Re: Der allgemeine Politikthread

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attoparsec
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LeukonDas Problem mit dem deutschen Export in die Krisenstaaten ist doch gerade, dass daran zwar die exportierenden Unternehmen verdienen, aber kein reales Volkseinkommen erzielt wird, solange Deutschland selbst das Geld für die Importe verleiht. Durch die in den Jahren 2008 – 2010 erzielten Leistungsbilanzüberschüssen hat Deutschland im Prinzip keinen vermögenswerten Vorteil erworben, sondern nur ungesicherte Ausgleichsforderungen gegen das EZB-System; jetzt ist man eben mit den Rettungsschirmen zur offenen Kreditvergabe an nach wie vor bankrotte Handelspartner übergegangen. Ohne einen wirtschaftlichen Aufschwung in Griechenland usw. ist das alles nichts wert. Außerdem: Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes müsste man im Hinblick auf bestimmte Waren und Dienstleistungen beschreiben. Dann geht aber die Gleichung “Was der eine hinzugewinnt muss dem anderen genommen werden“ nicht mehr auf.

Im Großen und Ganzen will ich dir gar nicht widersprechen. Der Export boomt, wir erwerben Forderungen ans Ausland, und da die deutsche Politik so einseitig auf den Export setzt und den Binnenmarkt vernachlässigt, wird sich das auch nicht ändern. Diese Forderungen bzw. ein drohender Ausfall sind aber so lange kein Problem, wie es die EZB gibt. Klar, so richtig sinnvoll ist das Prozedere nicht, Kredite ans Ausland zu vergeben, damit dieses unsere Produkte kauft. (Die USA waren ja jahrelang ein guter Schuldner, aber die sind dank der Wirtschaftskrise ein weniger guter Schuldner.) Täten sie es aber nicht, würde unsere Exportwirtschaft einbrechen. Hat was von einem Schneeballsystem :haha: Unangenehm. Ich weiß nicht, aber irgendwie muss es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in den jeweiligen Ländern kommen, und gleichzeitig muss sich das deutsche Wirtschaftsmodell anpassen. Hier wird die Problematik auch beschrieben: http://www.heise.de/tp/artikel/39/39916/1.html

Zur Wettbewerbsfähigkeit: schon klar, dass sich diese jeweils nur auf bestimmte Waren und Dienstleistungen beziehen kann. Das Problem ist doch: die deutsche Leistungsbilanz weist seit Jahren massive Überschüsse auf, die der anderen Ländern massive Defizite. Nur: wie sollen die Länder die Defizite abbauen? Mit einer darniederliegenden Wirtschaft geht das schon mal gar nicht (deshalb wurde schon so etwas wie ein europäischer Marshallplan vorgeschlagen, ich weiß gar nicht mehr von wem), und die aktuelle Politik gegenüber z.B. Griechenland oder Spanien ist da halt auch kontraproduktiv. Diese Länder brauchen einen robusten Heimatmarkt, sollten ggf. etwas mehr exportieren; gleichzeitig muss Deutschland mehr importieren (dazu brauchen wir einen stärkeren Binnenmarkt und eine kaufkraftstärkere Bevölkerung), damit sich die Überschüsse bzw. Defizite in den Leistungsbilanzen jeweils verringern. Sehr kompliziert, das Ganze.

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Auge um Auge lässt die Welt erblinden There's class warfare, all right, but it's my class, the rich class, that's making war, and we're winning.