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Ah, Deftones. Kenne ich schon seit den Anfängen meiner musikalischen Sozialisation, eine Band, die es wert ist, über die Jahre immer wieder neu kennengelernt zu werden. Wobei, es war eigentlich immer ein kontinuierliches Kennenlernen, ein andauernder Formulierungsversuch, die Bemühung, die innere Funktionsweise eines Deftones-Songs zu durchschauen. Dank ihrer komplexen, bisweilen widersprüchlichen Stimmungsdiversistät gibt es auch kaum eine Band, die sich für eine solche Herangehensweise besser eignet. „Passenger“, einer meiner Lieblingssongs von meinem Lieblingsalbum der Band, ist dafür gleich das perfekte Beispiel: dieser messerscharf produzierte moderne (ist ja auch schon wieder über 10 Jahre her…sagen wir mal, die Postmoderne hat die zeitgenössische Rockmusik erreicht) Rock-/Metalsong fährt im Refrain das volle Aufgebot auf. Ein walzendes Planierraupenriff, ständige Erschütterungen, nach außen gerichtete Dornen, Gastsänger Maynard James Keenan, in dessen warme und melodische Stimme sich Schmerz und Zorn mischen. Interessanter sind die Leerstellen in den Strophen, das suggestive Zwielicht, in das der Song dann getaucht wird. Keyboardtöne tropfen von der maroden Decke, Chino Moreno flüstert, singt mit halbem Kraftaufwand, schürt Angst ohne eindeutige Drohung oder ruckartige Bewegungen. Die Stille schafft Raum für suspekte Geräusche, das Stück windet sich durch seine fließende laut-leise-Dynamik mit einer Art qualvollem Genuss. Deftones arbeiten sich in ihren besten Momenten tief vor in die modrigen Kellerregionen der menschlichen Psyche, viel tiefer als vermeintliche Genrekollegen aus dem Nu Metal-Bereich, mit dem sie früher noch in Verbindung gebracht wurden. So tief, dass das, was auf diesen Expeditionen zu Tage gebracht wurde, im Tageslicht nur in verschlüsselter Form erfahrbar ist. Als hielte man die Kamera auf ein kaputtes Fenster, während sich größtenteils im Off das Martyrium abspielt. Tja nun, sagen wir mal neun von zehn Skalpellklingen.
http://www.youtube.com/watch?v=RGIbR5jdA58
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trying to leave [COLOR=#808080]a mark more permanent than myself[/COLOR]