Re: Eddies Plattenkiste: Millenium

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andysocial

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Earth – Hex: Or Printing In The Infernal Method (2005, Southern Lord) [einmal Drone, immer Drone?]

Als ich das Album zum ersten Mal kurz nach Release gehört habe, dachte ich nur: was soll das? Aber man reift mit der Zeit eben auch musikalisch und es dauerte bis in das Jahr 2007 als ich mir die CD kaufte. Und heute empfinde ich es als ein riesiges Werk. Aber ich bezweifle, dass Metalfreunde die Band so schätzen würden, wie sie es tun, wenn dies das erste Album der Band gewesen wäre. Earth war Wegbereiter einer ganz neuen Musikrichtung (Drone), die so unglaublich heavy war, wie einst die Bluesrock Band Earth der späten 60er Jahre, die sich dann bald in Black Sabbath umbenannte. Also eine gute Wahl für einen Bandnamen. Anfang der 90er pflügten Earth mit ihrer unterirdisch gestimmten Gitarre monoton durch alles was dreckig war. Der Höhe/Tiefpunkt war sicherlich das zweite Album „2: Special Low Frequenzy Version“ das wohl ein Maximum an Anstrengung braucht es zu hören, aber dabei so viel Emotionen hervorruft wie selten ein Album zuvor. Phase 3 spielte sich dann doch etwas gerader aus, teilweise schon rockig, jedenfalls für Earth Verhältnisse. Pentastar zeigte eine Abwechslung von Psychedelic (wieder in Earth Maßstäben zu sehen) mit Drone. Und dann folgte das große Nichts. 9 Jahre lang verabschiedete sich die Band.
Danach kam „Hex“ und jeder erwartete Drone. Irgendwie. In welcher Form auch immer. Aber es hatte tief zu sein und monoton, brachial und den Gehörgang sollte es planieren. Und was kam? Nichts.
„Mirage“ heißt der erste Song. Oder Intro. Man hört Wind, eine Gitarre, die alle paar Sekunden die selbe Saite anschlägt und zwischendrin: Stille.
„Land Of Some Other Order“ beginnt dann mit etwas mehr Schwung, aber auch hier kein Drone wie man es früher kannte, wie es Sunn O))) innerhalb der 9 Jahre Pause von Earth auf die Spitze trieben. Schon dieser Song macht klar, dieses Album ist anders. Verlassen, aber nicht verstört. Klarheit zeigt sich, immer noch die gleiche Monotonie, aber die Wut scheint verschwunden. Erwachsener könnte man sagen.
Stück #3 „The Dire And Ever Circling Wolves“ beginnt mit Geklapper von Metall, das im Wind hängt. So fühlt sich das gesamte Album an. Es ist schwer ein Review darüber zu machen was man hört, denn die Songs unterscheiden sich durch nicht viel. Die Gitarre spielt in Langsamkeit ein Riff, der sich immer und immer wiederholt, die Drums sind existent aber aufgrund ihrer Geschwindigkeit sind sie nicht mehr als ein Schlag in der Stille. Nun mag vielleicht auch auffallen wie verdammt gut das Albumcover dazu passt.
„Left In The Desert“, Lied Nr. 4, ist wieder nur Wind und stimmt auf „Lens Of Unrectified Night“ ein. Ein wirklich großartiger Song, auch wenn man ihn nicht aus dem Verband der anderen Songs lösen kann. Er besitzt eine gewisse Fülle, zum ersten Mal baut sich etwas auf, die Drums werden druckvoller, die Gitarre spielt Akkorde. Aber niemals so, dass man vergisst wo man ist: in der Wüste, im Nichts.
„An Inquest Concerning Teeth“ ist dagegen so wie der Morgentau in der Ödnis, das Kondenswasser, das man nach der kalten Nacht sieht und sich auf den Tag freut. Der Song hat etwas freundliches, beruhigendes, aber natürlich trotzdem leeres.
„Raiford (The Felon Wind)“ ist der Star des Albums, quasi die Hymne. Natürlich im Earth-Maßstab. Der Song schleppt sich mit einer Langsamkeit und Monotonie durch die von ihm aufgezeigte Wüste und doch groovt sie unweigerlich. Und nach jeder dieser kernigen Passagen, die immer fülliger werden zieht die Einsamkeit hinterher. Unmerklich gipfelt das ganze und erst am Ende erkennt man den Berg an Sand den man vor sich her schiebt.
„The Dry Lake“, Song #8, bringt uns von diesem Soundwall wieder runter, minimalistisches Horn und nichts sonst, in weiter Ferne noch ein Schimmer irgendwas, wieder ein Zwischenstück das voll wirkt.
Den Abschluss dieser einsamen Reise markiert dann „Tethered To The Polstar“, wohl das Höchstmaß an Ruhe, 3-4 Töne gefolgt von sekundenlanger Stille, allerdings nicht bedrückend, eher glücklich. Nach fast 3 Minuten dann die Öffnung, der Song bekommt Schwung und schließt das Album in einem Höhepunkt ab.

Ein Meisterwerk wenn man auf diese Art von Musik steht. Es ist keine Musik für den Hintergrund oder wenn man etwas lockeres braucht. Die Musik entfaltet sich bei einer Tasse Tee und Ruhe.

http://www.youtube.com/watch?v=zD-J8O2fLf4
http://www.youtube.com/watch?v=jDz_EvsOe-A (leider ein dämliches video)