Re: Ferntanznummern und Nahlenkraketen mit andy und palez oder auch: Sunshine Aesthetics vs. Weltschmerz

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palez

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Da grad Lacuna Coil läuft: Ceeeeleeeebraaaate, Iiii’m aliiiive agaaaaaiin…

5. Colour Haze – Peace, Brothers & Sisters!

Ein Mal laut „Klong!“ macht das Xylofon zuerst, Wüstenwinde wirbeln effekthascherisch ein wenig Staub auf, und dann betritt auch schon der Hauptdarsteller dieses Stücks die Bühne; als „warm“ kann man diesen Klang nicht bezeichnen, eher schon ist es eine brütende Hitze, die das durch Sonneneinstrahlung verlaufende und schmelzende Gitarrenspiel ausstrahlt. Nach Minuten des verspielten, nicht unbedingt anspannenden, aber doch Neugierde weckenden Flirrens öffnet sich der Song und gibt den Blick auf einen Riff frei, der das zuvor wie zufällig entstandene Melodiefragment wieder aufgreift – sehr breitbeinig, sehr dicke Hose. Dazu noch mit diesem typisch stonerartigen, bewusstseinsvernebelnden Bassbrummen, ansonsten im Hintergrund noch mit wendigem und lockerem Drumming und einem trotz Whiskeykehle-Affinität recht gedämpft klingenden und über dem heißen Asphalt tänzelnden Sänger, der dazu noch irgendwas Goldiges von wegen „gonna drop my love bomb“ skandiert. Grundsätzlich füllt man die gesamte Spielzeit von über 22 Minuten nach dem beschriebenen System, das heißt: aus ziel- und uferlosen Psychedelic-Jams entwachsen irgendwann Melodien, auf die sich die Band dann konzentriert, die sie weiterspinnt und schließlich zu einem groovy Stoner Rock-Riff ausstaffiert. Das alles vermittelt neben lebensfeindlichen Außentemperaturen (also so ungefähr 30°C…) auch das Flair von fettigem Grillfleisch, rasch abgestandenem Bier und Pornobrillen anstatt UV-Schutz, und das Doofe ist jetzt, dass ich (als ausgewiesene Gruftie-Blassnase, die bei den erwähnten Temperaturen gerne mal einfach zusammenklappt) so etwas eigentlich aufrichtig hasse. Ich stehe jetzt auch so ein bisschen vor dem Problem, dass ich eigentlich denke, mit Colour Haze hättest du jetzt im Grunde die falsche Person erwischt, aber hey, in greifbarer Nähe befindet sich Fruchteis, das Wetter kündet vom drohenden Sommeranfang, ist aber nicht völlig unerträglich, und ich habe (trotz nach „Oldboy“ noch nicht vollständig wieder geordneter Gedankenwelt) entsprechend gute Laune, und unter diesen äußeren Umständen (und vermutlich auch nur dann) funktioniert diese Musik bestens.

6. Fripp & Eno – The Heavenly Music Corporation

Bei den übergroßen Namen darf ich wohl bloß nichts Falsches sagen…aber ruhig mal sehr hohe Erwartungen haben und heimlich trotzdem noch ein wenig skeptisch sein, denn Ambient ist etwas, was bei mir leider irgendwie recht selten funktioniert. Wie das bei King Crimsons Robert Fripp und Flughafen-Vertonungskünstler Brian Eno wohl aussieht…
„The Heavenly Music Corporation“ beginnt zunächst noch einschichtig mit einem mitteltiefen Brummen, das langsam und stetig näherkommt und sich dann genauso langsam und stetig wieder entfernt, auf dem zweiten Blick aber bewegter und unregelmäßiger ist als zunächst gedacht. Es schwillt an, verdichtet sich und wird nach etwa einem Drittel des Stücks nach einem unmerklichen Übergang mit einer zweiten, melodienah flirrenden Schicht versehen. Über diese zwei Schichten legen sich als schneeweißer, im Sonnenlicht glitzernder Gipfel weitere elektronische Spielereien, deren improvisiert anmutende Melodik wie geschaffen dafür scheint, von einer elektrischen Gitarre gespielt zu werden, in dieser Form in der dramaturgisch recht ausgefeilten Komposition aber auch ganz gut ihren Platz findet. Das Ende gerät recht abgehackt und unvermittelt und man weckt mit diesem Effekt gleich noch mehr Interesse nach der Richtung, das das Stück noch hätte einschlagen können. Alles in allem: noch so’n Highlight…

