Re: Nezys und Paulas musikalische Umkleidekabine mit Guckschlitz (mit Prüchtepunch [sic!], Éclairs und Stargästen)

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palez

Registriert seit: 04.01.2007

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Nezyrael[…] und überlege was hier als nächstes reinkommt. Auch wenn das ein wenig dauern kann. So.

Da fällt mir ein, dass ich hier eigentlich noch nichts davon besprochen habe, was ich mir eigentlich vorgenommen habe…^^

So, um mich mit einem freien Kopf den Moshcore-Samplern widmen zu können, arbeite ich mal den Rest des Antisamplers ab. Die letzten fünf Songs scheinen nicht den Trashappeal vieler Stücke davor zu haben. Ob Nezy sich im Hinblick auf die Bewertung damit einen Gefallen getan hat und ob ich die Songs trotzdem (oder gerade deswegen) doof finden kann, werden wir nun sehen.

Im Vertrauen darauf, dass man diese Band aufgrund ihres nun wirklich bescheuerten Images ausgesprochen leicht hassen kann, hat mir Nezy einen Song von Manowar geschickt. Dem nach zu urteilen, was ich sonst noch von denen kenne, scheint mir „Bridge of Death“ allerdings nicht unbedingt ein typisches Stück zu sein, es ist im Korsett des sonst eher kompakten und kerzengeraden Heavy Metals, den ich mit Manowar assoziiere, geradezu episch und ausschweifend. Alle Jubeljahre mal habe ich mir genau diesen hochgelobten Song angehört, um mehr als nur ansatzweise nachvollziehen zu können, was viele an den frühen Alben der Band finden, bisher allerdings ohne Erfolg. Da ich mich nun aber mehr oder minder gezwungenermaßen mit „Bridge of Death“ beschäftigen musste, ist der Song durchaus in meiner Gunst gestiegen. Sehr angenehm ist vor allem dieser warme und organische Klang, der für gute Metal-Produktionen bis ca. Anfang der 90er durchaus typisch war, danach aber leider ausgestorben ist (was nicht heißt, dass ich mir eine Renaissance wünsche, sowas ist fast immer doof). Zudem habe ich keinerlei Probleme, das szeneintern hohe Ansehen von Eric Adams nachzuvollziehen, denn sein Gesang ist für diese Musiksparte wohl bestmöglich – kraftvoll, volumnös, variabel, das gesamte Ausdrucksspektrum des Genres beherrschend, sogar die arttypischen hohen Schreie ergeben Sinn und klingen nicht nach blutiger Kastration. Der unheilsverkündend ruhige Einleitungspart klingt überraschend gut und stimmungsvoll, da hätte man sich als True-/Epic-Metal-Band durchaus sehr leicht auf die Fresse legen können. Dieses, ääh, ich nenne es mal „Stop-and-go“-Riff (es wäre der Qualität meiner Reviews vermutlich zuträglich, wenn ich Ahnung von Musik hätte), der dann den stampfenden Hauptteil des Songs trägt, begrenzt ein bisschen die Epik, die der Song sonst ausstrahlen könnte, was allerdings nicht so ins Gewicht fällt, da die Melodieführung einprägsam und wirklich schön ist. Das Gitarrensolo ist so cool und wenig kitschig, wie es seine Möglichkeiten zulassen. Wenn ich mich darauf einlasse, gibt es ziemlich wenig an diesem Stück, was ich aufrichtig blöd finden könnte. Nach gut fünf Minuten gibt es allerdings einen Bruch: bööööse verfremdete Stimme, nun wirklich klebrig werdendes Felltangaträgerpathos, Eric Adams erstickt an der eigenen Virilität, Grenzüberschreitung. Ich glaube, das ist genau der Part, den geneigte Fans an dem Song mögen, aber da hatte ich kurzzeitig keine Lust mehr. Glücklicherweise schlägt man dann doch wieder den Bogen zum Stampfpart, zieht mich damit wieder auf seine Seite und beendet „Bridge of Death“ mit Gelächter, das eher irre als diabolisch klingt und damit das merkwürdige Gefühl hinterlässt, als wäre Manowar auch dann schon eine großangelegte Satire gewesen, als man sie musikalisch noch ernst nahm. Acht von zehn Kunstfelltangas mit Leopardenprint.

