Re: Eddies Plattenkiste Reloaded: Die 80er Jahre

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Saro

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Beiträge: 7,079

Claus Lessmann: voc.
Hans Ziller: lead & rhythm guitar, talkbox
Horst Maier-Thorn: lead & rhythm guitar
Robert Prskalowicz: bass
Hans Forstner: drums

Tracklist

1. Ain’t Got No Woman
2. Bad Widow
3. Games Of Loneliness
4. Broken Man
5. Too Old To Rock
6. You Are My Destiny
7. Tonight
8. Strong Desire
9. I’m Gonna Make It Someday
10. Rescue Me

Claus Lessmann mit Dauerwellen-Fokuhila und Pornobalken…

Cacumen

Die deutsche Hard Rock Band Cacumen wurde 1972 in Ingolstadt ins Leben gerufen. Nach dem Zuwachs durch Claus Lessmann (voc) im Jahre 1978 und dem Abgang von Karl Ziller (guitar), stand 1981 das erste wichtige Lineup; vervollständigt durch Hans Ziller und Horst Maier-Thron, beide Gitarre, sowie Hans Forstner am Schlagzeug und Hans Hauptmann am Tieftöner.
In dieser Konstellation veröffentlichte man 1981 das selbstbetitelte Debut, auf dem bodenständiger, puristischer, aber auch sehr eingängiger Hard Rock geboten wird. Nachdem Hans Hauptmann durch Robert Prskalowicz ersetzt wurde, brachte man es unter dem Namen Cacumen auf zwei weitere Alben – Bad Widow (1983) und Down To Hell (1984)-, bevor es 1986 zur Namensänderung kam, unter welche die Band auch heute noch bekannt und aktiv ist. Die Rede ist von Bonfire. Auch am Stil konnte man fortan deutliche Änderungen vernehmen. Praktizierte man als Cacumen traditionellen Hard Rock mit 70er-Anleihen, verschrieb man sich als Bonfire nicht nur optisch dem US-Hard Rock der 80er Jahre. Ich mag auch die ersten Bonfire-Releases, doch besitzten die Cacumen-Alben einen ganz eigenen Reiz, weshalb ich nun eines dieser Alben rezensieren werde.

Das Album

Ich habe mich aus folgendem Grund für den Zweitling Bad Widow entschieden: Eigentlich sind alle drei Alben auf ihre Art und Weise top, und man kann, von den Veröffentlichungsdaten ansteigend, die Entwicklung der Band in Sachen Technik und Stil super verfolgen und nachvollziehen. Ist das Debut, für jedermann hörbar, noch deutlich in den 70ern verwurzelt, bildet das dritte Cacumen-Werk Down To Hell das musikalische Bindeglied zu zukünftigen Bonfire-Releases. D.h., dass Down To Hell kaum noch an den Hard Rock der 70er erinnert und außerdem schon eine recht deutliche US-Schlagseite hat. Zumindest lässt sich erkennen, welche Richtung die Band in Zukunft verfolgen wird. Bad Widow liegt genau dazwischen und verbindet das Positive beider Seiten 🙂

Das Album beginnt mit Ain’t Got No Woman, einem Stück, das auf Grund seiner recht flotten Ausrichtung, in ähnlicher Weise auf dem Debut schon mal nicht zu finden ist, da der Erstling auschliesslich im Midtempo angesiedelt ist. Die Gitarren erinnern mich, speziell in diesem Stück, vom Sound her zwar an AC/DC, doch ist die Auslegung dieser Nummer doch eher europäischer Natur. Spätestens beim Refrain kommen dann unweigerlich Erinnerungen an die Scorpions hoch, da die Melodieführung und vor allem Claus Lessmanns außergewöhliches Organ ziemlich an seinen hannoveranischen Musiker-Kollegen Klaus Meine erinnern. Dieser Vergleich ist ausschließlich positiv zu sehen. Etwas anderes verbitte ich mir 😉
Um es auf den Punkt zu bringen: Ain’t Got No Woman ist ein fantastischer Rocker, der auf jeden Fall in Erinnerung bleibt und sowohl durch Geschwindgkeit als auch durch seine Melodie und seinen fantastischen Refrain überzeugt.
Als genau so ernergiegeladen entpuppt sich der Titeltrack, der ebenfalls alles vorzuweisen hat, was man an einem überdurchschnittlich guten Rocksong liebt.
Überhaupt hört man es jedem einzelnen Track an, dass dort eine hungrige und ambitionierte Band zu Werke geht, die nicht nur mit tollen Musikern, sondern auch mit souveränem Songwriting zu gefallen weiss.
Die obligatorische Ballade, kommt hier ohne „Love“ im Titel aus ;-), hört auf den Namen Games Of Loneliness und ist wirklich gut gelungen. Mich überzeugt, dass, lassen wir den Text mal aussen vor, die Nummer ohne große schnulzenunterstreichende Elemente wie Streicher oder Hall auskommt, daher ziemlich puristisch klingt und trotzdem einen recht ordentlichen Ohrwurmcharakter besitzt.
Games Of Loneliness stört beim Durchhören in keinster Weise. Gut gemacht, Jungs! 🙂

