Re: Mountie vs. palez: Kapitulation

Home Foren METAL HAMMER’s Ballroom Meetingpoint User vs User Mountie vs. palez: Kapitulation Re: Mountie vs. palez: Kapitulation

#5624147  | PERMALINK

palez

Registriert seit: 04.01.2007

Beiträge: 10,795

Und weiter geht meine lustige Selbstdemontage

7. France Gall – Ella elle l’a

Hach, und weiter geht die Ü-30-Party. Frace Gall präsentiert sich dabei ungewöhnlich unaufdringlich – klar gibt es einen eingängigen Refrain, klar lassen gewisse Feinheiten im Sound der Instrumentierung (Keyboards, Gitarren) problemlos auf die 80er schließen, klar sieht man Madame Gall in zeittypischer Montur und straight aus den Federn-Frisur vor dem inneren Auge rumhüpfen. Und doch, und daran können auch die gegen Ende eingesetzten Bläser nichts ändern, kommt das Stück auffällig unauffällig, relativ dezent, irgendwie ernsthaft daher. Typische Café- respektive Einkaufspassagen-Lala, so komponiert, dass man nach dem ersten Mal mitsummen kann und nach dem fünfzigsten im Laufe einer Woche noch nicht völlig genervt ist. Klingt auch, wenn man denn so will, vielleicht melancholischer, anspruchsvoller als viele andere 80er-Chartspop-Erzeugnisse. Aber nur ein bisschen. Hübsch, nett, lieb, warum nicht. Ach ja, kaum eine Sprache dürfte zu einem Song dieser Art besser passen als Französisch. 6,5/10

8. Jefferson Starship – We Built This City

Sag mal, sind das nicht die…war da nicht mal was von wegen…oder? Falls sich mein nicht-mal-Halbwissen ausnahmsweise bestätigen sollte, frage ich mich grad, was Frau Slick wohl seinerzeit davon gehalten hat.
So, nachdem der vorhergehende Song in meiner grippeinfizierten Fantasie doch eher den Prosecco-schlürfenden Damen auf der Ü-30-Party galt, ist es jetzt ungefähr ein Uhr nachts, alle sind gut angeschickert und unter diesen Umständen lässt sich der allseits bekannte Gaga-Refrain gar problemlos mitbrüllen. Oder so. Erkläre mir mal jemand den Sachverhalt, bis ich auf eine Ü-30-Party darf, dauert’s eigentlich noch ein Weilchen *ghihihi*. Das Highlight sind hier natürlich die Keyboards. Die klingen eigentlich auch dann amüsant, wenn sie es vermutlich gar nicht sollen. Herrlich. Wie überholt, ranzig und anachronistisch kann ein Instrument denn noch klingen? Wenn man genau hinhört, lässt sich auch ein gaaaanz leichter pathetischer Rock-Gestus ausmachen, ein paar bei näherer Betrachtung eigentlich überflüssige Semirock-Gitarren gibt es auch. Und dann dieser Hall auf den Drums…haaach! *gg* Ich kann mir gar nicht erklären, warum ich so ein großer Fan davon bin, aber dieser Zeitgeist-Trash, diese Inkarnation der Cheesyness zaubert mir immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht, so süß ist die typische Naivität, so sympathisch wirkt die zentimeterdicke Staubschicht auf dieser musikgewordenen Konfettibombe. Total schlimm und eklig eigentlich, aber was soll ich machen: 7,5/10

9. Rainbow – Since You’ve Been Gone

Oh, Rainbow. Den Namen kenne ich. Große Dadrock-Institution, soweit ich weiß, bestimmt wichtig. Muss ich jetzt aufpassen, was ich sage? Whatever. Fängt mit sehr, sehr eingängigem, sehr, sehr semihartem (wir befinden uns im Kuschelhardrock-Sektor, natürlich stelle ich komplett falsche Ansprüche) und sehr, sehr altbackenem Riffing und irgendwo im Hintergrund Chören an, was mich schon mal nicht sonderlich zuversichtlich stimmt und nach Beschäftigung suchen lässt. Die Stimme des Sängers hat allerdings was, muss ich sagen. Vermutlich total blamabel, dass ich den nicht sofort erkenne. Wie ungebildet die Jugend von heute aber auch ist. Kennt das neuste Profound Lore-Signing, aber keine anständigen Klassiker. Und so. Eigentlich wollte ich ja meine Aufmerksamkeit auf Durchzug schalten, aber da, welch Freude, da ist ja überraschenderweise eine richtig schöne Katastrophe! Wuhu! Dieser Refrain ist schlicht…unbeschreiblich. Wenn der Sänger da irgendwas von einer verflossenen Liebschaft frohlockt, dann klingt es eher nach einem dementen, gebisslosen 80-Jährigen, der sich in gleichzeitiger Verwirrung und Gleichgültigkeit darüber wundert, dass sein linker Hauspantoffel verschwunden ist. Himmelhergottnochmal, so reiße man sich doch mal am Riemen! Wie gerne würde ich den/die Verantwortlichen am Kragen packen und gegen die Wand schleudern! Und diese Tamborin-Sounds! Wäh. WÄH! Ich so: http://www.youtube.com/watch?v=HY-03vYYAjA. In seiner geistlosen Widerwärtigkeit reiht sich der Song in Sachen „suboptimale Refrains im Hard&Heavy-Bereich“ direkt hinter Iron Maidens „Can I Play With Madness“ ein. Ich bevorzuge Frollein Clarkson und vergebe diplomatische 2/10.

