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Auch ich habe mich einmal näher mit Tonis Schwingding auseinandergesetzt und meine dabei gemachten Erfahrungen extra für euch festgehalten.
Okta Logue kommen irgendwo hier aus der Ecke, ich glaube aus Darmstadt. Als ich sie das erste Mal live gesehen habe, war ich ziemlich begeistert von dem extrem 70er-lastigen Sound mit einer sehr großen Portion Pink Floyd und einer kleinen Schippe Hawkwind. Mit der Zeit scheint sich die Band aber vom von ausladenden Improvisationen geprägten Psychedelic Rock etwas mehr zu distanzieren und stattdessen mehr Wert auf kompakte Nummern mit größerem Stoner/Space Rock Anteil zu legen. So zumindest mein Eindruck. Bright Lights fühlt sich eigentlich wie ein Lied ersterer Sorte an, ist aber irgendwie trotzdem nach knapp drei einhalb Minuten rum, womit denke ich Potential verschenkt wurde. Gerade die Gitarren klingen schon fast penetrant nach Pink Floyd und der Gesang geht mir irgendwie recht bald etwas auf den Wecker, weshalb ich mir auch nicht sicher bin, ob ich da wirklich ein Album bräuchte. Trotzdem eine sehr nette Retroband, die ich mir bei Gelegenheit noch einmal ansehen sollte.
Jess and the Ancient Ones waren doch diese Occult Rock Band, welche angeblich nach ABBA klingt, oder irre ich mich? The Devil in G-Minor klingt jedenfalls weder okkult, noch 70er-poppig, sondern sehr soulig, wofür die Sängerin sogar tatsächlich eine tolle Stimme hat. Kann ich mir sehr gut spät abends in einer verrauchten Bar vorstellen. So gut, dass ich mich am Ende des Liedes wundere, nicht den halbherzigen Applaus von drei bis vier Paar Händen zu hören. Gefällt mir wirklich sehr gut, da wird das Album dann doch noch einmal angecheckt, auch wenn ich in Erinnerung hatte, beim Reinhören in zwei Lieder bei Youtube nicht so begeistert gewesen zu sein.
Mit diesem ganzen Americana/Indie/Alt-Country Kram wollte ich mich ja eigentlich immer mal näher auseinandersetzen. Daran erinnert mich Patti Smith aber mehr wegen der Assoziationen als wegen der von Fuji-San bei mir ausgelösten Begeisterungsstürme. Diese bleiben nämlich aus: Für einen kompakten Rocksong wirkt die Struktur ziemlich konfus und ziellos auf mich, nach drei Minuten gucke ich verwirrt auf die Spielzeitanzeige und wundere mich, dass das Lied immer noch läuft. Klingt in meinen Ohren wie ein gescheiterter Versuch, gewollt unkonventionellen Oberschichten-Singer-Songwriter-Pseudoindividualismus (ergibt das überhaupt irgendeinen Sinn?) in ein Stadion-Rock-Format zu bringen. Wobei ich andererseits bezweifle, dass das wirklich so gedacht war. Langweilt mich jedenfalls sehr schnell und wurde soeben bereits gelöscht.
Too Tough to Die von der mir bisher vollkommen unbekannten Neneh Cherry legt nach kurzem Bläser-Intro interessant los mit einem ganz simplen hypnotischen Basslauf, der sich durchs ganze Lied ziehen soll und von sehr freiem und dynamischem Schlagzeugspiel begleitet wird. Darüber sorgt ein gefühlvoll gespieltes Barriton-Saxophon (glaube ich jedenfalls) für das lebende Fleisch in den Zwischenräumen dieses Skeletts. Bis hierhin sehr cool, doch wenn die Vocals einsetzen, kriege ich – ähnlich wie bei Christina Perri – große Probleme mit der poppigen Produktion. Der extrem weit in den Vordergrund gemischte Gesang, der es dadurch irgendwie schafft, das eigentlich kraftvoll gespielte Schlagzeug völlig zu übertönen, wird mir viel zu stark ins Zentrum gestellt, sodass ich immer froh bin, wenn die Dame den Mund hält und ich ungestört auf den Rest achten kann – und das, obwohl mir ihre Performance sogar recht gut gefällt. Mit einem anderen Mix könnte ich die Aufnahme vermutlich sogar sehr mögen, mir geht der hier aber dermaßen auf den Geist, dass es mir das ganze Lied versaut.
