Re: Eddies Plattenkiste Reloaded: Die 80er Jahre

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Musicafficionado

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DARK ANGEL waren ja im Underground schon eine große Nummer, als „Leave Scars“ erschien, und dementsprechend hoch waren die Erwartungen. Der Vorgänger „Darkness descends“ hatte neue Maßstäbe gesetzt was Geschwindigkeit und Brutalität anging. Das galt es mit der neuen Scheibe noch zu toppen. Und mit einem neuen Sänger. Don Doty (was fürn Pseudonym!) hatte die Band verlassen und Platz für den tätowierten Fleischbrocken Ron Rinehart geschaffen. Auch der Stil hatte sich leicht verändert, noch mehr Geschwindigkeit, wie sofort im Opener ‚The death of Innocence‘ erkennbar, gleichzeitig aber auch mehr Variation sogar innerhalb der Songs, sehr schön nachzuhören auf meinem persönlichen Superknaller ‚No one answers‘. Geht langsam und heavy los um dann wieder Überspeed und Midtempo miteinander zu variieren und in ein höllisches Gitarrenduell der beiden Riff- und Solomeister Jim Durkin und Eric Meyer zu münden. Von Ron Rinehart brauche ich gar nicht anzufangen, völlig eigenständiger Sänger, der schnellste aller Zeiten behaupte ich, was die gesungenene Silben angeht schlägt er sogar Araya. ‚No one answers‘ und ‚The Death of Innocence‘ sind schöne Beispielefür das Dilemma der damaligen Zeit. Die Platte wurde aufgrund ihres eigenständigen, natürlichen Sounds kritisiert, die Songs für zu schnell und chaotisch empfunden und Ron Rinehart gehasst. Naja die Zeit heilt alle Wunden, heute sollte „Leave Scars“ die ihr zustehende Stellung im Thrash-Metal-Olymp einnehmen. Ich fand sie damals schon geil, für ’nen 10er (DM!) im Second-Hand-Laden gekauft und dieses niemals bereut. ‚Cauterization‘ ist ein mutiges Instrumental, weil über 7 Minuten lang und Gene spielt hier sogar Gitarre. ‚Immigrant Song‘ schloß die damalige A-Seite humorig ab, zeigt Traditionsbewusstsein und wird, abgesehen von der Geschwindigkeit, mit Respekt behandelt. Die zweite Seite bietet dann mit drei überlangen Songs und einem kurzen Effektinstrumental das pure Inferno, der Titeltrack mäht zum Schluß noch einmal alles nieder. Textlich haben wir es hier übrigens mit einem Konzeptalbum über Kindesmissbrauch zu tun, ebenfalls mutig für die damalige Zeit und heute wahrscheinlich nicht weniger kontrovers.

Fazit: Es sollte der große Durchbruch werden, aber es ging (fast) voll in die Hose. Von der Journalistenmeute gedisst, verließ JIm Durkin entnervt die dunklen Engel und der neue Gitarrist (ex Viking) machte zwar auf „Time does not heal“ einen guten Job, konnte aber einige Kreativitätslücken nicht schliessen. Kurioserweise wurde diese Scheibe mit ihrem etwas stromlinienförmigen Sound abgefeiert, konnte aber mit weiterhin überlangen Titeln trotz guter Qualität nichts reisssen, so daß Gene schließlich bei DEATH anheuern musste. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
„Leave Scars“ ist ein Klassiker, weil er den Thrash Metal anno 1989 nach Slayer noch auf ein neues Level brachte, das seither, so behaupte ich, KEINE Band mehr geschafft hat. Unbedingt kaufen, hören und einer sträflich falsch bewerteten Band Gerechtigkeit widerfahren lassen.

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