10. Ten Masked Men – Papa Don’t Preach

Ten Masked Men, hieß nicht mal irgendeine 80er-Chartspop-Gruppierung so ähnlich? Men Without Hats? Schön wär’s. Hier machen es sich einige vermutlich sehr, sehr gelangweilte erwachsene Männer zur Aufgabe, weltbekannte Popsongs im Death Metal-Gewand neu zu vertonen. Wow. Wie ausgesprochen gewagt. Und innovativ. Und bös‘. Und nicht zu vergessen lustig! Wuhuhuhu, hihi, haha, verstehste? Da trällert ja normalerweise diese Kabbala oder wie auch immer-Tante, aber jetzt growlt da jemand pholl iewil und Gitarren (mäßig runtergestimmt, eher so mittelweichhart, würde ich eher im Heavy Metal- denn im Death Metal-Bereich verorten) gibt es da auch! Ghihihihi, wie cool! *seufz*
Monsieur Krümelmonster rülpst da den noch ziemlich gut verständlichen Originaltext, die Gitarren schrammeln und die Drums poltern irgendwie so halbwegs im Takt vor sich hin. Hat den Charme eines aufdringlichen Versicherungsvertreters mit 19 Stunden Schlafdefizit und das technische Geschick und die Tightness im Zusammenspiel einer neu formierten Schülerband. Hinter dem Song steckt schon fast selbstverständlich kein Anspruch, aber auch keine gute Idee, Motivation, nicht mal ein Quäntchen Partytauglichkeit. Zeitgenossen wie Antataph/Cenogonism & friends, Murderer und Börnite würden die Schose vermutlich als eine bodenlose Unverschämtheit und tongewordene Beleidigung ihres Lieblingsgenres empfinden, ich kann den Song von einem neutraleren Blickwinkel aus betrachten und finde ihn schlichtweg himmelschreiend langweilig. The queen is not amused. 2,5/10

11. Majesty – Metal to the Metalheads

Schon beim Titel habe ich gestochen scharf vor Augen, was mich in den nächsten gut sieben Minuten erwartet…hach, wie schön es doch ist, wenn die eigenen Erwartungen so detailgetreu erfüllt werden. Das Drumming klingt anfangs vom Sound her irgendwie statisch und seltsam, was von den Musikern aber gewiss nicht in der Form gewollt war. Im Hintergrund gibt es sowas wie Streichersounds, da traue ich meiner Wahrnehmung allerdings nicht ganz. Dann setzt für Genrestandards relativ (also relativ) hartes Riffing ein. Was sofort positiv auffällt, ist der recht druckvolle, aber sehr warme und harmonische Gesamtsound. Den gibt es in dieser Form eigentlich kaum mehr, wurde bestimmt in den 90ern aufgenommen. Der Gesang ist eigentlich fast schon ein wenig enttäuschend, bei richtigem Brustechthaartoupet-Metal hätte ich richtig drastisches Eierkneifer-Gejodel erwartet, das klingt trotz ulkiger Phrasierungen eigentlich recht moderat. Hört sich zwar konservativer als ein anständiger Redneck-Haushalt, biederer als der neuste Reizwäsche-Katalog für Nonnen und simpler als die Rechnung 2+2 an, den Umständen und Genrestandards entsprechend ist das aber ein eigentlich sauber komponierter und performter Song. Natürlich greift hier auch wieder die weitverbreitete Genrekrankheit der axe-wielding, fist-raising und grimmig-dreinschauing Trveness-Ernsthaftigkeit, aber ist ja auch irgendwo ganz niedlich. Der Text…ist ja unvermeidlich, ich wollte es eigentlich möglichst lange hinauszögern, hach, der Text…ich wünschte, ich könnte all meine linguistischen Fähigkeiten kurzerhand in den Schredder werfen. Da ich mir gerade absolut nicht sicher bin, ob die geballte Peinlichkeit oder doch der lustige Trashfaktor (oder war es der trashige Lustfaktor?) überwiegt, vergebe ich mal extrem unentschlossene 5/10.