http://www.youtube.com/watch?v=EzBbrXFiwNE

Samples aus irgendwelchen Splatterstreifen sind ja im (Gore-)Grind/Death Metal-Bereich vermutlich durchaus üblich, also nahm ich den Anfang von Impetigo – Bloody Pit of Horror zunächst einmal gelassen hin. Irgendwann fiel mir dann aber auf, dass dieses Folterhörspiel ein bisschen zu lange für einen vierminütigen Song dauert. Genau so sollte man das Einbinden von Filmsamples eigentlich nicht machen. Wenn man irgendwo in der Mitte eines fünfzigminütigen Devil Doll-Stücks versucht hätte, mehr als zweieinhalb Minuten lang aus der jungen Frau da Informationen herauszupressen, hätte ich das womöglich noch cool gefunden, aber wenn dann noch ca. 1:30 Minuten Musik übrig bleiben, ist das, naja, mir fällt der treffende Ausdruck nicht ein…doof? Sinnlos? Redundant? Naja, die Musik ist eigentlich auch nicht so toll. Klanglich ist das mal wieder sehr nett und sehr Anfangneunziger und wie man da die musikalischen Versatzstücke zusammenkleistert, ist handwerklich wohl auch nicht ganz ungeschickt, aber der (die?) Brüllwürfel klingen nach einer schlechten Persiflage des genretypischen Gutturalgesangs, und Metalbands ist es bisher selten gelungen, sich über Genregenossen lustig zu machen. Seltsamer Song. Was gefällt dir daran? Fünf von zehn ausgekugelten Gelenken.

Den Song gibt es nicht, aber hier der Trailer von „Bloody Pit of Horror“:

http://www.youtube.com/watch?v=sRO7pnSsbMw

Die ersten 20 Sekunden von Black Witchery – Upheaval of Satanic Might sind noch das Beste an dem Song: tiefes Rauschen. Klingt langweilig? Nicht annähernd so langweilig wie das, was danach kommt. Was motiviert Leute dazu, solche Musik 2005 noch zu spielen? Ober: Was motiviert Leute dazu, solche Musik überhaupt zu spielen? Diesem Stumpfhackdengeldröhn-Black Metal fehlt es an Ideen, an Spannung, sogar an Durchschlagskraft und Atmosphäre, an allem. Er ist ein musikgewordenes Klischee im ausdrücklich negativen Sinne. Der Drumsound klingt nach Kunigunde Klawuttke an ihrem Waschbrett…Myriaden von Kunigunde Klawuttkes mit ihren Waschbrettern, mithilfe derer sie ihre campingzeltgroßen Schlüpfer schrubben…zu einer Armee aufgestellt, mit grimmigem Blick. Man muss sich nicht großartig im (War) Black Metal-Genre auskennen, um beim sich stur und variationsfrei durch den Song ziehenden Riff ein Déjà-vu zu haben. Ärgerlich ist vor allem, dass im Refrain der cholerische Gartenzwerg am Mikro offenbar einen schnelleren Rhythmus hat als das unveränderte musikalische Gerüst. Ehrlich, ich verstehe nicht, was das soll. Nicht nur, dass diese Musik so himmelschreiend stumpf und langweilig gemacht ist, sie ist (auch gerade aus dem Grund, dass die Band sich nichts traut und stattdessen das Standardprogramm der Sparte abspult) auch absolut nicht effektiv oder sympathisch und geht zu keinem Zeitpunkt über sich selbst (und das ist nicht viel) hinaus. Ich bin jetzt halt wirklich einfach ratlos. Wozu braucht man sowas? Naja, fragen wir doch meinen inneren Applause-O-Meter, was er von „Upheaval of Satanic Might“ hält…tja, hörst du die Regenwürmer husten? Na also. Drei von zehn Waschbrettern.

