Re: Ferntanznummern und Nahlenkraketen mit andy und palez oder auch: Sunshine Aesthetics vs. Weltschmerz

Home Foren METAL HAMMER’s Ballroom Meetingpoint User vs User Ferntanznummern und Nahlenkraketen mit andy und palez oder auch: Sunshine Aesthetics vs. Weltschmerz Re: Ferntanznummern und Nahlenkraketen mit andy und palez oder auch: Sunshine Aesthetics vs. Weltschmerz

#5695579  | PERMALINK

palez

Registriert seit: 04.01.2007

Beiträge: 10,795

Ja, ich lebe noch. :-X

5. Boris – Flood

Mit dem ruhigen japanischen Singsang und den hypnotischen cleanen Akkorden hat der Anfang, also die ersten ca. fünf Minuten, etwas Einschläferndes; ich döse leicht weg, finde mich gedanklich im späten August auf der Wiese liegend und an einem Grashalm kauend wieder, die Sonne blendet mich und die Welt zieht an mir vorbei. Nach der zufällig in die Szenerie kullernden Verzerrung dämmerte mir bereits, dass das so in der Form nicht weitergehen kann, einem irgendwie nicht so ganz passenden Büchseldrum-Interludium („Huch, wo kommt denn auf einmal die aufgeschreckte Elefantenherde her?“) folgt schließlich auch das erwartete Riff-Krawumm. Unter mir bebt die Erde, die Häuser einige hundert Meter hinter mir stürzen im Akkord ein, aber der Himmel ist immer noch so wunderschön blau. Schade, dass den Harmoniegesängen nicht so viel Platz eingeräumt wird, die klingen knorke. Schließlich gipfelt das Stück in einen außerordentlich fetten, stonerartigem Riff, über den noch eine heulend-delirierende Psychedelic-Gitarrenschicht drübergelegt wird, und mit dessen Nachhall es die letzten Minuten auch ausklingt.
Mjoah, fein, dochdoch! 8,5/10

6. Caspian – Of Foam And Wave

mono+mogwai=mogno also…und tatsächlich, es stimmt sogar. Von (neueren) Mono hat man sich den megalomanisch orchestrierten Kitsch abgeschaut, von Mogwai den gitarrenorientierten Minimalismus. Widersprüchlich? Nö, nicht unbedingt. Wie das funktionieren soll? Eigentlich ziemlich einfach. Die weltumgreifend epischen Endorphin-Melodien übertragen Caspian vom klassischen Orchester auf Gitarren, die hier so glitzernd, flirrend und dicht klingen, dass man sich trotz dieses relativ abgespeckten Instrumentariums immer noch recht erschlagen vorkommt. Was sowohl bei Mono als auch bei Mogwai teils in anstrengender Schwerfälligkeit (und bei Mono einer allzu bedeutungsschwangeren Ernsthaftigkeit) endet, bekommt hier vom angenehm lebendigen und leichtfüßigen Drumming hübsch Feuer unterm Arsch verpasst. Irgendwann erwische ich mich wohl noch dabei, mit dieser musikalischen Begleitung nackt nach draußen zu laufen, alle möglichen Gegenstände und Lebewesen zu knuddeln und zu tanzen. Vielleicht sogar noch im Winter, wenn’s ungünstig kommt.
Ein durchweg hübsches und kurzweiliges Post Rock-Stückchen eigentlich, das sich allerdings dem Vorwurf mangelnder Originalität stellen muss. Sicher, das müssen viele, und „Of Foam And Wave“ ist ja kompositorisch durchaus sehr nett geraten – ob das den aktuellen Szenedarling-Status der Band rechtfertigt? Keine Ahnung. 7,5/10

7. Comets on Fire – Lucifer’s Memory

So ein bisschen was anderes hätte ich beim Namen ja schon erwartet, ne? Wie dem auch sei. Groovt nett abgehangen vor sich hin und klingt mit dem Harmoniegesang, den slightly psychedelischen Gitarreneinwürfen und dem Klavier ziemlich nach den 60ern. Dennoch unüberhörbar moderne Produktion, trotz retroesker Arrangements. Den Gesang finde ich sehr süß, noch süßer allerdings das Klaviergeklimper. Eigentlich ist alles an diesem Stück ganz außerordentlich hübsch, nett, angenehm und entspannt geraten, auch der ganz wunderbar in den Songverlauf passende quasi-halbwegs-sowas-in-der-Art-Showdown am Ende. Ganz feiner Song, kann man nichts sagen. 8/10

8. Earth – The Bee Made Honey In The Lion’s Skull

So, jetzt brauche ich eigentlich schon wieder was zum drauf rumkauen. Hier wird eine ähnliche Stimmung vermittelt wie zumindest zu Beginn des Boris-Songs, nur hat man hier im Gegensatz zu „Flood“ zu keiner Sekunde das Gefühl, irgendetwas könnte einen aus der Ruhe bringen. Bei „The Bee Made Honey In The Lion’s Skull“ handelt es sich um grell sonnigen, im tatsächlich positiven Sinne einschläfernden Sommerdrone, wie dazu gemacht, faul rumzuliegen, gedankenlos in den Himmel zu starren und die Welt an sich vorbeiziehen zu lassen. Im Grunde zieht sich die ganze Zeit über nur eine bestimmte Grundmelodie durch das Stück, noch träger und verlaufender wirkend, wenn sie mal leicht variiert wird, eine gewisse Monotonie hätte hier wohl nur einen unnötigen Hauch von Disziplin reingebracht. Das Drumming klingt auch so, als ob der verantwortliche Schlagwerker in jedem Moment wegzunicken droht, gehört hier aber durchaus so. Ganz herrlich auch diese fetten Hammond-orgeln gegen Ende. Chillfaktor = over ninethousand oder so. Das Leben ist schön. 8/10