht so wirklich) gelebt hat fällt es einem jedoch manchmal schwer, die Schilderungen nachzuvollziehen, da man das politische Klima aus den USA und aus dieser Zeit ja nicht kennt. So hat man auch keine Möglichkeit zum kritischen Vergleich, sondern kann Thompsons Polemik (was jetzt hier nicht als Schimpfwort missverstanden werden sollte) entweder neutral hinnehmen oder für bare Münzen nehmen. Echte Zustimmung (oder Ablehnung) fällt jedoch teilweise schwer, da einem eben (zumindest mir persönlich) der richtige Einblick fehlt.

Auf jeden Fall gewinnt man den Eindruck, dass Thompson zweifelsohne eine der interessantesten Figuren der amerikanischen Nachkriegsgeschichte ist/war und er im Grunde stets ehrenhafte und gute (politische) Motive hatte. Absolut durchgeknallt war er abgesehen davon wohl auch.
Ein Mann von seinem journalistischen und politschen Format fehlt der USA wohl seit seinem Tod im Jahre 2005…

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