http://www.youtube.com/watch?v=9oW5Ld8xJ-I

Angesichts dieser doch eher unangenehmen Begegnung hielt sich meine Vorfreude auf Deiphago – Command Destruct vor dem ersten Durchlauf in Grenzen. Dann musste ich aber feststellen, dass die Band all das richtig macht, was bei Black Witchery noch schiefgegangen ist. Noise ist hier weder Einleitung noch Gimmick, sondern bestimmend und überall. Das macht es anstrengend, der Musik überhaupt zu folgen, denn dieser infernalische Hall überlagert alles und macht es für mich fast unmöglich, enindeutig zu bestimmen, ob die Lala wirklich so chaotisch ist und die Musiker keinen geraden Rhythmus hinkommen oder ob dieser Eindruck auf das Klangbild zurückzuführen ist. Dieser vibrierend tiefe Klang verschluckt beinahe alles, was auch nur im Entferntesten nach einer Melodie klingen könnte. Glücklicherweise hat das Geschrei seinen Ursprung eher in einer normalen Sprechlage als in den tausendfach gehörten Extremmetal-Standardtechniken, was ihm sowohl Wiedererkennungswert als auch eine größere (*mich wind*) Authentizität verleiht. So klingt es wohl, wenn ein riesiges Loch im Erdboden entsteht, schwarzer, wirklich ungeahnt schwarzer, weltraumschwarzer Rauch herausströmt und sich die Pforten zur Hölle öffnen…ja, übel klischeehaftes Bild, aber hier so konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste vertont, dass sich diese Zeilen fast wie von alleine schreiben. Eben diese Konsequenz und Rücksichtslosigkeit haben Deiphago vielen anderen Genrekollegen voraus, denn anstatt sich an eine tausendfach gehörte Tonfolge zu klammern, werden hier zugunsten einer bestimmten Atmosphäre in aller Selbstverständlichkeit Genre- und musikalische Schmerzgrenzen eingerissen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das auf Albumlänge hören will (und „ich bin mir nicht sicher“ soll hier tatsächlich „ich bin mir nicht sicher“ und nicht „auf gar keinen Fall“ heißen), aber so auf Songlänge war das durchaus beeindruckend. Acht von zehn pechschwarzen Räucherstäbchen.

http://www.youtube.com/watch?v=rHjUXCLUNPI

Ich traue es mir eigentlich nicht zu, in letzter Zeit etwas Gemeines/Kritisches über Deathspel Omega geschrieben zu haben, insofern überrascht es mich, „Wings of Predation“ am Ende von Nezys Antisampler vorgefunden zu haben. Gut, in den ersten, hm, sagen wir zehn Sekunden hatte ich dann aber doch eine ungefähre Ahnung, was er sich bei der Songwahl gedacht hat. Ich stelle es mir als körperlich wahnsinnig anstrengend vor, diese Musik zu spielen. Der Live-Situation setzt die Band sich ja nicht aus, aber ich kann mir auch kaum vorstellen, wie das im Studio aussehen soll. Es ist für mich inmitten dieses atonalen Taktwechselmassakers zunächst fast völlig unmöglich, der Musik zu folgen, und es fiel mir beim ersten Durchlauf noch schwer, den Song nicht auszuschalten, aber sobald man sich…naja, immer noch an keine wirklich nachvollziehbare Struktur, aber zumindest an wiederkehrende Elemente klammern kann, wird es tatsächlich sehr genießbar. Das Einbinden dieser einprägsamen, merkwürdig schönen Melodie ist rettener Strohhalm und Machtdemonstration zugleich, denn gerade damit beweisen Deathspell Omega, dass sie als einzige das entfesselte Chaos bändigen können. Dieses vollkommene Beherrschen der Situation, die Unmöglichkeit von Kontrollverlust, die kalkulierte und bewusste Überforderung des Hörers und das Zerstören, ohne selbst auch nur einen Kratzer an einem der eigenen glattgeschliffenen Stahldornen zu bekommen, sind das, was die Band allseits bewundert und bewundernswert macht, aber auch der Ursprung meines Problems, wirklich zu ihr vorzudringen. Wenn Musik einem das Gefühl des schutzlosen Ausgeliefertseins vermittelt, selbst dabei aber nicht ansatzweise Verletzlichkeit ausstrahlt (im Gegensatz zu Swans und The Angelic Process, die dieses Wechselspiel perfekt beherrschen), kann sowas auch ins Unangenehme umschlagen. Der Song war an sich aber dennoch ganz schön cool. Achteinhalb von zehn Knoten im Hirn.

http://www.youtube.com/watch?v=UEmWpbciu9A