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The God Machine – Scenes From The Second Storey
VÖ: 1993
v/g: Robin Proper-Sheppard
b: Jimmy Fernandez
d/k: Ronald Austin
Inmitten des obligatorischen Grunge-Hypes, zwei Jahre nach NEVERMIND und einem großen Umschwung in der Musikindustrie blieb vor allem eine Band unverdient unbemerkt. Waren The God Machine schon zu weit für Mainstreamohren? Waren sie zu unkonventionell? Während Nirvana es schafften, ein ganzes Genre groß zu machen – und mit ihrer Auflösung und dem Kurt Cobain Suizid dieses auch wieder zu Grunde richteten – gingen The God Machine weiter, vereinten noch mehr Elemente zu einen völlig neuen, eigenen Stil. Nur hatten Nirvana mehr Glück, hatten bei weitem eher den Sound, den sich der MTV-Stereotyp dieser Tage wünscht, und konnten so diesen auch durchsetzen; The God Machine hingegen versunken in Vergessenheit, bevor sie überhaupt von der Musikwelt wahrgenommen wurden.
Dabei steckt in ihrem Magnum Opus doch soviel mehr. Während man den typischen, ungeschliffenen Sound des Grunge wohl als Basis nennen darf, so muss man auch auf die vielen anderen kleinen und großen Referenzen aus verschiedensten Genres hinweisen. Von dem schleppenden Charakter des Doom Metals und Sludge über die Anleihen zum Postpunk bis hin zu Tendenzen, die irgendwo auch was postmetallisches haben. Man könnte ewig so weiter machen. Die Liste der Einflüsse ist gewaltig; gewaltiger nur das Resultat und vor allem dieser Stil, der trotz allem doch so homogen klingt. Denn merkt man ihnen auch an, dass die Palette der Einflüsse bis ins unendlische reicht, so ist es schwer diese zu konkretisieren; es wird nicht zitiert, es wird ein völlig neuer, eigener Sound erschaffen.
SCENES FROM THE SECOND STOREY ist dabei aber in erster Linie ein melancholisches, tiefsinniges Album mit ganz großer Atmosphäre und noch größeren Momenten, welches gar nicht den Anspruch darauf liegt, so eigen zu klingen wie es klingt. Denn da haben wir auch Nummern wie „It’s All Over“, die völlig ohne Experimente auskommen, in diesem Fall einfach eine am Herz nagende Ballade sind und nur dadurch so berühren, weil sie vor allem eins sind: Ehrlich. Gerade dieser Nummer ist ein Paradebeispiel dafür, wie sehr das amerikanische Trio ihr Handwerk versteht: So zerreißend, so traurig ist keine Ballade, die ich je (!) in meinem ganzen Leben gehört habe. Auf der anderen Seite gibt es dann auch wieder einer dieser psychadelischeren Nummern. „The Desert Song“ – passender kann man einen solchen Song gar nicht nennen. Hypnotisierende, verstörte Riffs, die einen im Laufe der Zeit in die Enge treiben. Oder eher straightes Grunge Futter, welches jedoch so gut gespielt und arrangiert ist, dass man es klar vom restlichen Grunge-Stoff abgrenzen muss. „She Said“ ist so eine, gewinnt wie ein Schneeball den Berg runter rollend immer mehr an Größe und ist am Ende nicht weniger als die pure Apokalypse der Intensivität. Herzstück des Albums ist jedoch der 16 Minüter „Seven“. Auch hier fressen sich The God Machine immer weiter ins Gemüt, bis sie irgendwann am absoluten Nullpunkt angekommen sind: „I don’t exist“. Streicher und final Klavier verabschieden in den letzten Stücken dann dieses auf diesem Gebiet unerreichte Album.
Nur ein Jahr später löste sich die Band bereits wieder auf: Bassist Jimmy verstab tragisch an einem Gehirntumor. Heute ist Gittarrist/Sänger Robin Gründer einer Plattenlabels und Mitglied in der Band Sophia, Drummer und Keyboarder Ronald dreht und produziert Filme.