7. Jex Thoth – The Banishment

…und es folgt auch schon das nächste, denn Jex Thoth reihen sich ganz wunderbar in ein gewisses Beuteschema von mir ein: Doom Metal mit Frauengesang, siehe zum Beispiel (spätere) Menace Ruine, Bloody Panda, zu gewissen Teilen auch The 3rd and the Mortal und The Gault/Worm Ouroboros sowie auch ansatzweise Rose Kemps letztes Album „Unholy Majesty“. Die hörbarste Verwandtschaft besteht von all diesen untereinander nicht vergleichbaren Bands wohl am ehesten noch zu Rose Kemp, die sich auf „Unholy Majesty“ ohne große Umwege über moderne Nebenströmungen gleich zu den Wurzeln bewegt hat, Jex Thoth klingen dabei aber wesentlich konsequenter in ihrem Hang zum Altmodischen. Dies äußert sich sofort im lauschig-rauschigen Klangbild und einem saugeilen, bleiernen, schroffen Keyboardklang, den sich sonst (außer eben den härtesten Retrotrend-Apologeten) so niemand auf sein Album/seine EP/was auch immer zu nehmen traut. Mit den wunderbar langgezogenen Gesangslinien und dem leicht rauchigen, technisch in genau dem richtigen Maß neben der Spur liegenden, um ganz ohne heuchlerischen Euphemismus als Charakterstimme durchzugehen, Gesang von Fronthexe Jex ist die Band zudem auch der Konkurrenz aus den vermeintlich eigenen Reihen (also The Devil’s Blood) einen entscheidenden Schritt voraus, denn Madame Toths Stimme klingt dreckiger, greifbarer und wesentlich sexier. Im instrumentalen Schlussteil, in dem die Band mit immer noch ausgesprochen charmant polterndem Soundbild zu so etwas wie einem angedeuteten Galopp ansetzt, geht der Sexappeal irgendwie leicht verloren, eines meiner Lieblingsstücke vom Sampler ist „The Banishment“ aber trotzdem. Dass ich bis zum Schlussatz tatsächlich Besseres zu tun hatte, als auf den, wie mir beim erneuten Durchhören auffällt, sehr geilen und durchaus präsenten Bass einzugehen, spricht insofern auf jeden Fall für Jex Thoth.

8. Monkey3 – Electric Mistress

Die kenne ich nun „endlich“ wieder nicht, also kann ich diesmal auch wieder nicht mit einer überlangen Einleitung über mehrere Zeilen vom Thema ablenken. Irgendwie doof, aber hey, das klingt so, als ob ich es zumindest kennen sollte. Sympathisch finde ich an dem Liedchen die Tool-Reminiszenz, diese Gitarrenmelodie, die das ganze Stück bestimmt und mich stark an das Grundmotiv von „Forty-Six & 2“ erinnert. Im Grunde kann man sagen, man hat eben dieses Grundmotiv aus dem Song herausdestilliert und es zu simplen, aber effektiven instrumentalen Abgeh-Stoner aufgeblasen. Wobei, für Stoner, wie er in meiner sehr kleinen Welt halt klingt, ist der Sound irgendwie zu klar geraten…Ab so drei Minuten löst man sich kurzzeitig vom Grundmotiv, legt dabei noch ein paar Pfund Fett und Livetauglichkeit in die Waagschale, zögert das Ende dann noch ein wenig hinaus und lässt mir schlussendlich nichts mehr, was ich mir dazu noch aus den Fingern saugen könnte. Hat aber Spaß gemacht.