Re: Eddies Plattenkiste: Millenium

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Bahl

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Nevermore hatten vor der Veröffentlichung ihres vierten Albums bereits eine sehr starke Diskographie vorzuweisen, doch mit Dead Heart in a Dead World, ihrem ersten Klassiker, haben sie sich unsterblich gemacht. Dieses Album ist nun zehn Jahre alt, und noch immer wird es oft erwähnt.
Nevermore arbeiteten erstmals nicht mehr mit Neil Kernon, sondern mit Andy Sneap zusammen, was sich deutlich auf den Sound auswirkte (was man nun besser findet, ist wohl Geschmackssache).
Doch zur Musik selbst: Waren The Politics of Ecstasy und Dreaming Neon Black zwei relativ vertrackte und uneingängige Alben, ist Dead Heart in a Dead World das scheinbare Gegenteil davon: Das Tempo ist oft recht niedrig, dazu sind einige Songs sehr eingängig und gehen sofort ins Ohr, manche waren mir bei den ersten Hördurchgängen sogar zu poppig und eingängig. Doch wie immer bei dieser Band wächst das Album mit der Zeit.
Den Einstieg macht Narcosynthesis, ein vergleichsweise schneller, recht geradliniger Song.
Darauf folgt We Disintegrate, bereits einer der Höhepunkte der Platte: Der hymnische und etwas verträumte Refrain ist einer der schönsten, die die Band je geschrieben hat. Dazu kommt der Anfang, bei dem Warrel Dane zunächst nur flüstert und dann (endlich mal wieder, denn lange ist’s her!) seine geniale Kopfstimme einsetzt – ich kriege jedes Mal eine Gänsehaut an dieser Stelle!
Inside Four Walls ist wieder eine etwas schnellere Nummer, in der Warrel Dane von den Zuständen in amerikanischen Gefängnissen und der amerikanischen Justiz singt – gefällt!
Evolution 169 ist wieder ein langsamerer Song, der wieder durch seinen besonderen Refrain besticht, der eine schwermütige Atmosphäre ausstrahlt.
The River Dragon Has Come ist ein weiterer Höhepunkt der Platte: Der Song wartet mit sehr interessanter und gutklassige rGitarrenarbeit auf, dazu wieder ein hymnischer Refrain und am Ende ein weiterer Gänsehautmoment, wo Warrel Dane wieder seine Kopfstimme benutzt.
The Heart Collector ist eine sehr eingängige Nummer, mit diesem Song hatte ich einige Zeit meine Probleme, bevor ich ihn umso mehr ins Herz schloss. Nevermore bringen hier einen herzzerreißenden Refrain, ohne dabei in Pathos oder Kitsch zu verfallen.
Engines of Hate ist einer der aggressivsten Songs auf Dead Heart in a Dead World. Besonders toll ist hier das Gitarrenriff, das zu Beginn gespielt wird, dazu Warrel Dane in Höchstform.
The Sound of Silence ist ein hochgelobtes Cover von Simon and Garfunkel. Ich habe nach wie vor meine Probleme damit. Ich finde das Original einfach besser, da es viel mehr Atmosphäre herüberbringt als die Coverversion. Cover sind im Allgemeinen halt eine recht problematische Sache…
Insignificant ist eine weitere langsamere Nummer mit einem weiteren hymnischen Refrain, der zum Mitsingen geradezu verpflichtet.
Believe in Nothing ist nicht nur der poppigste Song des Albums, sondern der ganzen Bandgeschichte. Trotzdem denkt man hier nicht an (schlechte) Popmusik, denn der Song steht der Band gut zu Gesicht und ist einer der besten der Platte. Auch hier (speziell beim Refrain) bleibt mir jedes Mal die Spucke weg.
Zum Schluss kommt der Titelsong. Er beginnt mit einer ruhigen Gitarrenmelodie (erinnert die nur mich an Beatles, Simon and Garfunkel usw?), dazu singt Warrel Dane mit einer zerbrechlichen Stimme. Die Atmosphäre, die Nevermore hier erzeugen, ist sehr traurig und melancholisch. Die Band reißt den Hörer aber aus seinen Gedanken, denn nach ungefähr zwei Minuten entwickelt sich ein schneller und aggressiver Song, der die Platte eindrucksvoll beendet.
Die Eingängigkeit der Songs auf Dead Heart in a Dead World steht der Band gut zu Gesicht, sie schaffen es, sehr eingängig, aber eben nicht kitschig zu sein und nicht nach einer 0815-Popband zu klingen. Abwechslung wird ebenfalls zur Genüge geboten, denn die langsamen, eingängigen Songs wechseln sich stets mit härteren, schnelleren Nummern ab. Dead Heart in a Dead World ist der erste wirkliche Klassiker der Band: Es ist fast schon unverschämt, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit hier eine gute Idee nach der anderen präsentiert wird, und zwar in größerer Zahl als viele andere Bands dies in ihrer ganzen Karriere tun. Noch unverschämter ist allerdings, dass Nevermore ihr viertes Album fünf Jahre später noch einmal übertroffen haben! Und wer weiß, was uns mit der anstehenden neuen Platte erwartet…
http://www.youtube.com/watch?v=e4QyccG_NjY
http://www.youtube.com/watch?v=i30KyAYmLq0&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=wNfo0aE5hnQ&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=7VukQnMnRjM&feature=related

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Wurstberge sind auch juristisch schwer einzuordnen.