Re: Inglorious Bastards – neuer Tarantino *SPOILERWARNUNG ab Seite 4*

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Slothrop

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@ Serpentine, zur causa Waltz: Ich habe das auf Shafts Zitat bezogen. Dieses lässt den Schluss zu, dass er seinen Spaß aus der (Nicht-)Tatsache zieht, dass Landa so „böse und zynisch“ ist. Klar: Sein Spiel ist so akzentuiert, dass man vor lauter Faszination an seinen Lippen (und Augen, dieses Gesicht!) hängt. Was sich bei mir einstellt ist eher ein Horror – aber einer, der um seine verführerischen Qualitäten weiß. Referenzmodell in diesem Falle wäre Hannibal Lecter, dessen Darstellung mir damals eben keinen Spaß, aber dafür ein sehr ambivalentes Gefühl des Fasziniertseins vermittelt hat.

Ein weiterer extrem wichtiger Aspekt des Films, den ich oben nicht erwähnt habe, ist der Umgang mit Sprache. Sie markiert die Grenze zwischen Fremdsein und „Heimat“, zwischen gut und böse, zwischen Inklusion und Exklusion. Mit diesem Faktum setzt der Film ein sehr cleveres Vexierspiel in Szene und schafft es sogar, die geistige Unbehaustheit der Immigranten-Künstler (von Papst bis zu Brecht) und ihr Scheitern in der Fremde zu thematisieren. Kristallisationspunkt dieses Diskurses ist wiederum Landa: Der ist polyglott und verwischt immer wieder die Grenzen, nur um sie kurz später in grausamer Präzision kenntlich zu machen. Insofern ist Landa dann auch kein klassischer Nazi, sondern ein Universalsadist: er weiß um die Vorteile, in verschiedenen Welten heimisch zu sein. Im Grunde genommen verabscheut er die eindimensionale Rassendoktrin der Nazis zutiefst – ein weltgewandter Teufel also, der sich überall dort heimisch fühlt, wo sein Kult Anerkennung findet.

Zur These Schauspielerfilm: Jein. IG ist ja als Ensemblefilm gedacht, und diese sind per se Schauspielerfilme. Tarantino konnte aber nicht wissen, dass er mit Waltz jemanden findet, der es schafft, den kompletten Film an sich zu reißen – eine klassische One-Man-Show. Da kann Pitt noch so überzogen chargieren (was er super macht), der Film war für ihn mit Waltz‘ auftreten verloren. Neben Waltz sind die schauspielerischen Highlights jedoch rar gesät: Martin Wuttke wandelt auf Chaplins Spuren, der Goebbels-Darsteller ist auch grandios, der Rest fällt nicht weiter auf. Außer Til Schweiger: Der dilettiert mal wieder dass es eine Art hat – ein Ausbund an Tumbheit und mimischer Totalbeschränktheit. Passt aber perfekt ins Bild, für den Deppenpart die absolute Topbesetzung.

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"Out in a bloody rain to feed our fields Amid the Maenad roar of nitre's song And sulfur's cantus firmus." Richard Wharfinger: The Courier's Tragedy http://www.lastfm.de/user/mossmoon