…und auf Hochglanz poliert (Bonfire in den 80ern/Anfang 90er)

Die Ballade wäre „überstanden“. Von nun an wird auf amtliche Weise durchgerockt. Dabei hat man nicht einen einizgen Durchhänger zu befürchten, wie z.B. die Stücke Broken Man, Too Old To Rock und Strong Desire aufs Überzeugendste beweisen! So sehr ich die ersten drei Bonfire-Veröffentlichungen auch mag, an den Charme der Cacumen-Scheiben kommt keines dieser Alben ran. Klar, als Bonfire beweist man sehr überzeugend, dass man es genau so gut drauf hat amerikanischen Hard Rock zu zocken, wie die Urheber selbst, doch geht auch eine ganze Portion Eigenständigkeit verloren. Diese Eigentständigkeit kann man auf z.B. Bad Widow in vollen Zügen geniessen:). Zwar besitzten auch Lieder wie Tonight und Rescue Me eine nicht zu verleugnende Radiotauglichkeit, aber die hatten ja auch die Scorpions. Und die haben, wie jeder weiss, mal so richtig Ärsche getreten.
Doch ich bitte Euch. Bekommt das nicht in den falschen Hals. Ja, Claus Lessmanns Stimme hat Ähnlichkeit mit der Stimme Klaus Meines, doch hört man hier keinen Scorpions-Klonen zu, sondern einer professionellen Band mit wirklich fantastischen Songs, die halt im selben Genre angesiedelt ist, allerdings ein riesen Maß an Eigenständigkeit an den Tag legt.

Dass die Cacumen-Alben mittlerweile in Vergessenheit geraten sind haben sich die Protagonist wohl auch selbt zuzuschreiben, da man von 1986 an, den erdigen Rocksound gegen den US-Sound und den Schnürres gegen Puder eintauschte und so zumindest in den hiesigen Breitengraden mehr Erfolg verbuchen konnte. Kann man es ihnen verübeln? Nein, nicht unbedingt. Hätten sie es nötig gehabt? Rein aus der Musikliebhaber-Perspektive: Auf keinen Fall!

Das Debut (1981) und Down To Hell (1984)

Alle, die auf die alten Scorps (1979-1990), Dokken, Whitesnake, Gotthard und natürlich Bonfire stehen, MÜSSEN sich die drei Cacumen-Scheiben gönnen. Ihr werdet es nicht bereuen! Diejenigen unter euch, die eher dem Rock der 70er zugetan sind, sollten wenigstens mal in das selbstbetitelte Debut reinschnuppern.
An die Erstpressungen ranzukommen wird, da bin ich mir aber nicht 100 pro sicher, nicht mehr so einfach sein, b.z.w. ein wenig mehr kosten.
Ich habe mir die Bonfire – The Early Years-Box gegönnt, welche neben den drei starken Cacumen Alben noch das 2006er Album Double-X von Bonfire (nicht schlecht, aber auch nicht pronös) und das Solo-Album von Bonfire-Gitarrist Hans Ziller, EZ Livin‘ After The Fire (großartig!!!) enthält. Das alles ist/war für gerade mal 20-30 Euro bei Amazon zu ergattern. Für alle Liebhaber guten harten Rocks ein Muß!

Die Remsatered-Re-Release-Version von Bad Widow enthält zudem folgende Bonus-Stücke:

11. One Night Lover
12. Bad Widow (live in Berlin)

Cacumen – Ain’t Got No Woman
http://www.youtube.com/watch?v=9_tVRMgZoOs

Cacumen – Bad Widow
http://www.youtube.com/watch?v=8VkQtxgCv30

Cacumen – Broken Man
http://www.youtube.com/watch?v=EBJwziAKh08

Cacumen – Strong Desire
http://www.youtube.com/watch?v=dj2YCxLRJJI