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mentiZu Bloody Panda! So bescheuert wie sich der Name auch anhört aber es kann was!
Bei dem Namen würde es mich mal interessieren, was sich die Band dabei gedacht hat. ^^
Schön, dass die Lala dir zusagt! 🙂
Damenriege Pt. III: Fever Ray – Fever Ray
Der Titel der wohl entrücktesten, außerirdischsten, gespenstischsten, faszinierendsten und rätselhaftesten Platte des Jahres geht an das selbstbetitelte Debüt von Fever Ray alias Karin Deijer Andersson, der weiblichen Hälfte des schwedischen Electropop-Androidenduos The Knife. Die klinisch kalte, streng antiorganische Herangehensweise ihres Hauptbetätigungsfelds weicht Andersson so weit auf, dass das musikalische Fundament immer noch überwiegend aus elektronischen Spielereien gebildet wird, die Beats aber nunmehr viel eher schleichen als aufpeitschen, das Surren, Fiepen, die Effekthascherei deutlich reduziert wurde und im rhythmischen Bereich Elemente reingeschmuggelt wurden, die einen starken Weltmusik-Einfluss aufweisen. Karin Deijer goes Karibikurlaub? Der Gedanke liegt tatsächlich nicht fern.
Referenzen gefällig? Okay, versuchen wir’s: Auf dem Papier weist das Dargebotene eine gewisse Nähe zu Björk auf, in der Praxis ist der Vergleich dann eher schon völliger Quatsch. Es ist vielleicht auch gar nicht so weit von Singer-Songwriter entfernt, in den undeutlichen nächtlichen Schattenbildern meint man teils auch, PJ Harvey zu ihrer „Is This Desire?“-Phase erkennen zu können. Teilweise strahlen die Songs (für mich als jemand, der sich im elektronischen Bereich kaum auskennt) eine ähnlich sanfte, verführerische, süchtigmachende Gefahr aus wie manches von „Mezzanine“ (exemplarisch: der dräuende, sich beeindruckend aufbauende Schlusstrack „Coconut“). Die weltmusikalischen Experimente (@BFL: ich versuche laufend, das dämliche Wort „Folktronica“ zu umgehen) würden auch einen Vergleich zu Bat For Lashes oder auch Dead Can Dance zu Zeiten von „Into The Labyrinth“ zulassen – hätte man während der Aufnahme-Sessions das Licht ausgeschaltet und den Protagonisten Valium in den Drink gekippt.
Mit dem Namedropping hätten wir bei der Zielgruppe also schon mal erhöhten Speichelfluss ausgelöst – schleichen aber nun immer noch wie der einsame Wolf um die Beute, ohne ihr auch nur einen Schritt näher gekommen zu sein. Andererseits ist bemühte Sachlichkeit bei einem Album wie „Fever Ray“ auch eben genau die falsche Herangehensweise, denn dazu ist das Album nicht gemacht.
Es ist ein Album für die Nacht, viel eher für die einsame Nacht zwischen Wald, Tropfsteinhöhle und leergefegten Straßen als für die Nacht voller Lichter und am Puls des Lebens, wie sie The Knife auf „Silent Shout“ teils vertonen. Zwischen Straßenlaternen und unbewohnten Häusern, zwischen Wolfs- und Eulengeheul, steten, matten, vibrierenden Beats irrlichtern schaurig-schöne Melodien, der größte Unterschied zu The Knife besteht darin, dass „Fever Ray“…ja, vielleicht nicht menschlich, aber lebendig, fühlend wirkt. Durch Verfremdung, die hier meist sogar öfter eingesetzt wird als bei The Knife, hat Karin Deijer Andersson jegliche Geschlechtsmerkmale in ihrer Stimme ausgelöscht, dennoch wirkt das Album manchmal ungemein sinnlich und intim. Zwischen gespenstischem Pulsieren finden sich auch Songs wie „When I Grow Up“, in dessen Text Andersson in Kindheitserinnerungen schwelgt, und „Seven“, bei denen man sich zwar nicht traut, von Clubtauglichkeit oder Pop-Appeal zu sprechen, die aber durchaus Energie und Dynamik entwickeln. Fever Ray vereint Vertrautheit und Entfremdung, so absurd es auf dem Papier auch anmuten mag, teilweise kommen die Songs dem Hörer so nahe, wie Musik einem kommen kann. Das sanfte, umhüllende „Keep The Streets Empty For Me“, zu dem auch das wohl schönste und atmosphärisch stimmigste Video des Jahres gedreht wurde, beweist, wie viel Wärme elektronische Musik ausstrahlen kann.
„Fever Ray“ ist unaufdringlich genug, um auch nebenbei genossen werden zu können, und doch auch facettenreich genug, um den Hörer jedes Mal vor neue Rätsel zu stellen, selten greifbar, im richtigen Moment zum Greifen nah. Ein so kaltblütiges wie warmherziges Album, das mich jedes Mal aufs Neue zu fesseln vermag.
http://feverray.com/video/if_i_had_a_heart_video.html
http://www.youtube.com/watch?v=jWFb5z3kUSQ
Alles audio-visuelle Meisterwerke. *luv*
€: Ach du Scheiße, was habe ich dem Layout denn nun schon wieder angetan…
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trying to leave [COLOR=#808080]a mark more permanent than myself[/COLOR]