Weder Motorpsycho noch Ståle Storløkken waren mir ein Begriff, bevor ich vor einigen Wochen oder mittlerweile auch Monaten irgendwo von dieser Kooperation gelesen habe. Psychedelic und vor allem Stoner Rock ist normalerweise nicht so ganz meine Schublade, daher wurde meine Neugier auch dadurch nicht geweckt, dass mir die beiden Namen immer häufiger begegneten und meist nicht gerade schlecht über das gemeinsam produzierte Album geschrieben wurde. So war dann Through the Veil, Part I mein erster akustischer Kontakt mit The Death Defying Unicorn und ich bekam nicht zu hören, was ich erwartete. Mit Stoner hat zumindest dieses Lied wirklich relativ wenig zu tun, vielmehr handelt es sich um leicht psychedelischen und etwas angejazzten Prog Rock, der mich massiv an King Crimson, Van der Graaf Generator, Gnidrolog oder Gentle Giant erinnert – sehr, sehr gute Referenzen. Lediglich der Gesang passt eher in die Doom/Stoner-Ecke und wirkt dadurch auf mich im ersten Moment ein kleines bisschen deplaziert, ich empfinde ihn aber nicht als störend und könnte mich wohl auf Albenlänge auch an ihn gewöhnen. Das Lied ist zwar lang und phasenweise etwas zäh, aber eigentlich gefällt mir dieser ausladende Stil ziemlich gut. Definitiv der große Gewinner des Samplers, das Album werde ich mir ganz anhören und vermutlich auch zulegen müssen. Danke für diesen Tipp!
Storm Corrosion ist die Zusammenarbeit des von mir zwar nicht verehrten, aber durchaus geschätzten Steven Wilson und dem überbewertetsten Musiker der letzten Jahre, Mikael Åkerfeldt. Und ich bin mir sicher, würden nicht diese beiden Namen hinter dem Projekt stehen, würde sich kein Arsch drum scheren. Die beiden probieren hier Dinge aus, die für sie zwar leicht experimentelles Neuland sein mögen, die aber andere schon Jahre vorher erheblich besser gemacht haben. Da aber beide eine hinreichend große Fanbase haben, die jene anderen nicht kennen, wird dieses Album selbstverständlich als große Offenbarung gefeiert. Warum regt mich so etwas eigentlich immer so auf? Zum Song selbst gibt es entsprechend wenig zu sagen, er ist langweilig und fad. Beinahe hätte ich geschrieben, Ljudet Innan sei die vertonte Ereignis- und Ideenlosigkeit, doch der Sampler ist ja noch nicht rum.
Wie diese nämlich klingt, zeigen mir anschließend erschreckenderweise ausgerechnet Meshuggah. Zugegebenermaßen eine Band, die die meisten entweder lieben oder hassen, etwas mehr differenzieren lässt sich dabei aber schon. So haben die irren Schweden in meinen Ohren zwar mit Destroy Erase Improve und Chaosphere zwei kleine Meisterwerke geschaffen, die ihrer Zeit weit voraus waren, und anschließend mit Nothing und Catch 33 zumindest ihre Vorreiterstellung im Bereich „hypnotische Soundwalzen mit polyrhythmischen Gitarrenwänden“ bestätigen können, besser und origineller wurde ihr Ansatz dabei aber nicht mehr. Die auf Catch 33 schon durchschimmernden Ermüdungs- und Abnutzungserscheinungen haben sich dann auf dem sehr eingängigen und unspektakulären (wenn auch trotzdem oder genau deshalb sehr erfolgreichen) Obzen endgültig bemerkbar gemacht, weshalb meine Erwartungen an Koloss überschaubar waren. Break Those Bones Whose Sinews Gave It Motion ist nun das erste Lied, das ich von diesem Album höre und es unterbietet locker alles, was ich mir hätte vorstellen können. Eine gewisse Monotonie ist man bei Meshuggah ja gewohnt und sie gehört zu ihrem Stil, nicht aber so simpel geradeaus und gleichzeitig ziellos wie hier. Ungefähr so stelle ich es mir vor, als Frau schlechten Sex zu haben: sieben Minuten vergebens auf den Höhepunkt warten, dann ist es auf einmal vorbei und man kann sich bereits nicht mehr daran erinnern, wie es eigentlich genau war. Das nach dem Fragment eines Ausspruchs von Albert Schweitzer benannte Lied, dessen Lyrics mir trotz dieser interessanten Herkunft genauso egal sind wie der lustlosen Performance nach zu urteilen dem Sänger, klingt wie eine drittklassige Kopie von Meshuggah. Ganz oberflächlich sind die prägnanten Merkmale vielleicht vorhanden, bei näherer Betrachtung stellt man aber fest, dass sie eigentlich fast alle fehlen und sich an ihrer Stelle ein reines Vakuum befindet. Klingt komisch, aber wer den Song hört und ältere Meshuggah kennt, müsste eigentlich nachvollziehen können, was ich meine. Klar die Arschbombe des Samplers.
Insgesamt trotz des furchtbaren Finales eigentlich ein hörenswerter und unterhaltsamer Sampler, hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht.