Re: Rock Hard Festival 2011

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Eddie1975

Registriert seit: 13.05.2005

Beiträge: 12,194

So, dann will ich mal meine Eindrücke schildern…

Freitag:

Unsommerliche 16 Grad, Regenschauer, Wolken…. nein, so stellt man sich den Start in ein Festivalwochenende wahrlich nicht vor. Wir haben uns die Laune trotzdem nicht vermiesen lassen. Trotzdem sind wir dank persönlicher Fehlplanungen und beruflichen Last Minute-Verpflichtungen erst zu Postmortem ins Amphitheater gekommen, nachdem das gesamte Festival durch einen heftigen Gewitterschauer erstmal bis auf die Unterwäsche durchgeweicht wurde. Brutaler, stumpfer, Auf-die-Fresse-DM ist um diese Uhrzeit, wenn der erste Schwipps bereits gereift ist, mormalerweise ein Selbstläufer. Leider waren die meisten potenziellen Zuschauer damit beschäftigt entweder sich, oder ihre Zelte trocken zu legen. So wars vor der Bühne recht beschaulich und auch die Band hat mit ihrer gelangweilten Performance nichts dazu beitgetragen die Stimmung noch zu retten.

Von ganz anderem Kaliber sind da Primordial: Mit ihren pechschwarzen, sehnsuchtsvollen Hymnen hat es diese Band wieder einmal geschafft mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken zu jagen. Alan ist einer der genialsten Frontmänner, die die Szene zu bieten hat und für mich fehlte lediglich der Song Heathen Tribes in der Setlist um vollendet glücklich zu sein.

Konnte man dem noch einen draufsetzen? Schwerlich, und trotzdem boten Enslaved im Anschluß ein denkwürdiges Spektakel. Ich bin immer wieder erstaunt, wie leicht es dieser Band gelingt, ihr teilweise doch sehr komplexes und verfrickeltes Material, in so einer packenden LLive-Variante zu präsentieren. Großes Kino.

Mit Celtic Frost hat es vor ein paar Jahren nicht geklappt, jetzt durfte die Nachfolgeband ran: Triptykon luden zum Extrem-Metalfinale und versetzten mit ihrer Melange aus Death, Doom und Black Metal den Großteil des Amphitheaters in Ekstase. Ein würdiger Headliner, wenngleich ich finde, dass jede der zuletzt genannten Bands diese Rolle hätte ausfüllen können.

Samstag:

Die erste Band des Tages waren die derzeit extrem gefeierten In Solitude. Bereits auf Platte habe ich mit dem Sänger dieser Band ein Problem: Zu kraftlos, austauschbar und eierlos sind Vocals ein echter Abschalter. Leider hat sich an diesem Eindruck auch Live nichts geändert, zumal hier noch eine ziemlich pomadige Performance dazu kam.

Diesbelief haben wir uns komplett geschenkt und den Elsenmetal von Epica mit unflätigen Bemerkungen und reichlich Bier überbrückt..wobei es da so eine Folknummer gab, die ganz nett war. Ansonsten braucht so eine Band echt kein Mensch.

Mit den ebenfalls extrem gefeierten Bullet kam dann eine weitere, mäßig spannende „Zeitkapselband“ auf die Bühne, stilistisch angesiedelt irgendwo zwischen AC/DC-Coverband und eigenständigem Accept-Klon. Haben gut gerockt, sind aber in meine Augen total belanglos.

Die DM-Reunion des Jahres sind zweifellos Morgoth; zwar wird von den vielen Leuten vor der Bühne ein guter Teil „Cursed“ höchstens vom großen Bruder kennen, der Stimmung tat das aber keinen Abbruch. Außerdem gabs den ersten amtlichen Pit des Tages. Unterm Strich ein schöner Gig, der massig nostalgische Gefühle produzierte.

Amorphis sind auf Festivals ein Selbstläufer: Professionell dargebotene Musik mit der nötigen Mischung aus Härte und Eingängigkeit, eine gut ausgestattete Setlist….sehr schön, lief super rein.

Die letzte Iced Earth-Show im Amphitheater wird zurecht wegen ihrer legendären Stimmung gelobt, diesmal wars aber noch nen Tacken geiler….Matt Barlow zieht auf seiner Abschiedstour scheinbar alle Register und hat mir Gänsehaut um Gänsehaut über den Rücken gejagt. Persönlicher Höhepunkt der Show war für mich „Watching over me“. Was bin ich froh, diese Band nochmal auf dem Dong zu sehen.

Sonntag:

Der Endspurt in den letzten Festivaltag begann mit einem Frühstückspils zu Enforcer. Nette Untermalung, aber ansonsten nur eine weitere „Zeitkapselband“.

Im Vorfeld wurde geunkt, mit ihrer massiven Unterstützung für Atlantean Kodex, würde das Rock Hard ein weiteres The Devils Blood schaffen – also eine massiv überbewertete Hype-Band, auf die jeder steil geht und in zwei Jahren niemand mehr kennt. Weit gefehlt: Der Epic Metal der Bayern ist musikalisch allerserste Sahne und meilenweit von irgendwelchem antikosmischem Retro-Geschrammel entfernt. Beeindruckt hat mich aber die absolut sympathische und liebenswerte Ausstrahlung der Band, während des Gigs. Soviel ehrliche Freude und Begeisterung über die Reaktionen des Publikums habe ich selten bei einer Band gesehen.

Für die Kuttenfraktion gings dann mit Metal Inquisitor weiter. Keine Ahnung, warum so viele Leute auf diese Band so steil gehen, für mich hat der altbackene Metal im 80er-Style maximal Stadtfest-Niveau. Den Leuten hats allerdings gefallen, das muss man zugestehen.

Mit Anacrusis kam dann wieder mal eine Band auf die Bühne, deren Karriere weit unter ihren Möglichkeiten geblieben ist: Wer weiß, wo diese Band heute stehen würde, hätten sie sich nach „Screams and Whispers“ nicht aufgelöst hätten. Jedenfalls wars ein genialer und energiegeladener Gig, der mit zu den Tageshighlights zählte.

Vicious Rumors waren dann eine Band, die wieder größere Menschenmengen vor die Bühne ziehen konnte. Engagierter und kraftvoll gespielter US-Powermetal mit einem gut aufgelegten Frontmann – sehr unterhaltsam.

Mit Overkill kam dann für viele Traditionalisten der eigentliche Tagesheadliner auf die Bühne: Bobby&Co schickten sich an, das Amphitheater mit einer der genialsten Thrash Metal-Shows zu zerlegen, die ich bisher gesehen habe. Neben den üblichen Gassenhauern gabs diesmal auch einige extrem rare Songs aus der Demophase zu hören, so dass der Gig mit Recht exklusiv zu nennen ist. Achja, wer sind nochmal die „Big 4“?

Den Karaoke-Wettbewerb halte ich eigentlich für überflüssig, aber dann wäre uns diesem Jahr Paul entgangen: Mit welcher Chuzpe und Kaltschnäuzigkeit der gerade mal 11-jährige Bengel Maidens „Fear of the Dark“ darbot war schon großes Kino.

Nachdem wir dann auch den in jedem Fall überflüssigen T-Shirt-Contest überstanden haben, wurde es Zeit für Down: Die Band ist so selten auf deutschen Bühnen zu sehen, dass allein ihre Anwesenheit eine Sensation darstellte: Sensationell war auch die Performance, allen voran die von Frontmann Phil Anselmo, dem das Publikum aus der Hand fraß. Mit den zentnerschweren Southern-Doom-Stoner-Hymnen der Band ging ein geniales Festival zu Ende.

Zum Drumherum gibt es eigentlich nichts zu sagen, außer das Orga, Security, Fans etc. wie immer erste Sahne waren und das RH zum meiner Meinung nach schönsten Festival der Saison machen.

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"Heavy Metal in my ears Is all i ever want to hear. Before the sands of time run out , We'll stand our ground and all scream out! Manilla Road - Heavy Metal to The World On Tour: 11.06. Rockfels - Loreley Freilichtbühne, St. Goarshausen last.fm Musik-Sammler